Nie versiegende Quelle der Erneuerung

16. November 2019 in Kommentar


Das Herumdoktern an Strukturen lenkt den Blick allzuleicht weg von der eigenen Bekehrungsbedürftigkeit und warum Viri probati eine Minderung der geistlichen Qualität und Kultur der Kirche bedeuten - Ein Kommentar von Dorothea Schmidt


Linz (kath.net)
Verheiratete Priester, Zölibat, die Rollen der Frauen in der Kirche: Nach der Amazonassynode flammen Forderungen und kontroverse Debatten zu den heißen Eisen innerhalb der katholischen Kirche ständig wieder auf. Oft klingt die Frage nach Wertigkeit, Würde und Gleichberechtigung an. Die Themen sind nicht neu, aber sie erhitzen die Gemüter immer wieder. Für unsere Denkstrukturen sind sie eine echte Herausforderung. Kein Wunder: Die Kirche kann nur himmlisch gedacht werden.

Alle Christen sind berufen, zum Aufbau des Reiches Gottes beizutragen. D.h., dass sich Laien in der Kirche sogar einbringen sollen. Insofern spielen Laien – und unter ihnen in besonderer Weise Frauen - eine wichtige Rolle innerhalb der katholischen Kirche.
Es sind aber nicht Ämter, die beim Aufbau des Reiches Gottes entscheidend sind, sondern eine bestimmte Grundhaltung: der des Dienens nach dem Vorbild Christi.

Der Kern aller Tätigkeiten muss der Wunsch sein, anderen zu dienen und in den Herzen der Menschen Gottes Liebe zu entfachen. Das bedeutet, dass man zuerst selber Jesus kennen- und lieben lernen und ihn als Gott anerkennen muss. Er selbst ist die nie versiegende Quelle der Erneuerung der Kirche. Er spricht Mann und Frau eine je unterschiedlichen Ruf zu. Diesen heißt es neu zu entdecken und anzunehmen.

Dass Gott Mann und Frau erschaffen hat, war keine Beliebigkeit. Frau-und Mannsein sind leibseelische Wirklichkeiten, die ihren Ausdruck finden in unterschiedlichen Denkweisen, Emotionen, Talenten und Aufgaben. Die Unterschiedlichkeit der Geschlechter - und Geschlechtlichkeit ist mehr als nur ein anderes Chromosom - macht eine Gesellschaft und Kirche überhaupt lebensfähig; sie kann (geistig) nur wachsen und reifen in der Vielfalt.
Nur die Frau kann der Kirche das Weibliche geben, ohne das die Kirche verblühen würde. Das ist eine große Auszeichnung! Sie darf nicht zur Funktionärin degradiert, sondern muss wieder zur Frau erhoben und als solche (!) mehr gewürdigt werden. Dass allein der getaufte Mann zum Priester geweiht werden darf, entwertet sie keineswegs. Das zeigt auch die Tatsache, dass selbst Maria, die Mutter Jesu, den Sendungsauftrag nicht erhalten hat. Und gerade sie ist zur Königin des Himmels und der Erde erhoben worden. Die Frau darf den Priester je nach Talent und Berufung ergänzen in vielfältigen (auch leitenden) Positionen in der Ehe- und Familienpastoral, der Verkündigung, im Religionsunterricht oder der Priesterausbildung.

Das Priesteramt ist kein Wunschberuf oder irgendein Amt, es ist eine Berufung, die einem getauften Mann von Gott her zugewiesen, ja geschenkt wird. Diese Berufung geht auf Jesus und die Berufung der 12 Apostel zurück und hat seine Fortsetzung in Ämtern der Kirche, die nur von Gott her sinnvoll sind und nur von ihm her verstanden werden können.

Vorbild des Priesteramtes ist Jesus selbst. Sein ganzes Leben war Zeichen der ungeteilten Liebe zu Gott. Sein zölibatärer Lebensstil (Zölibat lat. caelum = Himmel) erregte schon damals Anstoß. Er ist Ausdruck einer tiefen Sehnsucht nach der Eucharistie, nach Jesus selbst, Ausdruck des Vertrauens auf die Kraft geistlicher Fruchtbarkeit zum Segen einer Gemeinde.

Die Kirche kann nicht anders als gut zu überlegen, ob sie Ausnahmen für den Zölibat im Amazonas zulassen will, denn viri probati kann keine allein regionale Lösung sein, wie oft suggeriert wird; die Kirche muss immer weltumfassend verstanden werden. Auswirkungen auf andere Teile der Welt, auch auf Deutschland, sind nicht auszuschließen. Vermutlich würde Viri probati eine Minderung
der geistlichen Qualität und Kultur der Kirche bedeuten.

Die Priester würden auf Beamte, Funktionäre reduziert. Ziel des Priesters muss aber die Heiligkeit sein. Nur wenn Menschen spüren, dass seine Freude in Gott begründet ist, wird er auch andere für den Glauben entflammen können. Der Zölibat bleibt dabei der Lebensrahmen besonderer Berufung und Nachfolge Christi schlechthin.

Er schafft eine nicht zu verachtende Freiheit und Verfügbarkeit. Das Herumdoktern an Strukturen lenkt den Blick allzuleicht weg von der eigenen Bekehrungsbedürftigkeit. Aber genau hier, bei sich selber, müssten die Gläubigen zuerst ansetzen, wenn sie Reformen fordern.

Dieses Bewusstsein muss in den Menschen hier wie im Amazonasgebiet geweckt werden, damit sie Gott begegnen, ihre Berufung entdecken und sich von ihm lieben lassen. Das sollte an erster Stelle stehen. Neid und Gleichmacherei bringen keinen Segen. Wir müssen das höhere Charisma anstreben: DIE LIEBE.


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