Italienischer Kardinal wirbt für Dialog mit Lega-Chef Salvini

5. November 2019 in Aktuelles


88-jähriger Camillo Ruini im "Corriere della Sera": Teile nicht das "rein negative Bild Salvinis, das in einigen Bereichen gezeichnet wird"


Rom (kath.net/KAP) Der emeritierte italienische Kardinal Camillo Ruini (88) hat sich für einen Dialog mit dem Chef der rechtsgerichteten Lega, Matteo Salvini (Archivfoto), ausgesprochen. Dieser hatte nach seinem Ausscheiden aus der italienischen Regierung im Sommer mit seiner Partei jüngst bei Regionalwahlen in Umbrien gesiegt. Er selbst teile nicht das "rein negative Bild Salvinis, das in einigen Bereichen gezeichnet wird", sagte der frühere Leiter der Italienischen Bischofskonferenz im Interview mit dem "Corriere della Sera" (Sonntag). Ruini führte die Bischofskonferenz von 1991 bis 2007 und war zudem Kardinalvikar der Diözese Rom.
Salvini hat nach seiner Einschätzung "beachtliche Perspektiven", müsse aber noch etwas reifen. "Ein Dialog mit ihm scheint mir aber Pflicht, auch wenn ich ihn persönlich nicht kenne", so Ruini. Mit Blick auf Salvinis restriktive Migrationspolitik sagte der Kardinal: "Für Salvini gilt wie für jeden von uns das Evangelium der Nächstenliebe, ohne dabei die Probleme, die mit Migration einhergehen, zu unterschätzen."

Ruini beklagte in dem Interview zudem eine schwindende Wirkung der italienischen Kirche in die Gesellschaft hinein. Es sei daher nötig, sich mutig, eindeutig und realistisch zu konkreten Problemen zu äußern und den Menschen die christliche Botschaft lebensnah zu überbringen.

Wie Christen auch in der Politik wieder mehr Gehör finden könnten, ist laut Ruini schwer zu beantworten. Er sprach sich im Interview jedoch gegen die Gründung einer neuen katholischen Partei aus. Dazu fehlten die Voraussetzungen, da es einerseits innerhalb der Kirche ausgeprägten Pluralismus gebe und sie andererseits zu recht "widerspenstig" sei, was politische Einmischung anbelange. Katholiken sollten jedoch versuchen, generell wieder mehr Gehör und Einfluss zu bekommen, da in Italien eine "Entchristianisierung" voranschreite.

Copyright 2019 Katholische Presseagentur KATHPRESS, Wien, Österreich
Alle Rechte vorbehalten


© 2019 www.kath.net