Ein Pfarrer räumt ab

28. August 2019 in Kommentar


Provokations-Crescendo: Leiter des Pastoralverbundes Hamm macht mit seinem Coming Out als Homosexueller von sich reden – Jetzt ein Buch – Erzbistum Paderborn erstaunlich passiv – Gastbeitrag für Priesterkreis Communio veritatis von Peter Winnemöller


Paderborn (kath.net/Priesterkreis Communio veritatis) Ein Priester outet sich als homosexuell und wird von einem Medium zum nächsten gereicht. Das ist erst einmal verwunderlich, da nach offizieller Weisung der Kirche Männer mit einer tiefsitzenden homosexuellen Neigung nicht zum Priester geweiht werden können. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Schätzungen schwanken zwischen 30 und 50% Anteil von Homosexuellen unter katholischen Priestern. Es wurde einerseits in der Vergangenheit recht lax kontrolliert, andererseits gibt es homosexuelle Netzwerke und eine schwule Schweigespirale im Klerus.

Will man den aktuellen Fall bewerten, spielen zwei Aspekte eine Rolle. Der eine ist ein gewisser Gratismut, der andere ist eine fast schon komisch anmutende Opferhaltung. Die Komik nimmt fast absurde Züge ein, wenn man weiß, dass der Betreffende im Generalvikariat nachfragt, warum er denn nicht bestraft wird. Darf man da zur Homosexualität noch einen fetten Masochismus vermuten? Eher nicht. Es geht wohl eher darum, die Opferperspektive noch mal zu schärfen, um sich als von Homophoben verfolgter Homosexueller darstellen zu können. Es hat offensichtlich nicht geklappt.

Was sich wie eine Räuberpistole anhört, ist wirklich passiert. Der Pfarrer von St. Agnes in Hamm, Bernd Mönkebüscher, hatte sich vor einiger Zeit als homosexuell geoutet. Die vermeintliche Sensation ging von Zeitung zu Zeitung, Rundfunk, Internet und Fernsehen standen Schlange bei dem vermeintlich so mutigen Pfarrer. Es ist ein Gratismut, der schon wieder lächerlich wäre, wäre die Sache an sich nicht so ernst. Wer erwartet eigentlich im gegenwärtigen gesellschaftlichen und kirchlichen Klima ernsthaft, dass so ein Coming Out Konsequenzen hätte?

Der Pfarrer stellt sich ungebremst und ohne Folgen als Opfer seiner Kirche dar, die ihm allerdings ein gut dotiertes Leben ermöglicht (hat). Seinen Weg als Homosexueller in der Kirche bezeichnet der Pfarrer als einen Leidensweg. Wohl um das Leiden noch deutlicher zu dokumentieren, erhoffte er sich Sanktionen aus Paderborn. Aus dem Umfeld des Paderborner Priesterrates war jedenfalls zu hören, Mönkebüscher habe tatsächlich beim Personalchef nachgefragt. Warum man sich bei ihm gar nicht melde, man müsse ihn doch jetzt bestrafen, so habe sich der Priester bei seiner telefonischen Selbstanzeige nach dem medienwirksamen Coming Out erkundigt. Der Personalverantwortliche des Erzbistums habe dem Vernehmen nach auf die Barmherzigkeit verwiesen und diese als Grund für das Nichthandeln bezeichnet. Der Pfarrer ist nach wie vor im Amt.
Um dem Ganzen nun noch etwas mehr Schwung zu geben, hat Mönkebüscher noch ein Buch geschrieben. Es handelt sich um das 120 Seiten starke Opus „Unverschämt katholisch sein“, welches bei Echter in Würzburg erschienen ist. Dort hatte Mönkebüscher schon früher publiziert. Waren es bislang eher geistliche Werke zu Ostern und Weihnachten, so bohrt der Priester jetzt die ganz dicken kirchenpolitischen Bretter. Angefangen natürlich von der Homosexualität, über Priestertum der Frau, Zölibat, Sexualmoral, Sakramentenpastoral, Dekonstruktion der unauflöslichen Ehe bis hin zu einer allgemeinen Abrechnung mit der ach so fürchterlichen Kirche lässt das Buch keinen kirchenkritischen Wunsch offen.

Man merkt dem Buch an, dass es sehr hastig geschrieben wurde. Der Autor wollte die Welle lange reiten, bevor sie bricht. Es versprüht den Charme eines Besinnungsaufsatzes. Den Text könnte auch ein Oberstufenschüler im Deutschgrundkurs geschrieben haben. Demzufolge ist das Werk in ca. dreißig Minuten gelesen. Es enthält nichts, was man in den vergangenen vierzig Jahren aus kirchenkritischen Kreisen nicht schon hundertmal gelesen hätte. Die Anzahl der vertretenen Irrtümer zu zählen, wäre zu viel verlangt, sie sind Legion. Sowohl das Gottesbild des Pfarrers, als auch seine an vielen Stellen sehr mutig konstruierte Theologie hinterlassen den einfachen Gläubigen ratlos. Den Schlüssel zum Verstehen gibt ein Hinweis im Buch, wo sich Mönkebüscher als eifriger Hörer und Leser des aus der Kirche ausgetreten ehemaligen Theologen Eugen Drewermann bekennt. In einem Punkt ahmt er seinen Meister schon mal nach. Das Buch von Mönkebüscher ist derzeit vergriffen und dürfte wohl ein kommerzieller Erfolg werden.

Der einzige Theologe, den er zitiert, ist Magnus Striet. Dieser bestreitet in seinem Werk, dass ein Theologe überhaupt über Gott reden kann. Striet mahnt an, über den „Begriff Gott“ reden zu wollen. Der Theologieprofessor aus Freiburg dürfte wohl der bekannteste atheistisch/agnostische Lehrstuhlinhaber in katholischer Theologie sein. Es ist ein Rätsel, warum hier noch kein Entzug der Lehrerlaubnis vorliegt. So werden von Mönkebüscher zumindest einige seiner Quellen offengelegt, aus denen sich die niedergelegten Gedanken speisen.

Am Ende des Buches fragt man sich allen Ernstes, was dieser Mann in der Katholischen Kirche sucht. Allein schon die Vorwürfe bezüglich der schweren Leiden auf Grund der kirchlichen Sexualmoral, die angeblich nur (Höllen-)Ängste ausgelöst und ihm die Jugend vergällt habe, lassen die Frage stellen, warum jemand das Leiden noch endlos verlängert und dieser Organisation sein ganzes Leben widmet. Er hadert damit, dass die Kirche homosexuelle Praktiken nicht anders bewertet als alle anderen sexuellen Praktiken. Sexualität hat gemäß der Lehre der Kirche ihren geordneten Platz nur in der Ehe. Es gehört wohl mit zur Opferstilisierung Homosexueller, dass die Kirche ihnen bei der Sexualität keine Sonderrechte einräumt.

Als Fazit aus der öffentlichen Wirkung dieses Priesters ergibt sich in der Tat ein Dilemma für alle Beteiligten. Handelte der Bischof, so wie er handeln müsste, macht er sich zum Buhmann und tut dem Pfarrer den Gefallen, ihn noch einmal zum Opfer zu machen. Handelt der Bischof nicht, so setzt er die Gemeinden, für die der Priester verantwortlich ist, weiterhin wissentlich den hochproblematischen Lehren dieses Pfarrers aus. Das Ausmaß an Polarisierung, welchem diese Gemeinden ausgesetzt sind, kann man sich mit wenig Phantasie ausmalen. Traditionelle Katholiken werden wohl längst die Flucht ergriffen haben. Natürlich gilt es für einen Bischof, den Weg der Wahrheit zu wählen. Politisches, medienkonformes Taktieren verbietet sich. Man möchte hier trotzdem nicht in der Haut des Paderborner Oberhirten stecken. Dennoch ist er in der Pflicht zu handeln.


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