Papst Franziskus trifft erneut russischen Präsidenten Putin

2. Juli 2019 in Weltkirche


Am Donnerstag drittes Zusammentreffen im Vatikan - Wechselvolle Geschichte der diplomatischen Kontakte zwischen Russland und dem Heiligen Stuhl


Rom-Moskau (kath.net/KAP) Russlands Präsident Wladimir Putin wird am Donnerstag erneut von Papst Franziskus im Vatikan empfangen. Es ist nach 2013 und 2015 die dritte Begegnung der beiden im Rahmen einer Privataudienz. Zu den möglichen Gesprächsthemen dürften die Situation in Syrien, die christliche Präsenz im Nahen Osten und auch der Konflikt in der Ukraine gehören. Am Tag nach Putin kommt die Führung der griechisch-katholischen Kirche der Ukraine zu bereits länger vereinbarten zweitägigen Gesprächen in den Vatikan.

Der Moskauer katholische Erzbischof Paolo Pezzi äußerte sich im Vorfeld der Audienz für Putin zuversichtlich. Es sei gut, dass es das Treffen gebe, sagte er der italienischen Nachrichtenagentur SIR: "Der Papst hat etwas zu sagen, er hat etwas vorzuschlagen, aber er ist auch einer, der zuhört, der sich von dem, was er fühlt, befragen lässt, und das macht das Treffen dynamisch. Es macht es zu einem Dialog. Eine Begegnung im tiefsten Sinne des Austauschs und der Bereicherung und nicht der Gegenüberstellung."

Laut Pezzi sei ein Gegenbesuch, also eine Papstreise nach Russland, "nicht ausgeschlossen", allerdings auch "nicht notwendig". Der Moskauer Erzbischof hält dagegen bereits das nun im Vatikan anstehende Treffen für einen Gewinn, weil es die öffentliche Aufmerksamkeit auf die Präsenz der katholischen Minderheit in Russland lenkt.

Die Russische Föderation erstreckt sich als flächenmäßig größtes Land der Erde über zwei Kontinente, dennoch weist sie mit nur vier Bischöfen eine der kleinsten katholischen Bischofskonferenzen der Welt auf. Von den mehr als 140 Millionen Russen sind nach kirchenoffiziellen Angaben nur rund 700.000 bis 800.000 katholisch. Der 58-jährige Pezzi ist seit 2007 Erzbischof von Moskau.

Auf Spekulationen über einen möglichen Zusammenhang mit dem Treffen zwischen Franziskus und den Metropoliten der griechisch-katholischen Kirche in der Ukraine wollte sich Pezzi laut SIR nicht einlassen. Wenn sich die beiden über die Ukraine unterhielten, dann nicht über kirchliche Themen, meinte Pezzi, sondern über den Frieden in dem laut Franziskus "vergessenen" Konflikt.

Moskau dämpft Hoffnungen auf Papst-Reise

Vor vier Wochen hatte der Leiter des Außenamts des russisch-orthodoxen Moskauer Patriarchats, Metropolit Hilarion (Alfejew), parallel zur offiziellen Bestätigung des Vatikan-Besuchs von Präsident Putin Hoffnungen auf eine Russland-Reise von Papst Franziskus gedämpft. Ein solcher Besuch stehe "momentan nicht auf der Agenda der bilateralen Beziehungen", sagte Hilarion Anfang Juni im Interview der Schweizer katholischen Website "cath.ch".

In der russisch-orthodoxen Kirche seien "viele Bischöfe, Priester und Gläubige nicht dazu bereit, den Bischof von Rom zu empfangen". Das Moskauer Patriarchat wolle nicht, dass sich "durch solche Stimmungen" das Verhältnis zwischen beiden Kirchen verschlechtere, so der Metropolit: "Wir ziehen es vor, langsam vorzugehen, ohne plötzliche Schritte". Die Beziehungen seien aber auf einem "positiven" Weg.

Die russische Nachrichtenagentur "TASS" hatte zuvor berichtet, Papst Franziskus wolle Russland besuchen. Anfang 2016 befürworteten drei von vier Russen in einer Umfrage einen Besuch des Papstes. Die russisch-orthodoxe Kirche betonte jedoch stets, die Zeit sei noch nicht reif dafür.

Bewegung zwischen Rom und Moskau

Was die diplomatischen Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und der Russischen Föderation betrifft, hatte es im August 2017 einen Moskau-Besuch des vatikanischen Kardinal-Staatssekretärs Pietro Parolin gegeben. Dabei fand auch eine Begegnung zwischen Parolin und dem russisch-orthodoxen Moskauer Patriarchen Kyrill I. statt. Er werde mit seinen russischen Dialogpartnern sowohl "Fragen von gemeinsamem Interesse" als auch Krisen in verschiedenen Weltteilen besprechen, "Krisen, die sowohl weit entfernt als auch nahe sind", hatte Parolin in einem Exklusivinterview mit der russischen Agentur TASS zu seiner Reise betont. Dabei nahm er auch auf das historische Treffen zwischen Papst Franziskus und Patriarch Kyrill im Februar 2016 in Havanna Bezug. Papst und Patriarch hätten von der Annäherung als einem "gemeinsamen Weg" gesprochen. Dieser Weg verlange "die Suche nach der Wahrheit, aber auch Liebe, Geduld, Ausdauer und Entschlossenheit", so der Kardinal.

Eine indirekte Folge des Parolin-Besuchs war, dass sich die Moskauer Stadtbehörden zu einem außergerichtlichen Vergleich in der Auseinandersetzung mit der katholischen Erzdiözese über die Rückgabe der Peter-Paul-Kirche in der Miljutinska-Gasse bereit erklärten. Das 1845 erbaute Gotteshaus - eine der ältesten katholischen Kirchen in Moskau - war in den 1920er Jahren von den kommunistischen Behörden geschlossen worden; nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude einem wissenschaftlichen Forschungsinstitut übereignet. Ab den 1990er Jahren versuchte die katholische Gemeinschaft, das Gotteshaus zurückzuerhalten, blieb aber zunächst erfolglos.

Seit zehn Jahren volle diplomatische Beziehungen

Der nunmehrige Besuch von Präsident Putin bei Papst Franziskus erfolgt knapp vor dem zehnten Jahrestag der Aufnahme voller diplomatischer Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und der Russischen Föderation. Die Ankündigung war am 3. Dezember 2009 nach einer Begegnung zwischen dem damaligen russischen Präsidenten Dimitrij Medwedew und Papst Benedikt XVI. (2005-2013) über die Bühne gegangen.

Den ersten Anstoß zur Wiederaufnahme der vollen diplomatischen Beziehungen zwischen Moskau und dem Heiligen Stuhl gab am 1. Dezember 1989 die Begegnung zwischen Papst Johannes Paul II. (1978-2005) und dem damaligen Generalsekretär des Zentralkomitees der KPdSU, Michail Gorbatschow. In der Folge kam es ab 1990 zur Entsendung eines "Ständigen Repräsentanten" des Heiligen Stuhls nach Moskau.

Beziehungen historisch schwer belastet

Der letzte Geschäftsträger der päpstlichen Vertretung in St. Petersburg hatte nach der bolschewistischen Machtergreifung ("Oktober-Revolution") 1917 das Land verlassen müssen. Auch wenn die Kontakte zwischen Heiligem Stuhl und Moskau ins 14. Jahrhundert zurückreichten, wurden erst 1816 - nach dem Wiener Kongress - volle diplomatische Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Russischen Reich (unter Alexander I. die führende Macht Kontinentaleuropas) aufgenommen, wobei der Vatikan aber keine ständig residierenden Repräsentanten nach St. Petersburg entsandte.

Während des 19. Jahrhunderts waren die Beziehungen schwer belastet durch die Verwobenheit der katholischen Kirche mit der polnischen und litauischen Nationalbewegung. In den Auseinandersetzungen ging es um Besetzung von Bischofsstühlen ebenso wie um die Auflösung katholischer Klöster und um die ab 1839 erfolgende Zwangsrückführung der griechisch-katholischen Kirche in die russisch-orthodoxe Kirche. Auch die Weltpolitik spielte in die Auseinandersetzungen hinein, ob es nun um die Meerengen-Frage (Bosporus und Dardanellen) und die Situation der Christen im Osmanischen Reich oder um das Abrücken des Heiligen Stuhls von der Politik des "Dreibunds" (Berlin-Wien-Rom) zugunsten des Einsatzes für eine Annäherung zwischen Paris und St. Petersburg ging.

Nach der Oktoberrevolution kam es zu einem einzigen bilateralen Vertrag zwischen der Sowjetunion und dem Heiligen Stuhl: Im März 1922 wurde der Vertrag über die Entsendung einer päpstlichen Hilfsmission unterzeichnet, die bei der Bewältigung der dramatischen Hungerkatastrophe im nachrevolutionären Russland helfen sollte. In den späten 1920er Jahren gab es noch hinter den Kulissen diplomatische Kontakte, die aber zu keinen Ergebnissen führten.

Erst 1967 wurde eine "stabile Arbeitsebene" von vatikanischen und sowjetischen Diplomaten geschaffen; der sowjetische Außenminister Andrej Gromyko traf mehrfach mit den Päpsten Paul VI. und Johannes Paul II. und deren Mitarbeitern zusammen. Im Hinblick auf den formellen Beitritt des Heiligen Stuhls zum Atomwaffensperrvertrag (NPT) fuhr der "Architekt der vatikanischen Ostpolitik", Erzbischof Agostino Casaroli, im Februar 1971 nach Moskau.

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