Ein Geheimnis des Glaubens ist es, Stille aushalten zu können

3. Mai 2019 in Kommentar


Urlaub ohne Handy - Wieviel spricht unser Leben noch von Jesus, wenn es kein Facebook gäbe? Brennt unser Herz auch im Verborgenen, in den Dunkelkammern unseres Lebens, für ihn BeneDicta am Freitag von Inka Hammond


Linz (kath.net)
In den Osterferien haben mein Mann und ich ein Experiment gewagt und 2 Wochen komplett auf unsere Handys verzichtet. Anfangs dachte ich, ich würde Entzugserscheinungen bekommen. Und es war wirklich erstaunlich, wie oft ich mein Handy aus der Handtasche holen wollte, nur um mal eben schnell eine Nachricht zu lesen oder mich in den Weiten von Instagram zu verlieren. Mir ist aufgefallen, dass ich vor allem dann mein Handy holen wollte, wenn mir langweilig war, meine Gedanken in einem Leerlauf endeten oder ich mich von irgendeinem unangenehmen Gefühl oder einer Situation ablenken wollte. Wie selbstverständlich suchten meine Hände dann nach diesem kleinen, viereckigen Ding. Als sie es dann nicht fanden, musste ich mich plötzlich mit der Realität auseinandersetzen. Langeweile aushalten, mich negativen Gedanken stellen oder einfach aus dem Fenster sehen.

Ich glaube eigentlich, im Vergleich zum Durchschnitt bin ich relativ wenig am Handy. Und trotzdem ist es selbstverständlich Teil meines Alltags und meiner Arbeit. Ich nehme Videos auf, poste auf Instagram und Facebook und bin über Whatsapp mit meinen Kindern und meinem Mann und Freunden und Arbeitskollegen in Kontakt. Kaum zu glauben, dass es in meinem Leben mal eine Zeit gab, wo eben nicht jeder ständig ein Handy parat hatte. Wo man Fotos noch mit einer Fotokamera gemacht hat und den Film zum Entwickeln in die Drogerie brachte. Wie hat man das nur ausgehalten – all das Warten? Erstaunlich und auch ein wenig erschreckend, wie schnell man sich an das Schnelle und an das Sofort gewöhnt. Wie selbstverständlich man davon ausgeht in sekundenschnelle mit dem anderen Ende der Welt in Kontakt sein zu können.

Dieses ‚schnelle und sofortige‘ - das macht es uns schwer zu warten. Und doch ist doch genau das Warten eines der Wege, wie Gott unseren Charakter formen und unser Vertrauen festigen will. Aber wir haben verlernt auszuhalten, still zu sein, nichts zu tun, abzuwarten. Wir wollen schnelle Ergebnisse – auch von Gott. Und wenn unser Gebet nicht zackig beantwortet wird, dann werden wir ungeduldig und denken, wir hätten irgendetwas verpasst, Gott hätte uns nicht zugehört und leben rastlos weiter.

Ein Geheimnis des Glaubens ist es, Stille aushalten zu können. Antworten abzuwarten. Gott bedingungslos zu vertrauen, auch wenn er zu schweigen scheint. Die Fotos, die damals aus meiner alten Fotokamera entwickelt wurden, mussten in eine Schwarzkammer. Der Prozess das Bild zu entwickeln dauerte seine Zeit und er fand hinter geschlossenen Türen statt. Sind wir heute noch dazu bereit uns von Gott in eine dunkle Kammer führen zu lassen und den Prozess unserer Charakterbildung auszuhalten? Ohne, dass er auf Instagram dokumentiert wird? Halten wir es aus in den schwierigen Zeiten uns vor Gott zu beugen, wo noch nicht klar ist, ob das Endprodukt uns gefallen wird und wie lange es noch dauern wird, bis unser Leben wieder farbig und die Umrisse deutlich sind?

Die Zeit ohne Handy hat mir einiges wieder neu wichtig gemacht: in einem Leben mit Gott geht es nicht um Schnelligkeit, sondern um Ausdauer. In einem Leben mit Gott geht es nicht um Likes und Klicks und Follower, sondern um bedingungslose Nachfolge, auch und besonders wenn keiner hinsieht.

Eine liebe Freundin (die in Urlauben auch auf das Handy verzichtet) hat mir mit einem Augenzwinkern gesagt: ‚Es ist immer wieder erschreckend zu erfahren, dass die Welt sich wunderbar auch ohne mich weiterdreht.‘ Die Zeit ohne Handy hat mich – wieder einmal – gelehrt, dass Gott nicht meinen Instagram Account will, sondern mein Herz und dass ich in seiner Gegenwart mein Lebenstempo herunterfahren kann, denn Gott ist nie in Eile.

Und noch ein Gedanke ist mir in meiner Handyfreien Zeit gekommen: es ist so einfach in den sozialen Medien über Jesus zu reden. Einen Post mit Bibelvers zu teilen. Doch ich frage mich, wieviel spricht unser Leben noch von Jesus, wenn es kein Facebook gäbe? Spricht unser Leben von Jesus, wenn wir einkaufen gehen und wenn wir unsere Kinder ins Bett bringen? Oder spricht unser Leben nur von Jesus, wenn wir lediglich ein paar Worte in das Handy tippen müssen und sogar Likes dafür bekommen oder brennt unser Herz auch im Verborgenen, in den Dunkelkammern unseres Lebens, für ihn?

Das Experiment ‚Urlaub ohne Handy‘ war eine wertvolle Erfahrung und ich werde es ganz bestimmt wiederholen. Nach ein paar Tagen habe ich mein Handy nicht mehr vermisst. Meine Hände suchten nicht mehr automatisch nach diesem elektronischen Gerät, sondern sie streichelten die Köpfe meiner Kinder, hielten die Hand meines Mannes und waren offen und leer vor Gott.


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