Ex-IOR-Chef Tedeschi: Ich habe um mein Leben gefürchtet

9. April 2019 in Weltkirche


Es gebe in der römischen Kurie Menschen, denen er alles zutrauen würde, sagte Ettore Gotti Tedeschi in einem Interview.


Rom (kath.net/LSN/jg)
Das Verhältnis zur römischen Kurie habe ihn fast den Glauben verlieren lassen. Im Kampf gegen die Korruption habe es Situationen gegeben, in denen er um sein Leben gefürchtet habe. Das sagte Ettore Gotti Tedeschi, der frühere Chef der Vatikanbank IOR, hat in einem Interview mit Le Iene, einer Sendung des italienischen Fernsehsenders Italia 1.

Gotti Tedeschi war von 2009 bis zu seiner Kündigung 2012 Chef des Istituto per le Opere di Religione (IOR). In dem Interview mit Le Iene sagte er, er habe es Mitgliedern der römischen Kurie zugetraut, ihn ermorden zu lassen. Bei einigen dieser Personen hätte ihn gar nichts mehr überrascht.

Das Interview mit Gotti Tedeschi ist Teil einer Serie, die Le Iene über den mysteriösen Tod von David Rossi, einem Manager der Bank Monte dei Paschi di Siena (MPS). Rossi kam ums Leben, nachdem er 2013 aus einem Fenster gefallen war.

Gotti Tedeschi zeigte sich überzeugt, dass vier Konten der Vatikanbank von Schüsselfiguren der MPS Bank gehalten worden seien. Er sei der Ansicht gewesen, dass auf den Konten Schmiergelder von Politikern geparkt gewesen seien, die später gewaschen werden sollten. „Niemand wird die Existenz dieser Konten bestätigen“, sagte Gotti Tedeschi gegenüber Le Iene.

Dies sei Mitarbeitern der römischen Kurie bekannt gewesen. Er selbst habe nie wissen wollen, wer die Kontoinhaber seien, weil dieses Wissen ihn und seine Familie in Gefahr gebracht hätte. „Ich habe mich immer geweigert, diese Konten anzusehen, damit ich nicht eines Tages beschämt vor einem Richter stehe, der mich fragt: ‚Haben sie von diesen Konten gewusst?’“

Ettore Gotti Tedeschi wurde 2009 von Papst Benedikt XVI. als Präsident des IOR eingesetzt, um die Bank zu reformieren, insbesondere um internationale Standards gegen Geldwäsche einzuführen. 2012 sprach ihm der Aufsichtsrat das Misstrauen aus, weil er wesentliche Aufgaben seiner Position nicht erfüllt habe. Gotti Tedeschi wies diese Vorwürfe zurück. Der wahre Grund für seine Kündigung sei gewesen, dass die von ihm geplanten Maßnahmen gegen Geldwäsche die Schließung von Konten nichtreligiöser Kunden bedeutet hätte.



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