Venezuela: „Wir leisten quasi Sterbebegleitung“

7. April 2019 in Weltkirche


Humanitäre Krise in dem südamerikanischen Land verschärft sich


München (kath.net/KIN) Die humanitäre Krise und die medizinische Versorgung der Venezolaner nimmt immer dramatischere Züge an.

In einer an das weltweite katholische Hilfswerk „Kirche in Not“ weitergeleiteten Nachricht schilderte eine Krankenhausärztin eindrücklich die angespannte Lage, in der sie ihre Hilflosigkeit aufgrund des herrschenden Medikamentenmangels erfahren hat. Aus Sicherheitsgründen kann ihr Name nicht genannt werden.

Ein Mädchen habe an einer schweren eitrigen Bauchfellentzündung behandelt werden müssen, ihr Blinddarm sei schon perforiert gewesen, berichtet die Ärztin. Doch das Krankenhaus habe nicht über die erforderlichen Antibiotika für eine spätere Behandlung verfügt.

„Der Vater des Mädchens sagte mir mit Tränen in den Augen, dass er sich die Medizin nicht weiter leisten könne, denn jede Dosis kostete 50.000 Bolivar, und es wurden drei Dosen pro Tag benötigt!“ Derzeit beträgt der monatliche Mindestlohn in Venezuela 20.000 Bolivar. Das bedeutet: Der Vater des Mädchens müsste demnach fast acht Monate arbeiten, um eine Tagesdosis des Antibiotikums kaufen zu können.

„Als ich nach der Bauchspülung aus dem Operationssaal kam, suchte ich nach dem Vater des Mädchens. Ich konnte ihn zunächst nicht finden, weil er in einer Ecke vor einer Wand kniete und weinte. Ich habe das Gefühl, dass wir Sterbebegleitung leisten“, sagte die Ärztin mit qualvoller Stimme.

Sie nimmt die politischen Führer wegen ihrer ineffizienten Arbeit in die Verantwortung: „Ich verstehe die Politiker nicht. Wir [die Ärzte] können ohne Wasser und Strom auskommen. Wir werden schon eine Art und Weise finden. Aber ich kann es nicht ertragen zu sehen, wie die Ärmsten leiden und ihre Kinder begraben müssen.“ Immer wieder kommt es zu Ausfällen des nationalen Stromnetzes, die die Krankenhäuser betreffen und so eine angemessene Behandlung der Patienten unmöglich macht.

Auch die venezolanische Bischofskonferenz nimmt die Politik in die Pflicht. Sie veröffentlichte eine Stellungnahme, in der sie „die Würde der menschlichen Person und ihrer unveräußerlichen Rechte“ bekräftigt und gleichzeitig die mangelnde Achtung der Menschenrechte und die „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ verurteilt, denen die Venezolaner ausgesetzt sind, einschließlich „der vorsätzlichen Auferlegung von Lebensbedingungen wie der Entziehung des Zugangs zu Nahrung und Medikamenten“.

„Leider ist dies in unserer Heimat unter dem selbstgefälligen Blick der Behörden geschehen, die über die rechtmäßige Erfüllung und Verteidigung der Menschenrechte wachen sollen“, heißt es in der Stellungnahme der Bischöfe.

Die Bischöfe bitten darum, das Gebet für Venezuela zu intensivieren, um „die notwendige Bekehrung“ zu erreichen. Sie bitten die Jungfrau Maria, „den Kreuzweg zu begleiten, den unser Volk durchleidet in der Hoffnung auf die von ihrem Sohn Jesus Christus vollbrachte österliche Befreiung“.

Foto: Prozession für den Glauben und die Hoffnung für das Leben in der venezolanischen Stadt San Cristobal (Copyright: Diözese San Cristobal/Venezuela)


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