Ukrainischer Kirchenstreit erreicht die Antarktis

30. März 2019 in Chronik


Kapelle auf ukrainischer Forschungsstation wechselt von moskautreuer Jurisdiktion zur neuen unabhängigen ukrainischen Kirche - Kirchen und Religionen in der Ukraine rufen zu friedlichen Präsidentschaftswahlen auf.


Kiew (kath.net/ KAP)
Der ukrainische Kirchenstreit hat nun auch Auswirkungen auf die Antarktis. In der ukrainischen Vernadskij-Station im ewigen Eis wurde im Jahr 2011 die Volodymyr-Kapelle errichtet, die offiziell zur ukrainisch-orthodoxen Kirche Kirche des Moskauer Patriarchats gehörte. Wie ukrainische Medien berichten, teilte nun das ukrainische nationale wissenschaftliche Antarktis-Zentrum in Kiew mit, dass man die Kapelle der neuen autokephalen "Orthodoxe Kirche der Ukraine" unterstellen wolle. Ein entsprechendes Ansuchen an Metropolit Epifanij, Oberhaupt der Kirche, sei bereits gestellt und positiv beantwortet worden.

Laut Medienberichten war beim aktuellen Schichtwechsel der Wissenschaftler auf der Antarktisstation auch eine Kopie jenes Tomos (Urkunde) mitgebracht worden, mit dem der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. die ukrainische Kirche Anfang Jänner 2019 in die Unabhängigkeit entließ.

Derweilen stehen in der Ukraine selbst aber auch wichtigere Entscheidungen an. Der "Allukrainische Rat der Kirchen und Religionen" hat anlässlich der Präsidentschaftswahlen am kommenden Sonntag die Bevölkerung zu einer "gewissenhaften Wahlentscheidung" aufgerufen und nicht "gegen etwas" sondern "für eine gute und vor allem friedliche Zukunft für alle" zu stimmen. Bei der Wahl des neuen Staatsoberhauptes gebe es zu bedenken, dass man nicht im eigenen Interesse, sondern im Interesse des Wohles des gesamten Staates wählen sollte. Die Wahlen müssten friedlich verlaufen, Respekt auch vor jenen, die andere politische Meinungen vertreten, sei unbedingt notwendig, so die Kirchen- und Religionsvertreter.

Der Rat hat zudem den Samstag, 30. März, zum "Tag des Gebets und des Fastens" im Hinblick auf ehrliche und friedliche Wahlen ausgerufen. Im "Allukrainischen Rat der Kirchen und Religionen" sind rund 20 christliche, muslimische und jüdische Kirchen bzw. Glaubensgemeinschaften vertreten.

Der derzeitige Amtsinhaber Präsident Petro Poroschenko muss am Sonntag um seine Wiederwahl bangen. Umfragen zufolge lagen die frühere Ministerpräsidentin der Ukraine, Julija Tymoschenko, und vor allem der Schauspieler und Quereinsteiger Wolodymyr Selenskyj in der Wählergunst vor Poroschenko. Umso mehr hatte sich Poroschenko laut Beobachtern für die Gründung der neuen ukrainischen orthodoxen Nationalkirche eingesetzt. In den Umfragen konnte er dadurch zwischen sechs und acht Prozentpunkte zulegen.

Der Präsident sucht dabei aber nicht nur die Nähe der orthodoxen, sondern auch der katholischen Kirche. So übergab er diese Woche Vertretern der ukrainischen griechisch-katholischen Kirche in Ternopil einen kleinen Klosterkomplex, der ursprünglich Dominikanern gehörte und in der Zeit des Kommunismus enteignet wurde. Die "historische Gerechtigkeit" sei damit wiederhergestellt, so der Präsident, laut einem Bericht des kirchlichen Nachrichtenportals "risu.ua.org". Er wolle zudem der griechisch-katholischen wie auch der orthodoxen Kirche der Ukraine für ihr beständiges Gebet für die Ukraine danken, sagte Poroschenko.

Knapp 28 Prozent der bereits entschlossenen Wähler gaben zuletzt an, bei der Wahl für Selenskyj zu stimmen. Poroschenko und Timoschenko liefern sich mit etwa 16 bis 17 Prozent ein Kopf-an-Kopf-Rennen um den Einzug in die für April erwartete Stichwahl. Die 36 weiteren Kandidaten blieben in den Umfragen unter 10 Prozent der Stimmen. Mehr als 20 Prozent der Wähler gaben jedoch an, noch unentschlossen zu sein.

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