Lieber Aaron als Mose folgen?

20. März 2019 in Kommentar


Exit der Bischöfe aus der radikalen Nachfolge Jesu? Gastkommentar von Helmut Müller


Vallendar (kath.net) Lieber Aaron als Mose folgen? Lieber Mose und den Jüngern folgen als Jesus? Diese Rückschlüsse muss man ziehen, wenn man das Verhalten Israels am Berge Sinai und dasjenige der Jünger Jesu betrachtet, wenn sie sich in Scheidungsfragen auf den nicht so strengen Mose berufen. Genauso bleibt der reiche Jüngling lieber traurig in der für ihn lebbareren Nachfolge Mose, als dem herausfordernden Ruf Jesu zu folgen. Denken etwa einige Bischöfe ähnlich, wenn sie alle einen „synodalen Weg zu Sexualmoral und Zölibat“ unter Einbezug des ZdK gehen wollen.

Als Mose mit den Gesetzestafeln vom Berg Sinai kam, sah er wie das Volk mit der Erlaubnis Aarons um das goldene Kalb tanzte. Aus Zorn zerschmetterte er daraufhin die Gesetzestafeln am Fuße des Berges. Hätte Mose vielleicht am Fuße des Sinai Aaron und das Volk mit einbeziehen sollen? Das tat er nicht. Begegnen wir andererseits heute nicht einem vergleichbaren Verhalten und geben einige Bischöfe den Forderungen nach Strukturreformen und einer Veränderung der Sexualmoral, der Aufhebung des Zölibats, der Missachtung der Theologie des Leibes von Johannes Paul II., der Zulassung von wiederverheiratet Geschiedenen zur Eucharistie nicht scheibchenweise nach? Momentan haben diese Forderungen aus der Herde und manchen Hirten Hochkonjunktur und noch nie so große Aussichten auf Erfolg. Warum? Weil einige Hirten und Oberhirten, ja auch die Herde selber in der Vergangenheit wahre Verbrechen begangen und eine himmelschreiende Unmoral gelebt, vertuscht, geduldet oder nicht geahndet haben.

Werden nicht wieder Gesetzestafeln an Bischofssitzen oder sogar im Vatikan zerschmettert? Dieses Mal nicht aus Zorn von Hirten und Oberhirten über das Verhalten der Herde, sondern vor Zerknirschung und Scham, sie nicht beachtet zu haben. Der Vergleich zeigt, dass das nicht die Lösung sein kann. Die Lösung wäre doch, Mose am Sinai zu folgen gegen Aaron und Jesu Zurechtweisung seiner Jünger in der Frage nach dem Scheidebrief.

Wir sind in der Fastenzeit. Was anderes ist Sinn der Fastenzeit? Nicht in irgendeiner Hinsicht auf etwas zu verzichten, sondern neu ausgerichtet, das auf den Tafeln des Sinai Weg weisende, als gelingendes Leben tatsächlich zu leben. Oder auf Jesus gewendet, den ebenfalls auf einem Berg verkündeten Seligpreisungen, spirituell zu folgen. Die Strukturen oder die Moral sind weniger das Problem, als das bequeme Leben in „denselben“ oder das nicht zu sehr „anstrengende Leben“ eben „derselben“. Der Zölibat als angeratene Lebensweise um des Himmelreiches willen ist keine Pflicht, sondern Jesus und die ihm so ernsthaft folgende Kirche verbinden diese Lebensweise damit, das kommende Gottesreich schon jetzt zu leben. Nicht anders die Theologie des Leibes. In den Phasen wechselnder Fruchtbarkeit rät sie Askese und Ekstase, nicht wie das indische Kamasutra zu leben, um die Lust zu steigern, sondern um die Liebe zueinander, in Entsagung und Erfüllung zu vertiefen. Wenn dann nach der Askese Lust ekstatisch erlebt wird, darf sie dankbar als Erfüllung genossen werden. Das ist etwas ganz anderes, als die Theologie des Leibes als nicht zu erfüllende Norm darzustellen, um dieselbe dann als lustfeindliche zerschmettern zu können wie die Tafeln am Sinai.

Natürlich kann man mit der Bergpredigt und den Seligpreisungen kein Volk regieren wie Helmut Schmidt einmal sagte, aber jedem Volk täte es gut, wenn einige danach leben würden. Nichts anderes verlangt Jesus und auch bisher noch Papst und Bischöfe, wenn Kirche Sauerteig, Salz und Licht in der Welt sein soll. Auf gar keinen Fall sollte sie Forderungen, die nicht aus den Evangelien stammen, sondern die von überall her, wie jüngst aus der Bildzeitung auf sie einprasseln, nachgeben. Denn schon Israel sollte unter Mose Licht unter den Völkern sein. Das signum levatum, das hocherhobene Zeichen unter den Völkern sollte auch Auftrag der Kirche sein. Sie liegt nur deshalb heute so skandalös am Boden, weil wir alle, nicht nur unsere Hirten und Oberhirten, diesem Auftrag nicht gerecht geworden sind und eben nicht, weil Missbrauch schon automatisch durch säkulare Strukturen niedergehalten werden würde. Erst wenn die Weisungen von den beiden Bergen, dem Sinai und dem Berg der Seligpreisungen wieder erkennbar werden, wird überhaupt erst klar, wie, ob oder welche Strukturen verändert werden müssten

kath.net-Buchtipp:
Zeitgerecht statt zeitgemäß
Spurensuche nach dem Geist der Zeit im Zeitgeist
Von Helmut Müller
Hardcover, 244 Seiten
2018 Bonifatius-Verlag
ISBN 978-3-89710-790-8
Preis Österreich: 15.40 EUR

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