Fügungen

8. März 2019 in Spirituelles


„Ich bin überzeugt, dass es Fügungen gibt.“ Gastbeitrag von Klemens Hogen-Ostlender


Gießen (kath.net) Sehr viele polnische Priester und Seminaristen kamen unter der Verfolgung durch den Nationalsozialismus ums Leben. Ein junger Mann namens Karol Wojtyla, der heimlich Theologie studierte, überlebte. Er wurde erst zum Priester und dann zum Bischof geweiht. Weil die Anhänger zweier anderer Kandidaten im Konklave gegenseitig deren Mehrheiten blockierten, hieß der neue Papst 1978 dann Johannes Paul II. Er leistete wenig später einen entscheidenden Beitrag zur Umwälzung der politischen Verhältnisse in Osteuropa. War all das Zufall, oder Beleg dafür, dass Gott in die Geschichte eingreift?

Ich bin überzeugt, dass es Fügungen gibt. In meinem Leben zum Beispiel diese: Vor 18 Jahren bescheinigte mir meine Hausärztin nach gründlicher Vorsorge-Untersuchung einen wahrhaft traumhaften Gesundheitszustand. Zwei Wochen später bekam ich Schmerzen in der Blinddarmgegend. Die Ärztin war im Urlaub. Ein anderer Arzt, den ich bis dato nicht kannte, fand schnell die harmlose Ursache der Schmerzen. Ganz nebenbei, ohne erkennbaren Anlass, machte er aber noch einen Test. Das Ergebnis: Krebs kurz vor der Metastasenbildung. Allerhöchste Zeit, zu operieren. Der Eingriff war erfolgreich. Kurz darauf wäre das sehr unwahrscheinlich gewesen.

Ich habe nicht die Glaubenskraft der heiligen Maria Magdalena Postel, der Ordensgründerin, die in Frankreich die Wirren der Revolution durchlebte. Ihr Grundsatz war „Wir sollen Gott nicht zu sehr behilflich sein mit allem Planen und Kalkulieren. Habt Vertrauen! Weil Gott um uns weiß, müssen wir nicht ängstlich besorgt sein. Er liebt uns und ist daran interessiert, dass es uns gut geht“. Dass es uns gut geht, das ist freilich nicht auf diese Welt bezogen, sondern auf das Jenseits. Wir müssen als Christen lernen, nicht völlig im Diesseits verhaftete Mensch zu sein.

Auch viele, die Sonntag für Sonntag in die Kirche gehen, glauben nicht wirklich, dass Gott die Welt in guten Händen hält. Ein Priester hat es mir einmal berichtet: Spricht er Menschen in schwierigen Situationen, vielleicht am Ende ihres Lebens, ermutigend darauf an, dass Gott unser Schicksal so lenkt, dass es sich schließlich zum Guten wendet, sind viele skeptisch: „Meinen Sie? Ich werde es dann ja sehen...“ Dass auch Schicksalsschläge dem Seelenheil dienen können, will kaum jemand wahrhaben. Der verstorbene Pfarrer Hans Buschor von KTV hat den Sinn, den auch Krankheiten haben können, einmal so ausgedrückt: „Warum hat Gott Viren und Bakterien erschaffen? Um uns glücklich zu machen!“

Die Sache mit der Krebs-OP war eine von vielen Fügungen in meinem Leben. Der Kirchenlehrer Basilius der Große hat Menschen in meinem Alter ermahnt, dass wir nicht übertrieben ängstlich sein sollen, wenn wir an die Zukunft denken: „Wer dreißig, vierzig, fünfzig Jahre lauter Proben der Göttlichen Vorsehung erfahren hat, der darf für den Rest seiner Tage nicht gar bange sorgen“. Das darf freilich nicht dazu führen, eine Ermahnung des heiligen Johannes von Damaskus in den Wind zu schlagen: „Was in unserer Macht liegt, ist nicht Sache der Vorsehung, sondern unseres freien Willens“. Auch ein Rat ist zu beherzigen, den der Apostel Paulus den Ephesern gegeben hat: „Darum seid nicht unverständig, sondern begreift, was der Wille des Herrn ist“ (Eph 5,17). Den Kolossern versprach er, er werde nicht aufhören, „inständig für euch zu beten, dass ihr in aller Weisheit und Einsicht, die der Geist schenkt, den Willen des Herrn ganz erkennt“ (Kol 1, 9).

Gottes Plan für das eigene Leben zu erkennen, gelingt selten auf Anhieb. Wir brauchen Geduld - und eine Beziehung zu ihm als Voraussetzung. Im Buch des Propheten Jeremia sagt der Allerhöchste uns zu: „Sucht ihr mich, so findet ihr mich. Wenn ihr von ganzem Herzen nach mir fragt, lasse ich mich von euch finden“ (Jer 29, 13 - 14). Im Gebet erst um Erleuchtung zu bitten und dann Gottes Wort in der Schrift zu lesen, ist ein gutes Mittel, um seinen Plan zu erkennen. Er hat für uns diesen Plan, weil wir sein heiliger Tempel sind und der Geist Gottes in uns wohnt (1. Kor 3,16f). Sollten wir unserem Vater da nicht einen Ort anbieten, der nicht nur äußerlich gesund, sauber und gepflegt ist, sondern auch im Innenraum – gerade auch in der Fastenzeit?



Foto (c) Lorleberg/kath.net


© 2019 www.kath.net