Die Identität des Katholischen

21. Februar 2019 in Deutschland


60 Jahre Dienst im Weinberg des Herrn sind ein Geschenk an die Kirche. Michael Hageböck würdigt den Einsatz von Prof. Dr. Joseph Schumacher in Lehre und Seelsorge


Freiburg (kath.net) Sein scharfes Urteilsvermögen schmeckt nicht jedem. Immer wieder wurde er ausgegrenzt, geächtet und in seinen Möglichkeiten als Professor und Priester zu wirken empfindlich beschnitten. Dennoch ist er im Erzbistum Freiburg eine Institution: Wer sich auf Prof. Schumacher beruft, von dem weiß man, dass er es ernst mit dem Glauben meint. Kaum jemand hat in den letzten Jahrzehnten so vielen Katholiken Orientierung gegeben wie der Jubilar. Dutzende von Seminaristen begleitete er zur Priesterweihe, er unterstützte Ordensberufungen, betreute Brautleute und Konvertiten.

Am 4. März 1934 in Nottuln geboren, studierte Schumacher in Münster und Innsbruck und empfing am 21. Februar 1959 die Priesterweihe. Nach seiner Zeit als Kaplan und Gymnasiallehrer promovierte er 1973 mit einer Arbeit über den „Denzinger“ zum Doktor der Theologie. 1978 folgte die Habilitation über "Den apostolischen Abschluss der Offenbarung Gottes“ mit anschließender Lehrtätigkeit im Fach Fundamentaltheologie an der Universität Freiburg.

Prof. Dr. Joseph Schumacher ist ein gefragter Redner auf zahlreichen akademischen Kongressen, er doziert im Priesterseminar der Petrusbruderschaft in Wigratzbad und veröffentlichte über 60 wissenschaftliche Abhandlungen. Seit 1989 ist er ordentliches Mitglied der Pontificia Academia Theologica Romana und seit 1996 korrespondierendes Mitglied der Internationalen Päpstlichen Akademie für Mariologie.

Neben seinen Vorlesungen und Forschungsprojekten war Schumacher stets ein eifriger Seelsorger, spendete treu die Sakramente und nahm sich immer Zeit für das persönliche Gespräch. Über Jahre hinweg hält er Sonntag für Sonntag fundiert und perfekt ausgearbeitete Predigten. Einen kleinen Einblick geben seine gedruckt vorliegende „Glaubenverkündigung am Oberrhein - 182 Ansprachen zu den Sonn- und Feiertagen der drei Lesejahre (2007 - 2010)“ (Fromm, 2012), seine dreibändige Predigthilfe (Bernadus, 2014) sowie seine Predigtreihe „Barmherzigkeit und Gerechtigkeit“ (Fromm, 2018). Jede Homilie ist tiefsinnig, erbaulich, anregend, geprägt von einer klaren Unterscheidung der Geister und großen Gelehrsamkeit. Sie sind das Maß für eine Sonntagspredigt.

Mit seinen Schriften „Beten mit der Kirche“ (fe-Verlag, 2004) sowie „Dismas: der gute Räuber“ (Theresia-Verlag, 2002) sprach er ein breites Publikum an. Streitbare Themen behandelte Schumacher in „Esoterik - die Religion des Übersinnlichen“ (Fromm, 2012), „Die Frau in den Religionen - Fragmente einer Kulturgeschichte der Frau“ (Patrimonium, 2015) sowie „Die Tragödie der abendländischen ‚Kirchenspaltung‘“ (Patrimonium, 2017). Auf kath.net veröffentlichte der Professor eine siebenteilige Reihe über das Zweite Vatikanische Konzil und ein wegweisendes Interview mit Petra Lorleberg über Organspende und Hirntod.

Der Jubilar veröffentlichte beim Patrimonium-Verlag die fundamentaltheologischen Standardwerke „Die Kirche Christi, ihre Genese und ihr Anspruch“ (2013), „Theologische Erkenntnislehre: den Glauben der Kirche erkennen und verstehen“ (2014) sowie „Die Identität des Katholischen“ (2016). Das letztgenannte Buch gilt als eines der herausragenden theologischen Abhandlungen der jüngsten Zeit. Es behandelt die Prinzipien des Katholischen, zeigt Weite und Stringenz des Glaubens auf, beschreibt die Verfasstheit der Kirche und das Selbstverständnis des christlichen Abendlandes. Nirgendwo sonst wird derart präzise die Relevanz der analogia entis aufgezeigt, die Tragweite des et/et, die Wucht und Dynamik in der Lehre des römischen Magisteriums. „Die Identität des Katholischen“ ist ein Meisterwerk und deswegen Pflichtlektüre für jeden, der sich mit dem Glauben auseinandersetzen möchte.

60 Jahre lang hat Professor Schumacher als katholischer Priester gewirkt, als authentischer Glaubenszeuge, als Rufer in der Wüste. Er führt ein zurückgezogenes Leben in monastischer Strenge. Seine Bescheidenheit und Demut trugen mit dazu bei, dass er weit weniger Beachtung fand, als ihm gebührt. Nie versuchte er sich anzubiedern, klar benannte er auch die Unzulänglichkeiten von Konservativen, weshalb er bis zum heutigen Tag ein Einsamer ist, ohne dabei zu verbittern. Sein sanftes Schmunzeln erinnert an die Unschuld eines Kindes. Dahinter steckt eine Barmherzigkeit, die entwaffnet, ein ungebrochener Geist – er ist ein seeleneifriger Arbeiter im Weinberg des Herrn.

Schmähungen und Krankheit nahm er heroisch auf sich. Während er still litt, spendete er anderen Trost und Rat, war stets großzügig, half Menschen in Bedrängnis und Notlagen. Professor Schumacher ist ein nüchterner Denker und ein unbeugsamer Bekenner. Sein Diamantenes Priesterjubiläum ist ein Geschenk an die Kirche, sechzigfach, hundertfach, tausendfach. Deo gratias!

Archivfoto Prof. Dr. Joseph Schumacher


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