Sollen Katholiken klerikalen Missbrauch öffentlich kritisieren?

29. Jänner 2019 in Kommentar


„Katholiken sollten nicht so viel über sexuellen Missbrauch in der Kirche schreiben, sondern lieber beten“ – Ich frage unsere kath.net-Leser: Was meinen SIE? Wieviel katholische Pressearbeit braucht das Thema? Diskutieren Sie mit! Von Petra Lorleberg


Linz-Stuttgart (kath.net/pl) Menschen würden aus der Kirche austreten, weil sie überall soviel über die kirchlichen Missbrauchsfälle lesen. Deshalb sollten Katholiken nicht so viel über sexuellen Missbrauch in der Kirche schreiben, sondern lieber beten. Das postulierte jemand auf meiner Facebookseite. Wer den Missbrauch benenne, sei in Gefahr, „einfach nur anzuklagen statt zu vergeben“, wurde mir erklärt. „Wissen wir, ob die Priester ihr Tun nicht vielleicht bereuen? Vielleicht eine Therapie machen? Vielleicht es nur deshalb nicht offiziell gesagt wurde, weil sie gebeichtet haben?“

Wir katholischen Journalisten – wie auch die praktizierenden Katholiken (und Christen) ganz allgemein – haben ja wirklich das Problem: Ist es gut, wenn wir den klerikalen Missbrauch immer wieder öffentlich kritisieren? Doch andererseits: leisten wir nicht der offenbar existierenden binnenkirchlichen Vertuschung Vorschub, wenn wir diese Probleme verschweigen? Würden wir das Bild der Kirche makellos halten auf Kosten der bisherigen Opfer, deren Stimme nicht wahrgenommen würde – und unter klarem Wissen, dass es zukünftige Opfer geben würde, weil Verbrecher ungehindert weiterwirken könnten?

Der bisherige Umgang mit der katholischen Missbrauchskrise z.B. in den USA erweckt wohl bei manchen eher den Eindruck, dass unsere kirchliche Hierarchie nicht willig oder nicht fähig ist, diese schreienden Sünden aufzuräumen.

Deshalb wies ich bei der Facebook-Diskussion dann in meiner Antwort darauf hin:

- Haben Sie sich eigentlich auch mal überlegt, wieviel Kraft auf spiritueller Ebene die Verkündigung eines Priesters/Bischofs/Kardinals haben wird, der fortwährend in solcher Sünde lebt? Und möchte ich wirklich die Hl. Kommunion oder das Sakrament der Beichte von einem Kleriker empfangen, der ‚diese Unstimmigkeit‘ (wie Sie das nennen) an sich kleben hat?

– Nein, es reicht mir nicht, wenn solche Verbrechen nur gebeichtet werden und es sonst keine Konsequenzen gibt.

- Nicht ich beschmutze meine Kirche, sondern solche Verbrecher, solche Wölfe im Schafspelz. Nicht derjenige ist der Wolf, der vor den Wölfen warnt. Sie vollziehen eine äußerst merkwürdige Schuldumkehr.

- Und übrigens war in der alten Kirche bekanntermaßen das Schuldbekenntnis vor der Absolution öffentlich vor der gesamten Gemeinde. Da gab es keine Berührungsängste damit, Sünden und schwere Schuld vor der Gemeinde transparent zu machen!

Ich möchte deshalb unsere kath.net-Leser fragen: Was meinen SIE? Soll katholische Pressearbeit den sexuellen Missbrauch durch Priester/Bischöfe/Kardinäle thematisieren oder nicht? Ist solche Kritik an Presseberichten über kirchlichen sexuellen Missbrauch nun wirklich fromm oder ist das eher frömmelnd? Sollen wir als praktizierende Katholiken laut kritisieren oder beten - oder beides? Diskutieren Sie mit und posten Sie Ihre Meinung direkt unter diesen Artikel!

Symbolbild - Pro und Kontra



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