Franziskus reist als erster Papst nach Arabien

29. Jänner 2019 in Weltkirche


Der Besuch des Oberhaupts der katholischen Kirche gilt nicht nur den Vereinigten Arabischen Emiraten und ihrer katholischen Minderheit, sondern auch der einflussreichen Organisation "Muslim Council of Elders"


Vatikanstadt (kath.net/KAP) Papst Franziskus setzt einen neuen wichtigen Schritt im Dialog mit dem Islam: Wenige Tage nach seiner Rückkehr vom katholischen Weltjugendtag in Panama besucht er von 3. bis 5. Februar die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE). Erstmals wird damit ein Nachfolger des Apostels Petrus die Arabische Halbinsel betreten, die für den Islam heiliges Land ist. Neben der Begegnung mit dem in Abu Dhabi beheimateten "Muslim Council of Elders" und einer interreligiösen Konferenz hat die Papstvisite aber auch eine weitere Bedeutung: Sie gilt mit den Vereinigten Arabischen Emirate einem der Staaten, der zumindest Kultfreiheit für Christen einräumt. In den Öl-Emiraten am Golf leben unter den rund zehn Millionen Einwohner rund eine Million Katholiken, der größte Teil von ihnen Gastarbeiter aus Südasien.

So werden vor allem aus den Emiraten, aber auch aus dem benachbarten Oman wie sogar aus dem kriegsgeplagten Jemen zahlreiche Gläubige erwartet, wenn der Papst am 5. Februar erstmals in den Emiraten eine katholische Messe als Massenveranstaltung feiert. Am Freitag gaben die Organisatoren des Besuchs bekannt, dass die Platzkapazität für die Teilnahme an dem Gottesdienst in einem Stadion von 120.000 auf 135.000 erhöht werden konnte. Die kostenlosen Zähltickets wurden über die Pfarren der Region verteilt.

Der Papst folgt mit seinem Besuch einer Einladung von Kronprinz Muhammad bin Zayid Al Nahyan und der katholischen Kirche in den Emiraten. Unmittelbarer Anlass ist eine interreligiöse Begegnung mit dem Titel "Human Fraternity" (Menschliche Brüderlichkeit). Die Konferenz findet am 4. Februar im Founder's Memorial statt, einem topmodernden, dem Staatsgründer gewidmeten Kulturzentrum in Abu Dhabi. Das detaillierte Tagungsprogramm ist bislang jedoch ebenso wenig bekannt wie die weiteren Teilnehmer. Einzig Franziskus' argentinischer Rabbiner-Freund Abraham Skorka verriet im US-Jesuiten-Magazin "America" unlängst, er werde Teilnehmer der Konferenz sein.

Mit der Veranstaltung betonen die Emirate ihren Anspruch, die modernere, aufgeschlossenere Seite Arabiens zu sein. Der Präsident der Emirate, Scheich Khalifa bin Zayed, hat 2019 zu einem "Jahr der Toleranz" ausgerufen. Sein Bruder und De-facto-Regierungschef Kronprinz Muhammad bin Zayed wünschte am 25. Dezember allen Christen weltweit "Frieden und Glück" zum Weihnachtsfest. Er hatte bereits im September 2016 den Papst in Rom besucht.

Vor der interreligiösen Konferenz trifft der Papst mit der islamischen Gelehrten-Vereinigung des "Muslim Council of Elders" zusammen. Die 2014 gegründete Vereinigung mit Sitz in Abu Dhabi will Spaltungen und Fehden innerhalb des Islam überwinden und gegen extremistische Brandstifter eine religiöse Botschaft humaner Werte und der Toleranz verteidigen. Leiter des Rats ist Großscheich Ahmad al-Tayyeb von der Kairoer Al-Azhar-Universität - für den Papst praktisch ein alter Bekannter.

Ort der Begegnung, die als privat charakterisiert wird, ist die Scheich-Zayid-Moschee, das größte islamische Gotteshaus der Emirate. An Prachtentfaltung und Dimensionen kann es mit dem Petersdom konkurrieren; allein das Grundstück übertrifft die Fläche des Vatikanstaats um ein Viertel. 41.000 Menschen finden Platz in der Moschee.

Am 5. Februar besucht der Papst zunächst die katholische Bischofskirche (Josefskathedrale) von Abu Dhabi, wo sonst in nicht weniger als 20 Sprachen die Eucharistie gefeiert wird. Das Gotteshaus im Stadtteil Al Mushrif, wo sich im Umkreis von wenigen hundert Metern auch eine Moschee und mehrere weitere Kirchen u.a. von Kopten, Protestanten und Orthodoxen befinden, hat kein Turmkreuz. An der Außenwand der Josefskathedrale ist allerdings ein großes Fresko zu sehen, das das beliebte Gnadenbild des Barmherzigen Jesus zeigt, das auf eine Vision der Heiligen Faustyna Kowalska (1905-1938) zurückgeht.

Stadion-Gottesdienst mit Papst

Anschließend feiert Franziskus im Zayed-Sports-City-Stadion, der größten Sportarena in den Vereinigten Arabischen Emiraten, den großen Gottesdienst. Dass der Papst auf dem Territorium der Vereinigten Arabischen Emirate, die offiziell strikt an der islamischen Gesetzgebung festhalten, einen öffentlichen christlichen Gottesdienst feiern kann, wird als "Zeichen der Versöhnung" gewertet. Die Messe im Stadion sendet auch eine Botschaft an das benachbarte Saudi-Arabien, wo Christen nur hinter verschlossenen Türen das Bibelwort teilen und Abendmahl feiern können.
Die Emirate hingegen präsentieren sich gern als liberal: In Abu Dhabi wurde die erste Josefskirche - damals noch auf einem Grundstück direkt an der Meeresküste - 1965 geweiht. Mitte der 1980er Jahre entstand der Neubau der bestehenden Kathedrale. Insgesamt gibt es in den Vereinigten Arabischen Emiraten acht katholische Kirchen. Ein weiteres Gotteshaus in Ruwais ist im Bau. Die katholische Kirche führt auch fünf Schulen mit rund 8.500 Schülerinnen und Schülern. Seit 2007 bestehen diplomatische Beziehungen zwischen den Emiraten und dem Vatikan, 2010 entsandten die Emirate ihre erste Botschafterin an den Heiligen Stuhl.

Eine normale Papstreise wird es dennoch nicht: Zwar wird Papst Franziskus von Kronprinz Muhammad im Präsidentenpalast empfangen. Aber weder wird er - wie sonst üblich - eine Rede vor Vertretern aus Politik und Gesellschaft halten, noch sind Termine an einer Universität oder mit Jugendlichen geplant. Dabei ließe sich da trefflich über den Wert der Bildung, die Rolle der Frau oder den Auftrag der jungen Generation zum Frieden sprechen. Auch Begegnungen, die Franziskus sonst wichtig sind, etwa mit sozial Bedürftigen oder Seelsorgern, fehlen vorerst im offiziellen Programm.

Franz von Assisi traf vor 800 Jahren Sultan

Eine historische Papstreise mit wenig Programm also. Um sie etwas aufzuwerten, wird als ein Hintergrund eine Begegnung genannt, die genau 800 Jahre her ist: das Treffen zwischen Franziskus von Assisi mit dem ägyptischen Sultan Malik al-Kamil in Damiette im Jahr 1219. Damals, während des fünften Kreuzzugs, sorgte die Begegnung für eine gewisse Entspannung zwischen Abend- und Morgenland.
Der für Abu Dhabi zuständige Apostolische Vikar, Bischof Paul Hinder, bezeichnete in einem Hirtenbrief den Papstbesuch vorab als "wahrhaft historisches Ereignis". Der Schweizer Kapuziner, der Oberhirte für die Katholiken im südlichen Arabien ist, unterstrich die Bedeutung des Mottos des Papstbesuchs, das ein Gebet zitiert, das - historisch unzutreffend - dem heiligen Franz von Assisi zugeschrieben wird: "Mach mich zu einem Werkzeug deines Friedens" ("Make Me a Channel of Your Peace").

In diesem Sinn hoffe er, so Hinder, dass der Besuch "ein wichtiger Schritt im Dialog zwischen Muslimen und Christen und ein Beitrag zur gegenseitigen Verständigung auf dem Friedensweg des Nahen Ostens" sein möge. Der erstmalige Besuch des Papstes auf der Arabischen Halbinsel sei ein "historischer Augenblick für den Dialog zwischen Muslimen und Christen".

Auch ein italienischer Experte des interreligiösen Dialogs, Prof. Riccardo Burigana, Direktor des in Venedig ansässigen "Studienzentrums für den Ökumenismus", bewertet die Papstreise nach Abu Dhabi als "wichtigen Schritt" im Hinblick auf den Dialog mit dem Islam. Im Zentrum stehe die Überlegung, dass die Religionsgemeinschaften, sobald sie einander besser kennengelernt haben, einen konkreten Beitrag zur "Verbesserung der politischen und sozialen Situation der verletzten Welt" leisten können. Die Tatsache, dass der Papst diese Reise in sein Arbeitsprogramm aufgenommen habe, sei eine Einladung, die Zusammenarbeit mit den Muslimen nicht als etwas Beliebiges anzusehen, sondern als "ein vordringliches Anliegen", sagte Burigana. Die Reise könne aber auch zur Überlegung führen, dass Christen und Muslime, die seit langer Zeit miteinander diskutieren, gerade jetzt - "im geopolitischen Kontext der Visite" - berufen seien, ein "bedeutsameres Signal zu setzen, das tatsächlich staunen lässt".

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