Die Konkretheit – das Kriterium des Christentums.

7. Jänner 2019 in Aktuelles


Franziskus in Santa Marta: Gott ist in Jesus ins Fleisch gekommen. Der Glaube und die Liebe sind keine Phantasien oder schöne Worte, sondern konkret. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) Erste heilige Messe des Jahres 2019 in der Kapelle des vatikanischen Gästehauses „Domus Sanctae Marthae“ am 7. Januar. In seiner Predigt betonte Papst Franziskus: die Gebote Gottes sind „Konkretheit“. Diese sei daher das Kriterium des Christentums, nicht die „schönen Worte.

Der Papst betete, dass die Heiligen, die „die Verrückten der Konkretheit“ seien, uns helfen, auf diesem Weg zu gehen und die konkreten Dinge zu erkennen, die der Herr in Bezug auf die Phantasien und Illusionen der falschen Propheten wolle. Franziskus ging bei seinen Betrachtungen von der ersten Lesung aus dem ersten Brief des Apostels Johannes aus (1 Joh 3,22 - 4, 6): „Alles, was wir erbitten, empfangen wir von ihm, weil wir seine Gebote halten und tun, was ihm gefällt“.

Der Zugang zu Gott sei daher offen. Der „Schlüssel“ bestehe in dem, was der Apostel vorschlage: „wir sollen an den Namen seines Sohnes Jesus Christus glauben und einander lieben gemäß dem Gebot, das er uns gegeben hat“. Nur so könnten wir um das bitten, „was wir wollen“, mit „Mut“ und „dreist“:

„Glauben, dass Gott, der Sohn Gottes, ins Fleisch gekommen ist, einer von uns geworden ist. Das ist der Glaube an Jesus Christus: an einen Jesus Christus, an einen konkreten Gott, der im Mutterleib Marias empfangen wurde, der in Bethlehem geboren wurde, der als Kind aufwuchs und nach Ägypten floh, der nach Nazareth zurückkehrte, der mit seinem Vater zu lesen gelernt hat, zu arbeiten, voranzugehen und dann zu predigen... konkret: ein konkreter Mensch, ein Mensch, der Gott ist, aber Mensch. Es ist nicht Gott, der als Mensch verkleidet ist. Mensch, Gott, der Mensch wurde. Das Fleisch Christi. Das ist die Konkretheit des ersten Gebotes. Das zweite ist auch konkret. Einander zu lieben, konkrete Liebe, keine Phantasieliebe: ‚Ich habe dich gern, ach wie sehr ich dich gern habe’, und dann zerstöre ich dich mit meiner Zunge, mit dem Geschwätz... Nein, nein, nein. Konkrete Liebe. Das heißt: die Gebote Gottes sind Konkretheit und das Kriterium des Christentums ist Konkretheit, nicht die Ideen und die schönen Worte... Konkretheit. Und das ist die Herausforderung“.

Der Apostel Johannes, einer, der „voll Leidenschaft für Menschwerdung Gottes“ sei, fordere uns auf, die Geister zu prüfen, das heißt: er erkläre, dass, wenn sich „eine Vorstellung von Jesus“ einstelle, „von den Menschen, vom Tun, vom Denken, dass die Erlösung diesen Weg geht“, die Inspiration geprüft werden müsse. Das Leben des Christen sei letztlich Konkretheit im Glauben an Jesus Christus und in der Liebe, doch es sei auch „geistliche Wachsamkeit“:

„Das Leben des Christen ist Konkretheit im Glauben an Jesus Christus und in der Liebe, aber es ist auch ein Kampf, denn man kommt immer wieder auf Ideen oder falsche Propheten, die einen ‚weichen’ Christus anbieten. Ohne viel Fleisch und Nächstenliebe ist dieser ein wenig relativ... ‚Ja, diese ja, die auf meiner Seite sind, aber die, nein...’“.

Daher mahnte der Papst, an Christus zu glauben, der „ins Fleisch gekommen ist“, an „konkrete“ Liebe zu glauben und gemäß der großen Wahrheit der Menschwerdung des Wortes und der konkreten Liebe zu unterscheiden, um zu verstehen, ob die Geister – „das heißt die Inspiration“ – wirklich von Gott kämen. Denn viele falsche Propheten seien in die Welt gekommen.

Der Teufel versuche immer, „uns von Jesus zu entfernen, vom Bleiben in Jesus“. Aus diesem Grund sei „geistliche Wachsamkeit“ notwendig. Jenseits der begangenen Sünden müsse der Christ sich „am Ende des Tages zwei, drei, fünf Minuten Zeit nehmen, um sich zu fragen, was in seinem Herzen geschehen ist, welche Inspiration oder vielleicht sogar welcher ‚Wahnsinn des Herrn’ zu ihm kam“. Denn „der Geist drängt uns bisweilen zum Wahnsinnigen, aber zum großen Wahnsinn Gottes“.

Wie beispielsweise der Wahnsinn eines Mannes, der bei der heutigen Messe anwesend war, der „vor mehr als 40 Jahre Italien verlassen hat, um Missionar unter Aussätzigen“ in Brasilien zu sein, oder der Wahnsinn der heiligen Francesca Cabrini, die immer unterwegs gewesen sei, um sich um die Migranten zu kümmern. Die Aufforderung bestehe also darin, keine Angst zu haben und zu unterscheiden:

„Wer kann mir helfen zu unterscheiden? Das Volk Gottes, die Kirche, die Einstimmigkeit der Kirche, der Bruder, die Schwester, die das Charisma haben, uns zu helfen, um klar zu sehen. Deshalb ist das spirituelle Gespräch mit Menschen von spiritueller Autorität für den Christen wichtig. Es ist nicht notwendig, zum Papst oder zum Bischof zu gehen, um zu sehen, ob das, was ich spüre, gut ist. Aber es gibt viele Menschen, Priester, Ordensleute und Laien, die diese Fähigkeit haben, uns zu zeigen, was in meinem Geist geschieht, um Fehler zu vermeiden. Jesus musste dies zu Beginn seines Lebens tun, als der Teufel ihn in der Wüste aufsuchte und ihm drei Dinge vorschlug, die nicht dem Geist Gottes entsprachen, und er wies den Teufel mit dem Wort Gottes zurück. Wenn das Jesus geschehen ist, dann auch uns, auch uns. Habt keine Angst!“.

Andererseits „gab es auch zur Zeit Jesu Menschen mit gutem Willen“, die aber gedacht hätten, dass Gottes Weg ein anderer sei. Der Papst zitierte die Pharisäer, die Sadduzäer, die Essener, die Zeloten: „Alle hatten das Gesetz in der Hand“, aber sie hätten nicht immer die besten Wege genommen. Der Aufruf also sei der zu „Sanftmut des Gehorsams“.

Aus diesem Grund „geht das Volk Gottes immer in der Konkretheit voran“, jene Konkretheit der Liebe, des Glaubens und der Kirche. Und dies „ist der Sinn der Disziplin der Kirche: wenn die Disziplin von Kirche in einer solchen Konkretheit ist, hilft sie zu wachsen“ und vermeide so „Philosophien der Pharisäer oder Sadduzäer“.

Es sei Gott, so Franziskus abschließend, der „konkret geworden ist, geboren aus einer konkreten Frau, er hat ein konkretes Leben gelebt, er ist einen konkreten Tod gestorben und er fordert uns auf, die konkreten Brüder und Schwestern zu lieben, obwohl einige von ihnen nicht leicht zu lieben sind“.

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