New York Times: Papst hat nicht verstanden, worum es geht

16. Oktober 2018 in Weltkirche


Sein Lob für Kardinal Wuerl und das Verharmlosen seiner ‚Fehler’ würden zeigen, dass Franziskus nicht verstanden habe, welchen Schaden die Missbrauchskrise in der Kirche angerichtet habe, schreibt die Zeitung.


New York City/Vatikan (kath.net/jg)
Die Journalisten des Editorial Board der New York Times haben anlässlich des Briefes von Papst Franziskus an den zurückgetretenen Erzbischof von Washington D.C., Kardinal Donald Wuerl, den Umgang des Papstes mit der Missbrauchskrise kritisiert. (Siehe Link am Ende des Artikels)

Franziskus habe Wuerl dafür gelobt, zu vornehm zu sein um sich gegen die Vorwürfe gegen seine Person zu verteidigen. Diese Einschätzung zeige, dass der Papst nicht verstanden habe, worum es gehe, schreibt die New York Times.

Wuerl habe nicht so viel Schuld auf sich geladen wie andere Bischöfe. Er sei aber Teil einer „klerikalen Kultur“ gewesen, die pädophile Verbrechen hinter Euphemismen versteckt, unprofessionelle Untersuchungen und Evaluierungen von Priestern durchgeführt sowie Fälle sexuellen Missbrauchs vor den Pfarrgemeinden verborgen und diese nicht der Polizei angezeigt habe.

Wuerl ist nicht zuletzt durch den Bericht der Grand Jury des Bundesstaates Pennsylvania über sexuellen Missbrauch in den Diözesen des Bundesstaates in die Kritik geraten. Sein Name wird mehr als 200 Mal genannt. Ihm wird weiters vorgeworfen, die sexuelle Belästigung und den Missbrauch von Seminaristen seines Vorgängers als Erzbischof von Washington D.C., Theodore McCarrick, vertuscht zu haben. Wuerl hat stets geleugnet, von dem Fehlverhalten McCarricks gewusst zu haben.

Franziskus habe Wuerls Handlungen lediglich als „Fehler“ bezeichnet. Der Kardinal bleibe auch in der einflussreichen Bischofskongregation. Mit diesem Verhalten stärke der Papst den Eindruck, er habe – ähnlich wie zunächst in Chile – nicht verstanden, welchen außergewöhnlichen Schaden die Kleriker angerichtet hätten, die schamlos ihre Macht und das Vertrauen von Kindern und Erwachsenen missbraucht hätten. Der Bericht der Grand Jury von Pennsylvania zeige deutlich, dass es sich nicht um „unangebrachte Kontakte“ sondern brutale und wiederholte Vergewaltigungen Unschuldiger gehandelt habe, welche die Opfer für ihr Leben gezeichnet habe, kritisiert die New York Times.

Um das Vertrauen der Gläubigen und der Öffentlichkeit wieder zu gewinnen, müsse der Vatikan entschiedenere Schritte setzen. Der Papst müsse deutlich machen, dass die Art und Weise, in der sich sexueller Missbrauch in der Kirche ausbreiten konnte, überhaupt nichts „Vornehmes“ an sich habe, dass er nicht den kleinsten „Fehler“ im Umgang mit Missbrauchsfällen dulden werde und dass er der „verkommenen vatikanischen Kultur“, die das alles ermöglicht habe, ein Ende setzen werde, fordern die Journalisten.

Die Hauptaufgabe des Editorial Board der New York Times sind die Leitartikel, welche die Ansicht der Redaktion und der Herausgeber vertritt.


Link zum Artikel der Herausgeber der New York Times (englisch):

The Pope Ignores the Damage as Another Prelate Falls


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