Wie „Klerikalismus“ wirklich aussieht

20. Oktober 2018 in Kommentar


Wenn Priester ihre persönlichen theologischen Meinungen in ihre Predigten einfließen lassen, anstatt der traditionellen Lehre der Kirche zu folgen, dann handelt es sich um eine besonders säuerliche Form des Klerikalismus - Von Peter Kwasniewski


Rom (kath.net)
In letzter Zeit haben wir vom Papst und von seinen Mitarbeitern und Verbündeten, viel über die Gefahren des „Klerikalismus“ gehört. Sie versuchen das Gespräch von der Ursache der meisten Missbrauchsfälle (also die psychologische Erkrankung der Homosexualität) wegzulenken und die Schuld auf strukturelle und institutionelle Faktoren zu schieben und so können sie einen liberalen Diskurs über eine Kirche ins Spiel bringen, die in ihrer Lehre über die Sexualität, eine radikale Reformation benötigt (z.B. Priesterweihe von Frauen, das Zölibat der Priester, Regulierung der Scheidungen, Normalisierung von homosexuellen Beziehungen).

Bischof Felix Genn von Münster hat vor kurzem eine Bemerkung gemacht, die perfekt zu dieser Mentalität passt: „Vorkonziliare klerikale Typen möchte ich nicht und werde sie auch nicht weihen.” Die Sprache, die er hier verwendet, steht in Verbindung mit einem häufigen Thema in den Predigten von Papst Franziskus, nämlich dass die Kirche vor dem Konzil in 1.Klasse Christen (Priester) und 2.Klasse Christen (Laien) unterteilt war, und die Ersteren über die Zweiteren geherrscht haben; und dass das Phänomen des Traditionalismus heute von der gleichen falschen Ekklesiologie geprägt ist. In dieser Hinsicht zeigt er sich als perfekter Sohn der 70er Jahre, wo es modern war, dem Ausdruck „Volk Gottes“ ein Monopol zu gewähren, das einen quasi marxistischen, demokratischen, säkularisierten Sinn hatte.

Vor kurzem habe ich über all das nachgedacht, als ich beobachtet habe, wie die Menschen in meiner Pfarre (ein Oratorium des Instituts von Christus König, Hohepriester) mit dem Priester umgegangen sind, als er zur Messe eingezogen ist. Die Gläubigen haben sich bekreuzigt, als das Kreuz vorübergezogen ist, und sich dann zum Priester hin verneigt – nicht weil er ein bestimmter Mann ist, der Autorität über andere hat, sondern weil er Christus, den Hohepriester, repräsentiert, der der das eine, erlösende Opfer darbringt, welches uns alle mit ihm und untereinander vereint. Die Tatsache, dass der Priester mit einem Mantel und später mit einem Messgewand bekleidet ist, und am Altar nach Osten gewandt ist, zeigt sehr klar, dass er aktiv und voll Kraft für Christus steht. Er ist mit den Gewändern Seines Priestertums bekleidet und seine eigene Individualität ist verborgen und sein Amt verherrlicht. So ehren die Gläubigen ihren Herrn und nicht eine bloße Kreatur.

Doch wie schaut Klerikalismus nun wirklich aus? Ich möchte sechs Wege aufzeichnen, wodurch sich dieser in der katholischen Kirche heutzutage zeigt.

1. Wenn ein Priester entgegen einer fast 2000 Jahre alten, einhelligen Tradition in den apostolischen Kirchen im Osten und im Westen handelt, und während der Messe den Leuten zugewandt ist (versus populum). Hier kann er gar nicht anders, als sich als der Hauptdarsteller in der Liturgie aufzudrängen, welcher der passiven Kongregation gegenüber steht. Auf diesem Weg wird die Botschaft vermittelt (ob der Priester das nun beabsichtigt oder nicht), dass er im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht, und Moderator und sogar der Prüfer der versammelten Gläubigen ist. Wenn es jemals ein verlässliches Zeichen von Klerikalismus gegeben hat, dann ist es dieses. Wenn ein Priester jedoch nach Osten hin gewandt ist, dann ist die Aufmerksamkeit mehr auf den liturgischen Ritus, auf den Altar, das Kruzifix oder auf die Altarbilder, die den Altarraum schmücken, um an das höchste Opfer am Kalvarienberg zu erinnern, fixiert. Alles ist gemeinsam, alle schauen in dieselbe Richtung und bringen gemeinsam ein einziges Gebet dar. Das ist die Antithese von Klerikalismus und würde erklären, warum so viele Priester, die mit dem „Geist des 2. Vatikanischen Konzils“ durchdrungen sind, so vehement gegen die Wiederherstellung des Konzils sind.

2. Wenn ein Priester sagt, „nenn mich Pater Jimmy“, sich zwangslos gibt, viele Witze und Geschichten von der Kanzel erzählt und „nicht auf Zeremonien steht“, dann bewirbt er einen Kult der individuellen Persönlichkeit – den Jimmy-Kult – anstatt in Demut das Amt zu akzeptieren, das Gott ihm gegeben hat, oder seine Rolle in der Kirche als unpersönlichen Amtsträger des Herrn Jesus Christus, einer von Millionen, die Gott in der ganzen Geschichte verwendet hat. Ein gewisser Respekt oder eine gewisse Verehrung einem Priester gegenüber, ist tatsächlich ausschlaggebend, nicht nur für die Laien, sondern auch (und vielleicht vor allem) für den Priester, so dass dieser die Ernsthaftigkeit seiner verschiedenen Aufgaben in der Welt und in der Liturgie verstehen kann. Eine ungezwungene oder zwanglose Art und Weise die Liturgie zu feiern, die auf dem fehlenden lebendigen Glauben der Gläubigen an die wunderbare Heiligkeit der ehrwürdigen Mysterien ruht, ist ein schreckliches Übel des Klerikalismus, das unzählige Gläubige dazu führt, sich von Woche zu Woche weiter zusammenzukrümmen.

3. Andererseits, wenn Priester traditionelle priesterliche Aufgaben auf die Laien übertragen (z.B. außerordentliche Kommunionspender), dann fördern sie die falsche Sichtweise, dass der einzige wertvolle „Dienst“ eines Katholiken darin besteht, im Altarraum aktiv zu sein. Die wahre Rolle der Laien ist es nicht, als „Ersatz-Amtsträger“ herzuhalten, sondern die Welt außerhalb des Kirchengebäudes zu heiligen, so wie viele Päpste es gelehrt haben, und das 2.Vatikanische Konzil es wiederholt hat. Die Laien sind verantwortlich dafür, das Familienleben mit den strahlenden Wahrheiten des Glaubens zu durchdringen, sowie ihre Kultur und ihre Zivilgesellschaft. Diese Aufgabe ist nobel, unverzichtbar und lohnenswert. Die Rolle der Priester ist und war es immer, sich dem Gebet, der heiligen Liturgie, den Sakramenten und dem Predigen zu widmen. Wenn Priester zu gesellschaftlichen Aktivisten und Laien zu Mini-Priestern werden, dann ist alles durcheinander geworfen und wir verlieren die Schönheit des mystischen Leibes Christi, mit ihrer anmutigen, und hierarchischen Ordnung, die die Ränge der Engel und der Heiligen im himmlischen Jerusalem repräsentiert.

4. Wenn Priester, Bischöfe und sogar der Papst die berechtigten Ansprüche und Bedürfnisse der Gläubigen oder der ihnen untergeordneten Priester, ignorieren oder sogar verachten; wenn nur der Papst, nur seine Mitarbeiter, nur seine Verbündeten wissen, was für alle das Beste ist, ganz egal welche Ausbildung, Kompetenz oder Expertise diese haben, dann stehen wir vor einer anderen offenkundigen Form des Klerikalismus. Das kann man mit, „Mein Weg ist der einzige!“ beschreiben. Leider sehen wir das unentwegt in Laufe des Pontifikats von Papst Franziskus, der zu glauben scheint, dass es eine Tugend wäre, Kardinäle, Bischöfe, Priester und hunderttausende Laien zu ignorieren, wenn diese ihre (sehr nachvollziehbaren) Bedenken über einige seiner Lehren und Aktionen zum Ausdruck bringen. Wir sehen das auch in Pfarren, wo junge Kapläne, die Schönheit und Tradition wieder einführen möchten, von einem älteren Priester, der „es besser weiߓ, abgewürgt und handlungsunfähig gemacht werden. Der heilige Benedikt war weise genug zu erkennen, dass Gott „oft einem Jüngeren offenbart, was das Bessere ist”. (Regel des Hl. Benedikt, Kapitel 3)

5. Wenn Bischöfe oder Priester ihre persönlichen theologischen Meinungen in ihre Predigten und Schriften einfließen lassen, anstatt der allgemeinen und traditionellen Lehre der Kirche zu folgen, dann handelt es sich um eine besonders säuerliche Form des Klerikalismus.

Wenn der Papst ehrgeizige Männer als Bischöfe und Vertreter der Kurie ernennt, statt die großen reformierenden Päpste zu imitieren, die aufmerksame Klöster und Pfarren nach demütigen, heiligen und orthodoxen Kandidaten durchsucht haben, oder wenn Leute, die damit beauftragt sind Bischofskandidaten vorzuschlagen, in ihrem Dienst scheitern, dann lassen wir die Muskeln des Klerikalismus spielen, welche stärker wird, wenn die Ehrgeizigen erfolgreich werden. Es ist wie eine Krankheit, die sich selbst ernährt. Von der „St. Gallen Mafia“ angefangen, über den McCarrick Skandal, bis hin zum Vigano-Exposé, können wir sehen, dass diese Form des Klerikalismus heute in der Kirche gedeiht. Und ironischerweise sehen wir es am meisten in denen, die aus „Klerikalismus“ eine zusammenhanglose Notion gemacht haben und so eine Ablenkungsmauer geschaffen haben, hinter der sie sich verstecken.

Peter Kwasniewski ist ein Theologe und Philosph aus den USA, der unter anderem am Internationalen Theologischen Institut am ITI in Österreich unterricht hat und das Wyoming Catholic College in Lander mitgegründet hat. Er ist auch Autor von mehreren Büchern und Board Member des Aquinas Institute for the Study of Sacred Doctrine und Experte über den Heiligen Thomas von Aquin, über den er zahlreiche Artikel veröffentlicht hat.

Der Beitrag erschien ursprünglich bei LIFESITENEWS - COPYRIGHT der Übersetzung by kath.net.


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