Der barmherzige Samariter – das ganze Evangelium

8. Oktober 2018 in Aktuelles


Franziskus in Santa Marta: keine Angst haben, sich die Hände schmutzig zu machen. Wider ein Funktionärschristentum. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) Ernsthaft Christen sein, Christen, „die keine Angst haben, sich die Hände, das Gewand schmutzig zu machen, wenn sie sich dem Nächsten nähern, Christen, die offen sind für die Überraschungen Gottes und die wie Jesus 'für die anderen zahlen'“. „Wer ist mein Nächster?“: Papst Franziskus konzentrierte sich bei der heiligen Messe in der Kapelle des vatikanischen Gästehauses „Domus Sanctae Marthae“ am Montag der 27. Woche im Jahreskreis auf das Tagesevangelium vom barmherzigen Samariter (Lk 10, 25-37). Der Papst dachte über die sechs Personen des von Jesus dem Gesetzeslehrer erzählten Gleichnisses nach. Dieser habe Jesus auf die Probe stellen wollen uns so gefragt: „Wer ist mein Nächster? Der Papst erwähnte so die Räuber, den Verletzten, den Priester, den Leviten, den Samariter und den Wirt.

Die Räuber hätten den Mann „bis aufs Blut“ niedergeschlagen und halb tot liegen gelassen. Als der Priester den Verletzten gesehen habe, sei er vorübergegangen, ohne an seinen Auftrag zu denken. Er habe nur an die bevorstehende „Zeit für die Messe“ gedacht. Ebenso habe der Levit gehandelt, „ein Mann der Kultur und des Gesetzes“. Franziskus ermahnte dazu, über dieses „Vorübergehen“ nachzudenken, ein Begriff, der „heute in unser Herz eintreten muss“. Es handle sich um „zwei Funktionäre“, die im Einklang damit gesagt hätten: „es geht mich nichts an, dem Verletzen zu helfen“.

Wer dagegen nicht vorübergehe, sei der Samariter, „der ein Sünder war, ein vom Volk Israel Exkommunizierter“. Der größte Sünder „hatte Mitleid“. Vielleicht habe es sich um „einen Händler gehandelt, der auf Geschäftsreise war“, und dennoch:

„Er schaute nicht auf die Uhr, er dachte nicht an das Blut. ‚Er ging zu ihm hin’ – er stieg vom Esel herab – er goss Öl und Wein auf seine Wunden und verband sie’. Er machte sich die Hände schmutzig, er machte sich das Gewand schmutzig. ‚Dann hob er ihn auf sein eigenes Reittier, brachte ihn zu einer Herberge’, voller Schmutz... voller Blut... Und so musste er dort ankommen. ‚Und er sorgte für ihn’. Er sagte nicht: ‚Nun, den lasse ich jetzt hier, ruft die Ärzte, sie sollen kommen. Ich gehe jetzt weg, ich habe das Meinige getan’. Nein. ‚Er sorgte für ihn, als sagte er: ‚Jetzt gehörst du mir, nicht aus Gründen des Besitzes, sondern um dir zu dienen’. Dieser da – er war kein Funktionär. Er war ein Mann mit Herz, ein Mann offenen Herzens“.

Der Papst beschäftigte sich dann mit dem Wirt, der „völlig überrascht war“, als er einen „Fremden“ gesehen habe, einen „Heiden – so nennen wir ihn, denn er gehörte nicht zum Volk Israel“, der eingehalten habe, um dem Mann zu Hilfe zu eilen und dann zwei Denare zu bezahlen. Dabei habe er versprochen: „wenn du mehr für ihn brauchst, werde ich es dir bezahlen, wenn ich wiederkomme“. Im Wirt sei der Zweifel aufgestiegen, das Geschuldete nicht zu bekommen, „der Zweifel eines Mannes, der ein Zeugnis erlebt, eines Mannes, der wie der Samariter offen ist für die Überraschungen Gottes“:

„Beide waren keine Funktionäre. ‚Bist du ein Christ? Bist du eine Christin?’. ‚Ja, ja, ja, ich gehe jeden Sonntag zur Messe und versuche, das Rechte zu tun... weniger zu schwätzen, denn das Schwätzen gefällt mir immer, doch was den Rest betrifft, mache ich es gut’. Aber bist du offen? Bist du offen für die Überraschungen Gottes oder bist du ein christlicher Funktionär, der verschlossen ist? ‚Ich mach das, ich gehe am Sonntag zur Messe, zur Kommunion, zur Beichte einmal im Jahr, das, das... Bei mir ist alles in Ordnung’. Das sind die christlichen Funktionäre, Menschen, die nicht für die Überraschungen Gottes offen sind, Menschen, die viel von Gott wissen, aber Gott nicht begegnen. Menschen, die nie angesichts eines Zeugnisses von Staunen ergriffen werden. Im Gegenteil: sie sind unfähig, Zeugnis zu geben“.

Der Papst ermahnte also alle, „die Laien und die Hirten“, sich zu fragen, „ob wir Christen sind die offen sind für das, was der Herr uns alle Tage gibt, offen für die Überraschungen Gottes, der uns viele Male, wie dies beim barmherzigen Samariter der Fall war, in Schwierigkeiten bringt“. Oder „sind wir Christen als Funktionäre und tun das, was wir tun müssen, um uns dann in Ordnung zu fühlen, wobei wir dann in dieselben Regeln hineingezwängt werden“. Einige alte Theologen hätten gesagt, dass in diesem Abschnitt „das ganze Evangelium“ einbegriffen sei:

„Ein jeder von uns ist der Mann dort, der Verletzte, und Jesus ist der Samariter. Und er hat die Wunden geheilt. Er ist nahe gekommen. Er hat für uns gesorgt. Er hat für uns gezahlt. Er hat zu seiner Kirche gesagt: ‚Wenn es mehr braucht, dann zahl du, und ich werde zurückkommen und dann bezahlen’. Wohl gedacht: in diesem Abschnitt ist das ganze Evangelium“.

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