„Symbol“ Auferstehung: Religionslehrerin kritisiert Religionsschulbuch

5. Oktober 2018 in Kommentar


„Jetzt verstehe ich, warum unsere Kirchen immer leerer werden, Priesterseminare und Ordenshäuser keinen Nachwuchs mehr haben“ – „Liebe Glaubenshüter! Macht euren Job! Als kleine Religionslehrerin brauche ich Ihre Hilfe!“ Von Bischof Andreas Laun


Salzburg (kath.net) Eigentlich wollte ich zu dem nachfolgenden Text eine Einleitung schreiben? Aber warum, die Verfasserin hat die Frage so gut auf den Punkt gebracht, dass ich nicht sehe, was ich hinzufügen sollte. Außer, dass sie recht hat. Also lesen! - Die Religionslehrerin schreibt:

Ist die Auferstehung Christi ein historisches Ereignis oder ein historisch-faktisches Missverstehen?

Irgendetwas stimmt hier nicht. Bei der Vorbereitung auf den katholischen Religionsunterricht in der 11. Jahrgangsstufe stoße ich auf Folgendes (Quelle: Kaldewey, Rüdiger/ Niehl, Franz W.: Grundwissen Religion. Begleitbuch für Religionsunterricht und Studium, München, 2011)

S. 153: „Lange Zeit waren die Christen überzeugt, dass die Auferstehung Christi ein historisches Ereignis war, und viele glauben auch heute noch daran. Der Leichnam Jesu wäre demnach wieder lebendig geworden und Jesus wäre – verwandelt, aber sinnenfällig – seinen Jüngerinnen und Jüngern erschienen. – Christen, die das glauben, sehen in den Auferstehungsgeschichten des Neuen Testaments historisch zuverlässige Berichte, auf deren Wahrheit sie sich als Gläubige verlassen können.

Die wissenschaftliche Bibelauslegung bezweifelt dieses historisch-faktische Verständnis. Sie sieht in den Auferstehungsüberlieferungen Glaubenserzählungen, die man symbolisch verstehen sollte. Nach diesem symbolischen Verständnis bedeutet Auferstehung durchaus nicht, dass ein toter Körper wiederbelebt wird; vielmehr vertraut der Auferstehungsglaube darauf, dass der ermordete Jesus über seinen Tod hinaus gegenwärtig und wirksam bleibt.“

S. 154f: „Die Geschichte der Kirchen und die Kulturgeschichte des Abendlandes insgesamt dokumentieren, dass Auferstehung ein starkes und vielschichtiges Symbol ist. Seine Reichweite lässt sich nur dann halbwegs ermessen, wenn man mehrere Bedeutungsebenen bedenkt:
• Schon im Alten Testament (Ez37) wird die Metapher der Auferstehung geschichtlich verwendet:[ … ]Damit gewinnt der Glaube an Auferstehung eine politische Dimension.- […]
• Psychologisch gesehen kann Auferstehung jene Wachstumsprozesse bezeichnen, in denen bisherige Lebensformen absterben und neue Lebensmöglichkeiten sichtbar werden. […]
• […] sozialpsychologische Deutung[…]
• […] Kulturgeschichtliche Interpretation […]
Darüber hinaus aber gibt es einen Rahmen, der sich nur schwer abstecken lässt: Es ist der unbesiegbare Traum, dass dieses hinfällige Leben in einem Zusammenhang mündet, der größer ist als der Tod. Dass die Energien des Lebens die Mächte des Todes überwinden.

Vor diesem großen Horizont der Hoffnung entfaltet sich in der Geschichte des Abendlandes das Bild vom auferstandenen Christus: Als Held, der den Tod überwunden hat, wird er gepriesen. Er wird verehrt als Symbol der Hoffnung in Gottesdiensten, in Liedern und Chorälen, in Gebeten und Bildern. Und wenn im Frühjahr die winterlich-tote Natur wieder zum Leben erwacht, feiern Christen im Osterfest den Sieg des Lebens über den Tod.“

Jetzt habe ich eine Frage: Was soll ich meinen Schülern lehren?

Sorry, aber diese Darstellung des Auferstehungsglaubens entstammt doch der rationalistischen Philosophie. Das hat doch gar nichts mit dem Glauben und der Lehre der Katholischen Kirche zu tun – oder etwa doch?

Wenn das die offizielle kirchliche Lehre ist, dann will ich meine missio canonica zurückgeben.

Denn dieser vermeintliche Glaube hält vor meiner Vernunft nicht mehr stand. Jesu Auferstehung soll eine Metapher sein? Und für eine Metapher gaben die Märtyrer ihr Leben?

Dann handelt es sich also doch um eine Massenpsychose! Unter solchen Umständen müssen die 200 Millionen heute verfolgten Christen gewarnt werden: Achtung – ihr sitzt einem Irrtum auf! Werft euer Leben nicht weg! Es gibt keine tatsächliche Auferstehung! Das ist alles nicht so gemeint! Nur eine Symbolgeschichte! Ihr werdet doch nicht für eine Symbolgeschichte euren Kopf hinhalten. Besser ihr lebt im Gedenken an Mohammed, als dass ihr ewig tot bleibt für ein Gedenken an Jesus.

Ich stelle mit Paulus die Frage: „Wenn aber verkündet wird, dass Christus von den Toten auferweckt worden ist, wie können dann einige von euch sagen: Eine Auferstehung der Toten gibt es nicht?“ 1 Kor 15,12

Was jetzt: Auferstehung ja – oder nein? Was soll denn eine symbolische, metaphorische Auferstehung konkret sein? Ein Märchen. Eine fixe Idee. Eine Psychose. Ein Betrug?

„Wenn aber Christus nicht auferweckt worden ist, dann ist euer Glaube nutzlos und ihr seid immer noch in euren Sünden; und auch die in Christus Entschlafenen sind dann verloren“ 1 Kor 15,17f

Wenn es um die Verkündigung von Symbolgeschichten geht, ja wozu muss man dann von Glauben überhaupt reden? Was gibt es denn an Symbolen zu glauben? Dass damit mehr ausgedrückt werden soll, dass das Symbol auf etwas Größeres verweist? Und dieses Größere soll die Eigenschaft haben, nichtexistent, nichtreal zu sein? Dann verweist ja das Symbol ins Leere.

Hier klafft ein Widerspruch. Ein fataler Widerspruch. Ein Widerspruch auf Tod und Leben. Auf Sein oder Nichtsein.

Und jetzt verstehe ich auch, warum unsere Kirchen immer leerer werden und die Priesterseminare und Ordenshäuser keinen Nachwuchs mehr haben: Symbolgeschichten kann man sich auch daheim durchlesen oder es auch sein lassen. Das hat doch keine Relevanz für mein Leben. Für eine metaphorische Auferstehung verlasse ich doch nicht meine Komfortzone. Einem toten Jesus kann ich doch nicht mehr begegnen, geschweige denn ihm nachfolgen – außer in den sicheren Tod. Für eine solche Märchengestalt verändere ich doch nicht meine liebgewordenen Gewohnheiten, verzichte ich doch nicht auf Spaß, auf mein Geld, auf mein luxuriöses Leben und meinen Stolz. Und schon gleich gar nicht setze ich für eine nette, fiktive Erzählung mein Leben aufs Spiel.

Wenn das der unveränderte Glaube der Kirche sein soll, dann verstehe ich auch nicht mehr, warum die Christen über Jahrhunderte hinweg solch eine schwachsinnige Botschaft unter Einsatz ihres Lebens weitergegeben haben, es sei denn, ich gehe davon aus, dass diese vielen Menschen eben auch schwachsinnig waren. Wie kann man so töricht sein, und einer Gruppe von erschütterten Jüngern Glauben schenken, die partout nicht wahrhaben will, dass ihr Meister eben Pech hatte und als Unschuldiger einem Justizirrtum zum Opfer gefallen ist. Die sich dann einfach einbildeten, „was Jesus gelehrt und gewirkt hat, darf nicht annulliert werden durch seinen schändlichen und frühen Tod“ (Kaldewey S. 153) und die dann eine „Metapher auf[greifen], die aus dem Motivvorrat der altorientalischen Religionen stammt: Der Tote wird auferweckt vom Totenschlaf und erscheint den Lebenden“ (ebd.) Diese Gruppe von Jüngern führte demnach alle Gläubigen hinters Licht. Denn sie gaben etwas als real aus, was es in Wirklichkeit nicht sein soll. Ergo: Die Kirche wäre ein einziger Haufen von Schwachsinnigen oder Betrügern, je nach dem, auf welcher Seite der Einzelne stünde: Wer gewissenhaft die biblischen Texte abschrieb, übersetzte, überlieferte und sie verkündete, war ein Betrüger, so er um die tatsächlichen Zusammenhänge wusste, so er nichts wusste, war selbst ein Betrogener.

Im Ernst: Wenn das der wissenschaftliche Stand der kirchlichen Theologie sein soll, dann muss man als menschenfreundlicher Religionslehrer den Dienst quittieren. Dafür ist diese Lehre zu gefährlich. Sie brachte und bringt Menschen um ihren Besitz, hinter Gittern, in Flüchtlingslager, in Folterkammern und in den Tod. Und was diesen Menschen dafür geboten würde, wäre eine teilweise nette Märchenstunde, teilweise eine wirre Ansammlung paradoxer Erzählungen – also nichts. Und schon gar keine frohe Botschaft. Einfach Irrsinn.

Wenn ich glauben würde, dass der kirchliche Glaube auf solch einer Mär gründete, würde ich auf der Stelle Atheist werden, in die Giordano-Bruno-Stiftung eintreten und meine Berufung darin sehen, die Menschen vor diesem Irrsinn zu warnen. Ich würde mit allen Mitteln eine solch gemeingefährliche Institution wie die Kirche bekämpfen.

Jedoch glaube ich an die tatsächliche Auferstehung Christi. Und ich glaube, dass die katholische Kirche diesen Glauben treu bewahrte und auch heute noch verkündet. Nun frage ich mich also, ob ich das Recht habe, Schülern diesen Glauben auch so weiterzugeben.
Können Sie mir diese Frage beantworten?

Eine andere Frage bleibt ebenfalls: Sollten die Autoren Kaldewey und Niehl mit ihrer Darstellung der wissenschaftlichen Bibelauslegung zur Auferstehung nicht recht haben, warum lassen dann die Bischöfe als unsere Glaubenshüter zu, dass diese zerstörerischen Theorien in Religionsbüchern abgedruckt und verbreitet werden und so ein Maximum an Verwirrung in den Köpfen der Religionslehrer und deren Schüler anrichten? Wo bleibt denn da die Klugheit, wenn man sich den Ast absägen lässt, auf dem man sitzt?

Ist denn den Hirten nicht klar, dass wer die Auferstehung leugnet, den kompletten christlichen Glauben leugnet? Oder anders ausgedrückt: Wer die Auferstehung in die Märchenwelt verlegt, der macht den Glauben für einen aufgeklärten Menschen überflüssig? Oder noch anders ausgedrückt: Wer heute nicht den Glauben vor der Vernunft rechtfertigt, der hat morgen keine Kirchensteuer mehr?

Liebe Glaubenshüter! Macht euren Job! Der katholische Glaube ist in sich zutiefst vernünftig, sinnig, heils- und lebensrelevant, solange er intakt bleibt. Löst man nur einen kleinen Glaubenssatz daraus heraus, so zerfällt die ganze Vernunft des Glaubens und es bleibt am Ende nichts anderes übrig, als eine Kampfansage gegen die Institution Kirche. Als kleine Religionslehrerin brauche ich daher Ihre Hilfe!

Archivfoto Weihbischof Laun




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