"Nur klerikaler Machtmissbrauch?"

1. Oktober 2018 in Kommentar


„Weihbischof Marian Eleganti unter Beschuss. Er hat es gewagt, Missbrauch und Homosexualität in einen Zusammenhang zu bringen“. Gastbeitrag von P. Bernward Deneke/Schweizerisches Katholisches Sonntagsblatt


Chur (kath.net/Schweizerisches Katholisches Sonntagsblatt) Weihbischof Marian Eleganti unter Beschuss. Er hat es gewagt, Missbrauch und Homosexualität in einen Zusammenhang zu bringen: „Aber dieser Missbrauchskandal zeigt halt doch: Es hängt mit der Homosexualität zusammen.“ Aus dem Pennsylvania-Bericht gehe hervor, dass 90% der Fälle „in einem direkten Zusammenhang mit einer homosexuellen Veranlagung und Neigung stehen.“ Die Opfer seien vorwiegend nicht Kinder, sondern Heranwachsende und Seminaristen gewesen. Folglich: „Es wäre blind zu leugnen, dass wir da nicht ein Problem haben in der Kirche mit der Homosexualität, dass die Homosexualität da eine Rolle spielt.“ (EWTN-Interview vom 24.8.18)

Diese Aussagen haben ausgereicht, eine Meute herbeizurufen und auf den Bischof zu hetzen. Eine Meute, die leider nicht nur aus Gay-Lobbyisten und Vertretern antikirchlicher Medien, sondern auch aus Kirchenvertretern besteht. „Wir widersprechen und distanzieren uns deutlich von der Aussage von Weihbischof Marian Eleganti“, äusserte das Bistum St. Gallen am 27.8. auf Facebook. „Unerträglich“ sei es, „die Thematik der Übergriffe mit dem Thema der Homosexualität“ zu verbinden. Eleganti betreibe „das Gegenteil von seriösen Anstrengungen, künftig sexuelle Übergriffe zu verhindern und die geschehenen schlimmen Taten an Opfern aufzuarbeiten.“ Auch würden dadurch „homosexuelle Menschen in ihrer Würde" verletzt, und das sei „nicht akzeptabel“.

Krankheit und Klerikalismus?

Und welche Alternativ-Erklärung haben Elegantis Kritiker für die schrecklichen Vorgänge? Meistens die, dass die Taten nicht von homosexuellen, sondern von psychisch kranken Menschen begangen wurden. Das trifft sicher bei wirklich pädophilen Akten, d.h. bei sexuellen Vergehen an vorpubertären Kindern, zu. Nun wurden aber, wie der Weihbischof richtig bemerkt, die meisten Übergriffen nicht an Kindern vorgenommen, sondern an Heranwachsenden und jungen Männern. Laut dem John Jay Report betreffen immerhin 81 Prozent männliche Opfer zwischen 12-17 Jahren. Es geht also um „Ephebophilie“ (sexuelle Neigung zu männlichen Jugendlichen) und um gewöhnliche Homosexualität.

Bleibt eine andere, oft vorgetragene Erklärung, die ohne die Komponente „Homosexualität“ auszukommen scheint: Das Problem, heisst es, sei nicht Homosexualität, sondern „Klerikalismus“; Klerikalismus im Sinne einer für Kleriker spezifischen Machtausübung gegenüber Untergebenen. So hätten Geistliche ihre Stellung gegenüber jungen Menschen gewissenlos ausgenutzt und sie in ihre Abhängigkeit gebracht.

Weihbischof Eleganti ist auf die These eingegangen (kath.ch-Interview vom 28.8). Er stimmt ihr teilweise zu: „Macht und Prestige schaffen einen Vertrauensbonus, der für sexuelle Verhältnisse ausgenutzt wird. Ebenso sind sie hilfreich, letztere zu vertuschen, mit Einfluss, Beziehungen und Geld sich aus der Affäre zu ziehen oder sich in der Öffentlichkeit möglichst schadlos zu halten. Das ist doch auch in der Politik so und überhaupt im gesellschaftlichen Leben.“

Nicht Rauch und Feuer verwechseln!

Doch reicht das zur Erklärung der geschehenen Übergriffe nicht aus: „Man sollte aber nicht Rauch und Feuer in der Frage nach der Erstursache verwechseln. Dahinter stehen natürlich Interessen. Die Sexualität in dieser Frage auszuklammern und alles als eine Frage des Machtmissbrauchs beziehungsweise Klerikalismus darzustellen, ist wieder eine Vertuschung.“ Ja, es sei „ideologisch und interessengeleitet“, wenn behauptet wird, „es gehe hier vor allem um das Ausleben klerikalistischer Macht und nicht auch um sexuelle Bedürfnisse und Affektivität ist. Beides trifft zu: Machtmissbrauch (Klerikalismus) und sexuelle und affektive Bedürfnisse.“

Man darf dem Weihbischof für seine mutigen, unerschrockenen Worte dankbar sein. Sie sind wie Flutlichter inmitten vieler Nebelkerzen. Anstatt abzulenken und zu verharmlosen, legen sie die Wunde offen: „Es hängt mit der Homosexualität zusammen.“ Der heilige Apostel Paulus hätte nicht anders diagnostiziert (vgl. Röm 1,26f.; 1 Kor 6,9f.; 1 Tim 1,10). Wir aber, jeder von uns, sind zu Gebet und Opfer aufgerufen, denn: „Allein den Betern kann es noch gelingen,/ Das Schwert ob unsern Häuptern aufzuhalten/ Und diese Welt den richtenden Gewalten/ Durch ein geheiligt Leben abzuringen.“ (Reinhold Schneider)

EWTN - Schweizer Weihbischof und früherer SBK-Jugendbischof Marian Eleganti über den Missbrauch in der kath. Kirche: Manchmal muss eine Wunde platzen!



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