Einer von beiden lügt: entweder Cruz oder der Papst?

3. September 2018 in Aktuelles


Exklusiv auf kath.net in deutscher Sprache - Das Zeugnis von Carlo Maria Viganò, Apostolischer Nuntius - Papst Franziskus trifft Kim Davis ganz privat: was wirklich passierte! COPYRIGHT der Übersetzung by KATH.NET (!)


Rom (kath.net)
Am 28. August 2018 veröffentlichte die New York Times Teile einer mutmaßlichen Unterhaltung zwischen Papst Franziskus und Juan Carlos Cruz, dem bekanntesten Opfer von sexuellem Missbrauch von Pater Karadima und Bischof Barros.
Unerklärlicherweise soll der Papst in seinem Gespräch mit Cruz, mit ihm über sein Treffen mit Kim Davis, während seines Besuches in Washington am 24. September 2015, gesprochen haben und behauptet haben, dass er vor dem Treffen nichts vom Fall Davis wusste.

Nachdem ich nun mit dem Bericht von der Aussage des Papstes konfrontiert wurde, fühle ich mich dazu verpflichtet die Ereignisse so zu schildern, wie sie sich wirklich zugetragen haben.

Am Ende des Abendessens am Abend des 23. Septembers 2015 in der Nuntiatur in Washington habe ich den Papst gebeten mir eine halbe Stunde seiner Zeit zu gewähren, da ich ihn über eine delikate und doch leicht zu verwirklichende Initiative meinerseits in Kenntnis setzen, und um seine mögliche Zustimmung bitten wollte. Es ging um ein persönliches und gänzlich vertrauliches Treffen, außerhalb der Medienaufmerksamkeit, mit Kim Davis, einer Angestellten im Rowan County in Kentucky, die als erste amerikanische Staatsbürgerin verurteilt und für eine Woche ins Gefängnis geworfen wurde, weil sie ihr Recht auf Verweigerung aus Gewissensgründen ausgeübt hatte.

Am Beginn unseres Treffens am Abend des 23. Septembers, habe ich dem Papst eine ein-Seiten-lange Zusammenfassung über den Fall Davis überreicht (liegt diesem Dokument bei). Der Papst schien sofort für eine solche Initiative zu sein, fügte jedoch hinzu, dass ein solches Treffen politische Auswirkungen habe, und meinte: „Ich verstehe von diesen Dingen nichts, es wäre also gut, wenn du Kardinal Parolins Meinung dazu anhörst.“

Da es bereits 21:30 am Abend war, begab ich mich persönlich, in Begleitung von zwei Ratgebern der Nuntiatur (einem Italiener und einem Litauer) in das nahe Hotel, in dem die Begleiter des Papstes untergebracht waren. Ich hatte mein Kommen im Voraus telefonisch angekündigt und so erwartete mich Seine Exzellenz Erzbischof Angelo Becciu (Stellvertreter des Staatssekretärs) und Seine Exzellenz Erzbischof Paul Gallagher (Sekretär für die Beziehungen mit den Staaten und Leiter der Abteilung für Politik im Staatssekretariat) bereits in der Hotellobby.

Sie teilten mir sofort mit, dass sich Kardinal Parolin schon in sein Zimmer zurückgezogen hatte und dass sie es nicht für angebracht hielten, ihn zu stören, da sie ihn genauso gut am nächsten Morgen über unser Treffen in Kenntnis setzen könnten.

So haben wir uns also dann in einem kleinen Raum im Hotel getroffen. Wie schon gesagt, wir waren zu fünft. Ich gab den Anwesenden die gleiche Zusammenfassung, die ich auch dem Papst gegeben hatte, legte ihnen den Inhalt dar und erklärte die Gründe für meinen Besuch, der auf Wunsch des Papstes stattfand.

Nachdem Erzbischof Becciu den Fall abgewogen hatte, war er sofort dafür, dass der Papst Davis in einem privaten Treffen empfangen sollte, bevor er von Washington nach New York aufbrach.

Erzbischof Gallagher unterstützte zwar die Idee, da es wichtig sei, das Recht auf Verweigerung aus Gewissensgründen zu verteidigen. Doch er meinte, es wäre angebracht zu überprüfen, ob es vom rechtlichen Standpunkt her Einwände gäbe, die gegen ein solches Treffen sprechen würden. Da ging es darum ob das Gerichtsverfahren gegen Davis bereits abgeschlossen oder noch offen war. Daher habe ich ihn mit dem Kanonisten der Nuntiatur am Telefon sprechen lassen, der vor seiner Priesterweihe Richter in einem amerikanischen Militärgericht und auch Professor für Kirchrecht gewesen war. Nach dem Gespräch mit dem Kanonisten um die Dinge klar zu stellen (dieser sagte, dass es keine verfahrensrechtlichen Hindernisse gäbe), war Bischof Gallagher vorbehaltlos dafür, dass der Papst Davis empfangen sollte.

Am nächsten Morgen, nach der Messe, die der Papst mit uns in der Nuntiatur konzelebrierte, habe ich den Papst über die positive Haltung seiner zwei Hauptmitarbeiter unterrichtet, die dann auch Kardinal Parolin über unser Treffen informiert hatten. Daraufhin hat der Papst sein Einverständnis gegeben und ich habe das Kommen Davis in die Nuntiatur organisiert, ohne dass es irgendjemand merken würde und sie in einen abgetrennten Raum gebracht.

Alles war sehr einfach, da Davis sich bereits in Washington aufhielt. Ihr war vom „Family Research Council (FRC)“ ein „Discipleship Award“ (Jüngerschafts-Auszeichnung) verliehen worden.

Bevor das Treffen stattfand, habe ich den Fotografen des Osservatore Romano darauf aufmerksam gemacht, dass er keine Fotos des Treffens ohne Erlaubnis seiner Vorgesetzten veröffentlichen dürfe. Er hat diese Anordnungen natürlich befolgt, hat jedoch eine Vielzahl von Fotos geschossen, die nie veröffentlicht wurden. Diese werden zurzeit im Fotoarchiv des Osservatore Romano aufbewahrt. Ich habe auch von Davis im Vorhinein verlangt, dass sie mir verspricht keine Meldungen an die Presse weiterzugeben, bis der Papst von seinem Pastoralbesuch in den USA wieder nach Rom zurückgekehrt sei. Davis hat sich gewissenhaft an ihr Versprechen gehalten.

Am frühen Nachmittag des 24. September hat der Papst wie geplant, bevor er nach New York aufgebrochen ist, das Sprechzimmer betreten, in dem Davis und ihr Ehemann auf ihn warteten. Er hat sie herzlich begrüßt, ihr für ihren Mut gedankt und sie aufgefordert weiter durchzuhalten. Davis war sehr gerührt und hat zu weinen begonnen. Danach wurde sie von einem päpstlichen Beamten, begleitet von einem amerikanischen Monsignore und einem Angestellten der Nuntiatur, wieder in ihr Hotel zurückgefahren.

Nachdem der Papst vom Weltfamilientreffen in Philadelphia wieder nach Rom zurückgekehrt war, wurden die Neuigkeiten des Treffens mit Davis in der Presse veröffentlicht. Eine Lawine an Telefonanrufen, Faxen und Emails überschwemmte die Nuntiatur in Washington und die Pressestelle des Vatikans. Viele davon waren Beleidigungen und Proteste, viele davon waren aber auch zugunsten des Treffens des Papstes mit Davis.

In einem Artikel vom 30. September berichtete die New York Times, dass „offizielle Stellen im Vatikan zuerst nicht einräumen wollten, dass das Treffen stattfand, dieses dann jedoch am Mittwoch Nachmittag bestätigt wurde, man jedoch über keine Details sprechen wollte“.

Die Pressestelle des Vatikans hat dann eine Erklärung abgegeben (ohne, dass die Verantwortlichen im Staatssekretariat mich jemals konsultiert hätten) und gesagt, dass der Papst Davis nie in einer Privataudienz empfangen habe und dass er sie höchstens mit vielen anderen Leuten vor seiner Abreise nach New York begrüßt habe.

Pater Rosica und Pater Lombardi haben diesen Lügen noch eins draufgesetzt und wurden am 2. Oktober 2015 in der New York Times wie folgt zitiert: „Aber der Erw. Thomas Rosica, Pressesprecher des Vatikans, hat am Freitag erklärt, dass die Administration von Viganò Frau Davis eingeladen habe und dass der Papst wahrscheinlich über ihren Fall nicht informiert wurde. Und der Erw. Frederico Lombardi, der Hauptpressesprecher des Vatikans, hat das Treffen als eine kurze Begegnung inmitten von vielen anderen beschrieben.“

So sieht also die Durchsichtigkeit des Heiligen Stuhls unter Papst Franziskus aus!

Am nächsten Morgen um ca 6:00 in der Früh in Washington (ich erinnere mich gut daran, da ich gerade die Kapelle in der Nuntiatur betreten hatte) empfing ich einen hektischen Anruf von Kardinal Parolin, der zu mir sagte: „Du musst sofort nach Rom kommen, denn der Papst ist sehr wütend auf dich!“

Ich bin so schnell wie möglich abgereist und wurde am Abend des 9.Oktobers um ca 19:00, nach dem Abschluss einer der Nachmittagssitzungen der zweiten Familiensynode, vom Papst im Domus Sanctae Marthae empfangen.
Der Papst hat sich fast eine Stunde lang für mich Zeit genommen und war sehr herzlich und väterlich. Er hat sich sofort bei mir für die Unannehmlichkeiten meiner Romreise entschuldigt und mich mit großem Lob für die Organisation seiner USA Reise und den unglaublichen Empfang den er in Amerika bekommen hatte, überhäuft. So einen Empfang hätte er sich nie erwartet.

Zu meiner großen Überraschung hat der Papst während dieses langen Treffens nicht ein einziges Mal seine Audienz mit Davis erwähnt!
Sobald meine Audienz mit dem Papst vorbei war, habe ich sofort Kardinal Parolin angerufen und zu ihm gesagt: „Der Papst war so gut zu mir. Nicht ein einziger Vorwurf, nur Lob für den Erfolg seiner USA Reise.“ Daraufhin hat Kardinal Parolin geantwortet: „Das ist nicht möglich, denn mir gegenüber war er sehr wütend auf dich!“
Das ist eine Zusammenfassung der Ereignisse.

Ich habe am Anfang gesagt, dass die New York Times am 28. August ein Interview mit Juan Carlos Cruz veröffentlicht hat. Darin erzählt Cruz, dass der Papst mit ihm, während eines Zusammentreffens im April 2018, über den Fall Davis gesprochen habe. Laut Cruz habe der Papst gesagt: „Ich wusste gar nicht wer die Frau war und er (Msgr. Viganò) hat sie hineingeschmuggelt um mich zu begrüßen. Und natürlich wurde ganz viel Publicity damit gemacht. Ich war entsetzt und haben diesen Nuntio gefeuert!“

Einer von beiden lügt: entweder Cruz oder der Papst? Eines ist sicher: der Papst wusste sehr gut, wer Davis war und er und seine engsten Mitarbeiter haben der Privataudienz zugestimmt.

Journalisten können das nachprüfen, indem sie die Prelaten Becciu, Gallagher und Parolin, sowie auch den Papst selbst, danach fragen.

Auf alle Fälle ist es klar, dass Papst Franziskus die Privataudienz mit der ersten amerikanischen Staatsbürgerin, die für Einwände aufgrund ihres Gewissens verurteilt und eingesperrt wurde, verbergen wollte.

+ Carlo Maria Viganò
Titular-Erzbischof di Ulpiana
Apostolischer Nunitio
am 30. August 2018
Fest der Heiligen Jeanne Jugan und des Seligen Alfredo Ildefonso Schuster

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