„Papst reagiert aggressiv-pampig auf Nachfragen der Journalisten“

29. August 2018 in Kommentar


Offener Brief des „Papsttreuen Blogs“ an seine Leser: „Vor der Papsttreue kommt die Kirchentreue, die mit der Treue zu Christus einhergeht.“ Gastkommentar von Felix Honekamp


Dormagen (kath.net/„Papsttreuer Blog“) Liebe Leserinnen und Leser des PAPSTTREUENBLOGs, statt eines üblichen Blogbeitrags schreibe ich heute so etwas wie einen Offenen Brief an Sie. Der Hintergrund ist einerseits der neuerliche Missbrauchsskandal in den USA; hierzu hatte ich in meinen jüngsten Beiträgen mehrfach etwas geschrieben. Genauso wesentlich wie die erschreckenden Taten selbst sind aber die dabei zutage getretenen Hintergründe zu – man muss es wohl so nennen – konzertierten Vertuschungen und bewussten Unterstützungen und Förderungen von Beteiligten. Wenn auch hier auf dem Blog kommentiert wird, dass man sich Gedanken darüber machen muss, was mit der katholischen Kirche eigentlich von der (weltlichen) Basis her nicht stimmt, dann kann ich dem nicht widersprechen.

Ich kenne zu viele wunderbare Priester, als dass ich glauben könnte, dass die Kirche an sich nicht mehr die Kirche Jesu Christi sein könnte. Gerade erst am Wochenende war ich Teilnehmer eines Ehetags, bei dem ein Priester der krisengestählten Legionäre Christie wunderbare Worte zu Liebe, Ehe, Elternschaft und auch zur Berufung zu Ehe oder eben Priesterschaft fand. Ich kann auch jedem Priester nur vor den Kopf gucken, aber mir fehlt die Phantasie, dass es sich bei ihnen um – wie amerikanische Medien es zwischenzeitlich nennen – „predator priests“ (Raubtier-Priester) handeln könnte. Andererseits: Das haben wohl die meisten Gläubigen und Schützlinge auch über Täter-Priester und ihre Unterstützer gedacht. Der Teufel leistet derzeit Überstunden, in denen er nicht nur die verständliche Wut auf die Täter am Kochen hält sondern auch den Zweifel an Priestern und der Kirche als Ganzes säht.

Und in dieser Situation gerät Papst Franziskus in den Fokus: Was hat er über Kardinal McCarrick bereits frühzeitig gewusst? Hat er ihn tatsächlich von den von Papst Benedikt ausgesprochenen Beschränkungen befreit und ihn und weitere Täter gefördert? Gegen besseres Wissen? Wer in diesen Tagen die Berichterstattung auf kath.net liest – eine Seite die sich trotz gegenteiliger Kommentare der Leserschaft in der Vergangenheit oft hinter Papst Franziskus gestellt hat, und der ich darum das eigene Ringen um die Wahrheit in dieser Sache abnehme – kann den Eindruck gewinnen, dass auch Franziskus in dieser Sache kein reines Gewissen hat. Zu diesem Schluss tragen auch Reaktionen des Papstes bei, die man nur als „pampig“ bezeichnen kann, wenn er Kommentare zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen ablehnt: „Ich werde kein einziges Wort dazu sagen!“ ist eine Antwort, die dem Amt, vor allem mit Blick auf den dramatischen Hintergrund, unwürdig ist.

Sagen wir es mal – unter uns – ganz offen: Papst Franziskus hat zu vielen Themen eine Meinung, oft sind das Meinungen, an denen ich mich reiben muss, und nimmt viele Möglichkeiten wahr, diese auch zu verbreiten. Gerade eben hat er Eltern vorgeschlagen, ihre Kinder in eine Therapie beim Psychiater zu schicken, wenn sie homosexuelle Tendenzen zeigten (siehe hier den kurzen Bericht auf kath.net) – eine Aussage, die ich in ihrer Pauschalität bei aller Kenntnis der Bewertung der Homosexualität und bei aller Kritik an entsprechenden Lobby-Gruppen nur ablehnen kann. Man kann an dieser Aussage auch viel interpretieren, aber es wird klar, dass der Papst keine Hemmungen hat, sich zu jedem nur erdenklichen Thema zu äußern, mehr oder weniger qualifiziert.

Und dieser Papst ist nicht in der Lage, die rechten Worte im Angesicht des Missbrauchsskandals und der gegen ihn erhobenen Vorwürfe zu finden? Dieser Papst weigert sich, sich dazu zu äußern und reagiert aggressiv-pampig auf Nachfragen der Journalisten?

Liebe Leserinnen und Leser, ich habe kürzlich bei Facebook geschrieben, dass ich den gegen Franziskus vorgebrachten Anschuldigungen nicht glauben will … dass es aber gerade dieses „nicht glauben wollen“ ist, das einen Missbrauchsskandal wie den in den USA in seinen Dimensionen erst möglich macht. Klerikalismus, wie ihn der Papst verurteilt – auch ein Begriff, der viele Interpretationen zulässt – zeigt sich auch darin, in einem Papst einen Heiligen sehen zu wollen (!), der über alle Zweifel erhaben ist. Diesem Klerikalismus will und kann ich nicht anhängen: Ich habe Zweifel am Papst, an seinen Aussagen, an seiner Rechtschaffenheit. Ich habe Zweifel an seinem guten Willen, die Kirche als Ganzes durch die Zeit zu führen ohne eine eigene Agenda zu verfolgen.

Ich bin der Meinung, dass Sie, liebe Leserinnen und Leser, das wissen sollten, die Sie diesem Blog freundschaftlich und oft auch vertrauensvoll verbunden sind:

Ich habe keinen Zweifel an der Kirche, ich habe keinen Zweifel an ihrer Heiligkeit, ich habe keinen Zweifel an ihrer Lehre. Ich habe auch keinen Zweifel, dass nicht nur die meisten, sondern fast alle ihrer Hirten sich als solche erweisen und sich vielleicht in den kommenden Wochen noch besonders als solche erweisen werden. Es gibt für mich darum keinen Grund – auch das fragen sich manche in diesen Tagen – dieser Kirche den Rücken zuzukehren.

Aber ich sehe, dass es in der Kirche getarnte Wölfe gibt, die sich erfolgreich als Hirten ausgegeben haben. Ich sehe, dass diese Wölfe Unterstützer haben – die sie entweder direkt fördern oder durch ihr Schweigen dazu beitragen, dass diese Wölfe weiter die Schafe der Kirche reißen und die Kirche mit deren Leid beschmutzen.

Und ich befürchte – nicht: ich weiß –, dass zu Letzteren auch der Papst gehört. Und so lange er sich so verhält, wie er es derzeit tut, habe ich nicht die Energie, den Willen und das Gewissen, ihn zu verteidigen.

Ich hoffe und bete, dass ich mit alldem falsch liege und ich in ein paar Wochen Abbitte leisten muss. Ich schreibe diesen offenen Brief auch nicht, um den Papst anzuklagen (obwohl sich die eine oder andere Stelle so lesen mag), sondern um Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, deutlich zu machen, wo ich stehe, was mich umtreibt und wie Sie meine Beiträge in Zukunft interpretieren können. Vielleicht wird sich der eine oder andere abwenden, wenn der PAPSTTREUE sich plötzlich als nicht mehr ganz so papsttreu erweist. Vor der Papsttreue (den Begriff habe ich zu Beginn meiner Bloggerei als Antwort auf die immer wieder erhobene Kritik an Papst Benedikt XVI. gewählt) kommt aber die Kirchentreue, die mit der Treue zu Christus einhergeht. Ihm treu zu sein erweist sich oft als schwierig – ich bin alles andere als ein Heiliger. Aber trotzdem gilt ihm meine Liebe und meine Loyalität, nicht einer menschlichen Person, die ihn vertreten soll.

Beten wir gemeinsam für die Kirche, für den Papst, für die Priester, in diesen Tagen vor allem für die Opfer der Täter-Priester, aber auch für uns, dass der Heilige Geist uns alle durch diese Stürme näher zu Christus führen wird.

Gottes Segen für Sie und für uns alle,
Ihr Felix Honekamp

Archivbild: Ein Unwetter mit Starkregen über Petersdom und Vatikan



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