"33-Tage-Papst": Vor 40 Jahren wurde Johannes Paul I. gewählt

24. August 2018 in Chronik


Er regierte nur 33 Tage: Und doch ist der "lächelnde Papst" vielen Menschen bis heute im Gedächtnis - Der plötzliche Tod Albino Lucianis war ein Schock und Mordgerüchte machten die Runde - Von Thomas Jansen und Burkhard Jürgens


Vatikanstadt (kath.net/KAP) Es war eine der kürzesten Amtszeiten der Papstgeschichte: Nur 33 Tage nach seiner am 26. August 1978 erfolgten Wahl zum Pontifex starb Johannes Paul I. Dennoch oder vielleicht gerade deswegen beschäftigt Albino Luciani auch heute noch die Gemüter.

Johannes Paul I. war der erste Papst, der einen Doppelnamen wählte. Auch sonst brach er mit vatikanischen Gepflogenheiten. Bislang sagten Päpste, wie bei Monarchen üblich, "Wir", wenn sie von sich sprachen. Johannes Paul I. sagte "Ich". Den tragbaren Papstthron benutzte er nur widerstrebend auf Drängen der Kurie. Auch für die Schweizergarde wurde das Leben bequemer: Der bis dahin verpflichtende Kniefall in Anwesenheit des Papstes entfiel.

Luciani stammte aus armen Verhältnissen. Sein Vater war Saisonarbeiter in Frankreich, Deutschland oder Österreich und kaum zu Hause. Sein Elternhaus im norditalienischen Forno di Canale, wo er im Oktober 1912 zur Welt kam und mit drei Geschwistern und zwei Stiefschwestern aufwuchs, erinnert an "Don Camillo und Peppone": der Vater Mitglied der antiklerikalen Sozialisten, die Mutter strenggläubig.

Trotz der seit Kindertagen angeschlagenen Gesundheit machte Luciani, der am liebsten Dorfpfarrer geblieben wäre, Kirchenkarriere. 1958 wurde er Bischof der Provinzstadt Vittorio Veneto, zwölf Jahre später Patriarch im großen Venedig. Noch im Juli 1978 sagte er in einer Predigt, es sei ein Fehler gewesen, dass Papst Paul VI. ihn dazu berufen habe. Wenige Wochen später wählten ihn die Kardinäle gar zu dessen Nachfolger.

Ein theologischer Sturmgeist war Johannes Paul I. nicht. Er stand fest in der Tradition seiner Vorgänger. Wie er als Papst wirklich dachte, dafür geben 33 Tage Amtszeit wenig her. Für Spekulationen umso mehr. Sein früher Tod ließ Mutmaßungen ins Kraut schießen.

Unbekannte Details zum frühen Tod

Am 29. September 1978 schob Schwester Vincenza Taffarel um 4.30 Uhr früh wie gewöhnlich eine Kanne Kaffee ins Arbeitszimmer - und klopfte an der Schlafzimmertür. Als abermaliges Klopfen ohne Antwort blieb, öffnete sie und fand den Papst reglos im Bett sitzen. Er hatte seine Brille auf, der Kopf hing leicht zur Seite. In seinen Händen hielt er einige Blätter; die Leselampe brannte. Herzversagen, so die Diagnose des Leibarztes Renato Buzzonetti. Als Todeszeitpunkt nahm er 23 Uhr der vorangegangenen Nacht an.

Erst kürzlich wurden bislang unbekannte Details zum Tod Lucianis veröffentlicht. Demnach klagte der Papst wenige Stunden vor seinem Tod über starke Schmerzen im oberen Brustbereich, wollte aber keinen Arzt rufen lassen. Dies stützt die offizielle Darstellung über einen Herzinfarkt. Im Bericht von Leibarzt Buzzonetti für das vatikanische Staatssekretariat soll sich eine entsprechende Notiz über die Schmerzattacke befinden, die Johannes Paul I. im Beisein seines Sekretärs John Magee erlitten habe.

Infopannen nähren Spekulationen

Bald wurden allerdings Stimmen laut, die an einem natürlichen Tod zweifelten. Die Kurie habe den zu Reformen entschlossenen Papst beiseite schaffen wollen. Genährt wurden solche Spekulationen durch Informationspannen des Vatikan. So verheimlichte die offizielle Verlautbarung, dass Schwester Vincenza den toten Papst fand - offenbar weil diese Vorstellung nicht opportun erschien. Und statt eines Redeskripts sollte der Papst zur Todesstunde angeblich das Buch "Die Nachfolge Christi" gelesen haben.

Dieser Legende setzte der britische Autor David Yallop 1984 einen Thriller entgegen: "Im Namen Gottes?" Seine These: Johannes Paul I. starb durch vergiftete Medikamente. Hinter dem Mord sollen Machenschaften der Vatikanbank, der Mafia und der geheimnisvollen Loge "P 2" gestanden haben. Das Buch erreichte eine Auflage von über sechs Millionen Exemplaren in 40 Sprachen.

Auf dem Weg zur Seligsprechung

Seriöse Historiker mochten Yallop allerdings nicht folgen. Vieles spricht dafür, dass Lucianis Konstitution den Herausforderungen des Amtes einfach nicht gewachsen war. Einer seiner Privatsekretäre sagte es so: "Er ist zusammengebrochen unter einer Bürde, die zu groß war für seine schmalen Schultern - und unter der Last seiner unermesslichen Einsamkeit."

Papst Franziskus sprach dem "33-Tage-Papst" im November 2017 den "heroischen Tugendgrad" zu. Damit wäre der Weg zur Seligsprechung offiziell frei. Allerdings muss noch ein Wunder auf seine Fürsprache hin bestätigt werden. Doch auch das scheint auf dem Weg.

Archivaufnahmen von Papst Johannes Paul I.


Copyright 2018 Katholische Presseagentur KATHPRESS, Wien, Österreich
Alle Rechte vorbehalten


© 2018 www.kath.net