Aber Jesus ist es dann, der sofort kommt

29. Juni 2018 in Kommentar


Lasst Euch nicht irre machen von den bad news innerhalb der Kirche! - Wir brauchen diese Kapitulation vor dem Kreuz, im Blick darauf, wer wir sind, und wer Gott ist - BeneDicta am Freitag von Linda Noé


Linz (kath.net/ln)
„Und, aus welcher Gemeinde bist du?“ fragt mich die Frau lächelnd, mit der ich soeben im Salzburger Kongress nach einem Gebetsabend bei der sogenannten Holy Spirit Night ins Gespräch gekommen bin. Innerlich beginne ich bereits breit zu grinsen und antworte fröhlich:
„Ich gehöre zur Katholikenbande!“ Sie zuckt kaum merklich mit der Wimper, aber gehört wohl nicht nur aufgrund der Generation, zu den älter Eingesessenen, die sich kurz innerlich sortieren müssen, bevor sie sickern lassen können, dass auch ein Katholik ein, in ihrem Sinne, wiedergeborener Christ sein kann, der mit dem Heiligen Geist betet. „...das macht gar nichts..!“ lächelt sie liebenswürdig, worauf ich jetzt wirklich von Herzen laut zu lachen beginne. Nein, das macht nichts, das ist gut!! Wir plaudern noch ein wenig und verabschieden uns freundlich.

Als ich Jesus durch die Muttergottes und die Eucharistie vor vielen Jahren kennen gelernt habe, hätte ich freilich über so eine Reaktion nur mit völligem Unverständnis und wohl auch mit gewissem Ärger den Kopf geschüttelt. Ja, was soll ich sagen - ich weiß, warum ich katholisch bin und bleibe, das muss ich an dieser Stelle nicht erläutern, aber, und das muss ich ganz deutlich sagen, habe ich inzwischen mehr von Jesus durch die freichristlichen Geschwister geschenkt bekommen, als ich es mir je erträumen hätte können.

Und es gibt auch hier wieder viele schöne Begegnungen an diesen zwei Tagen im Salzburger Kongress, die die Loretto Gemeinschaft zusammen mit elf freichristlichen Gemeinden organisiert hat. Eine tiefe Freude empfinde ich über diese Aufbrüche und die Menschen, die mit so viel konkreter Liebe und Wertschätzung zueinander, aber auch klar in ihrer eigenen Identität, zusammen arbeiten.

Ich habe es an dieser Stelle schon einmal anklingen lassen, dass ich, als ich zum Glauben an Jesus gefunden habe, der Meinung war, dass Christen immer und deutlich erkennbar die besseren Menschen sein müssen. Eine Ansicht, die nun ja sehr bald erschüttert wurde, je mehr Christen ich kennen lernte. Gerade die Diskussionen im Internet, das Gegeneinander, die vielen abschätzigen Worte - bald hatte ich diesbezüglich keine Illusionen mehr. Und trotzdem: „Herr, wohin sollte ich gehen?“ Keine Frage, nicht wegen der netteren Menschen wollte ich katholisch sein. Ich richtete mich über die Jahre innerlich irgendwie mit dem Gedanken ein, dass es das Wichtigste sei, das Richtige zu glauben, und dass der Charakter eines Menschen auf einem anderen Blatt stehe, da ja auch jeder mit ganz unterschiedlichen Voraussetzungen kommt. Eine wichtige Lehre wurde und bleibt es andererseits natürlich, dass Diskussionen sehr wohl einmal hitzig geführt werden dürfen und es nicht der Weg sein kann, mit „Wischiwaschi“ und „Lieblieb“ alle Unterscheidung (und das auch im Bezug auf Strömungen ganz innerhalb der katholischen Kirche!) andauernd unter den Teppich zu kehren.
Trotzdem hat mich die Diskrepanz zwischen Glaubensbekenntnis und menschlicher Reife über die Jahre hinweg des öfteren verwirrt und sehr beschwert zurückgelassen - zunächst bei meinen Mitmenschen (hallo, Splitter im Auge....), dann auch durch persönliche Krise. (An dieser Stelle eine herzliche Buchempfehlung: „Glaubensriesen- Seelenzwerge?“ von Peter Scazzero).
Spricht die nicht die Schrift eindeutig von den Früchten des Heiligen Geistes? Freude, Friede, Langmut, Treue, Freundlichkeit, Selbstbeherrschung...? WO?

Die Erfahrung, dass es aus eigenen Kräften nicht möglich ist, ein guter Mensch zu sein, selbst, wenn man in die Heilige Messe und zur Beichte geht, Kongresse und Seminare besucht, von charismatischen Betern für sich beten lässt und wirklich mit Gott durchs Leben gehen möchte, ist wohl eine notwendige und heilsame, die man womöglich auch öfters im Leben auf verschiedene Weise machen muss.

Dass das Leid, durch das wir gehen, eine echte Chance ist, in der Tiefe vor Jesus Christus zu kapitulieren, der uns dieses neu-geboren sein schenken kann und will, das er gegenüber Nikodemus anspricht, der ja nun wahrhaftig kein Neuling im Glauben an Gott war, sondern ein führender Pharisäer.

Ich sehe diesen Weg durchaus als Prozess, der in den meisten Fällen nicht von heute auf morgen geschieht, aber auch hier glaube ich an - und habe bereits gesehen - spontane Durchbrüche durch eine starke Berührung Jesu.

Jeder von uns möchte, dass Gott für ihn kämpft und Seine großen Taten sehen, und wir bewundern die großen Heiligen, die Missionare, diejenigen, die durch alle Welt reisen und durch die Zeichen und Wunder geschehen. Ich glaube aber, dass wir niemals vergessen dürfen, dass wir (wahrscheinlich immer neu) zuvor diese Kapitulation vor dem Kreuz brauchen. Unsere eigenen Wege, Arten der Verteidigung, unser menschliches Manipulieren und Dreinschlagen, Gedankenmuster und schnelle Verurteilung, loszulassen. Uns nackt und bloß unter den Blick Gottes zu stellen, der uns dann mit Seiner Würde bekleidet und in Seiner Kraft gehen lassen möchte.

Das klingt super und strahlend in Heiligenbiographien - im eigenen Leben ganz konkret jedoch fühlt es sich oft ziemlich mies an.Sterben, auch in den vielen kleinen scheinbar unwichtigen Situationen, in denen ich auf meine Wege verzichte und Seine wähle. Das ist absolut existenziell! In Gottes Augen ist genau das aber groß!

Ich juble innerlich beim Schreiben, denn ich habe inzwischen so deutlich erfahren dürfen, dass dieses Wasser trägt, wenn ich im Vertrauen auf Jesus und Sein Wort darüber gehe. Aber das hat nichts damit zu tun, ein guter Mensch zu werden und dazu noch ein bisschen fromm, sondern es stellt meine gesamte Grundlage auf den Kopf, das ist Sturm, ein Gang übers Wasser, ein Sprung über die Klippe!
Das Schönste ist, solche Lebensveränderung in Gemeinschaft mit Glaubensgeschwistern zu erleben. Darin Gottes erkennbare Wege zu finden. Seine Gesetze, seine Liebe, die bleiben. Immer.

So fühle mich hier in Salzburg tatsächlich auch gleich zutiefst zuhause auf der HOME Mission Base der Lorettos, die ich unter anderem auch über ihre Zusammenarbeit für die Holy Spirit Night mit den elf Gemeinden interviewen darf (Interview folgt). Nicht das Streben nach Perfektion aus eigener Kraft (letztlich zum eigenen Lob), sondern Exzellenz, das Beste geben - und das aus Liebe zu Jesus, haben sie sich auf ihre Fahnen geschrieben. Und das spüre ich auch im Gespräch mit diesen Leitern. Wahrheit und Klarheit in gegenseitiger Respekt und Wertschätzung ist keine Utopie, sondern sie wird immer mehr zur Wirklichkeit im Leib Christi. Das möchte ich allen KATH.NET Lesern mit Überzeugung zusprechen! Lasst Euch nicht irre machen von den bad news innerhalb der Kirche! Wir brauchen diese Kapitulation vor dem Kreuz, im Blick darauf, wer wir sind, und wer Gott ist. Aber Jesus ist es dann, der sofort kommt, den Sturm stillt, die Herzen berührt und verändert, und das ist wahr!


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