Streit um Kommunionempfang: Eine Frage des Kirchenrechts

22. Juni 2018 in Weltkirche


Brief der Glaubenskongregation an deutsche Bischöfe: "Keine ökumenische Bremse" - Ortsbischof kann ausnahmsweise Kommunion-Zulassung nichtkatholischer Ehepartner regeln - Kirchenrecht: Nicht Bischofskonferenz regelt dies


Vatikanstadt (kath.net/KAP) Aus Sicht von Papst Franziskus ist der Brief der Glaubenskongregation an die deutschen Bischöfe "keine ökumenische Bremse". Die geplante und durch den Brief gestoppte Handreichung zum Kommunionempfang für nichtkatholische Ehepartner sei sogar restriktiver gewesen, als es das Kirchenrecht vorsehe, sagte der Papst am Donnerstag auf dem Rückflug von seinem Besuch beim Weltkirchenrat in Genf. Keinesfalls hätten die Bischöfe die Kommunion für alle öffnen wollen.

Der entscheidende Punkt sei die Zuständigkeit des einzelnen Ortsbischofs, betonte Franziskus weiter. Dieser könne laut Kirchenrecht eine ausnahmsweise Zulassung nichtkatholischer Ehepartner zur Kommunion für seine Diözese auf seine Weise regeln. Wenn aber eine Bischofskonferenz dies regeln wolle - und darauf sei es bei den Deutschen hinausgelaufen, sei dies vom Kirchenrecht so nicht vorgesehen.

"Wenn eine Bischofskonferenz etwas approbiert", so Franziskus, "wird es sofort universal. Und das ist die Schwierigkeit in der Diskussion, nicht so sehr der Inhalt." Die deutschen Bischöfe hätten sich über ein Jahr mit dem Thema intensiv befasst und das auch "gut gemacht".

Es habe zwei oder drei Begegnungen für klärende Gespräche gegeben. Dann habe mit seinem Einverständnis Erzbischof Luis Ladaria als Leiter der Glaubenskongregation einen Brief geschrieben, so der Papst, weil der Entwurf noch nicht ganz reif gewesen sei und einige Punkte noch zu klären seien. Dazu habe es ein weiteres Gespräch gegeben.

"Ich glaube, es wird ein Dokument zur Orientierung geben, damit jeder Bischof in seinem Bistum das regeln kann, was das Kirchenrecht schon jetzt erlaubt", so der Papst weiter. Leider habe es da in einigen Momenten nicht die richtigen Informationen gegeben.

Im Übrigen habe er dies auch gemeint, als er bei seinem Besuch in der lutherischen Gemeinde Roms 2015 auf den Geist des Kirchenrechts verwiesen hatte. Damals hatte Franziskus auf die Frage eines konfessionsgemischten Ehepaars nach einem gemeinsamen Gang zur Kommunion gesagt: "Ich werde nie wagen, Erlaubnis zu geben, dies zu tun, denn es ist nicht meine Kompetenz. Eine Taufe, ein Herr, ein Glaube. Sprecht mit dem Herrn und geht voran. Ich wage nicht mehr zu sagen."

Deutsche Bischöfe tagen in Berlin

Am Montag und Dienstag werden die deutschen Bischöfe bei ihrem turnusmäßigen Treffen im sogenannten Ständigen Rat in Berlin erneut über das Thema und das weitere Vorgehen beraten.

Nach Gesprächen Anfang Mai in Rom verwies der Vatikan den Konflikt zunächst an die Bischofskonferenz zurück. Anfang Juni wurde dann ein Brief der Glaubenskongregation bekannt, in dem es heißt, Papst Franziskus sei zu dem Schluss gekommen, "dass das Dokument nicht zur Veröffentlichung reif ist".

kath.net veröffentlicht die Aussagen von Papst Franziskus in einer eigenen Übersetzung:


Gut. Das ist nicht neu, denn der Codex des kanonischen Rechts sieht vor, wovon die deutschen Bischöfe sprachen: Kommunion in besonderen Fällen. Und sie haben das Problem der Mischehen betrachtet: ob es möglich ist oder nicht. Der Codex sagt jedoch, dass der Bischof einer Partikularkirche - dieses Wort ist wichtig: partikular, wenn es von einer Diözese ist – diese Sache zu verwalten hat: es liegt in seinen Händen. Dies steht im Codex. Weil die deutschen Bischöfe gesehen hatten, dass der Fall nicht klar war, und auch, dass einige Priester etwas taten, das mit dem Bischof nicht übereinstimmte, wollten sie dieses Thema studieren, und sie machten diese Studie, die - ich möchte nicht übertreiben - eine Studie über mehr als ein Jahr war, ich weiß es nicht genau, aber mehr als ein Jahr, gut gemacht, gut gemacht. Und die Studie ist restriktiv: was die Bischöfe wollten, ist, klar zu sagen, was im Codex steht. Und auch ich habe es gelesen und sage: das ist ein restriktives Dokument. Es war nicht "öffnen für alle". Nein. Es war eine gut durchdachte Sache mit einem kirchlichen Geist. Und sie wollten es für die Lokalkirche tun: nicht für die Partikularkirche. Sie wollten nicht. Die Sache ist dahin abgerutscht, das heißt, es ist für die Deutsche Bischofskonferenz. Und es gibt ein Problem, weil der Codex dies nicht vorsieht. Er sieht die Zuständigkeit des Diözesanbischofs, nicht aber der Bischofskonferenz vor. Warum? Weil etwas, das in einer Bischofskonferenz genehmigt wurde, sofort universell wird. Und das war die Schwierigkeit der Diskussion: nicht so sehr der Inhalt, sondern das. Sie haben das Dokument gesendet; dann gab es zwei oder drei Treffen des Dialogs und der Klärung; und Erzbischof Ladaria schickte diesen Brief, aber mit meiner Erlaubnis er tat es nicht allein. Ich sagte ihm: "Ja, es ist besser, einen Schritt vorwärts zu machen und zu sagen, dass das Dokument noch nicht reif ist - das war es, was der Brief gesagt hat - und dass wir die Angelegenheit mehr studieren mussten". Dann gab es ein anderes Treffen und schließlich werden sie die Sache studieren. Ich glaube, dies wird ein Orientierungsdokument sein, denn jeder der Diözesanbischöfe kann regeln, was das Kirchenrecht bereits zulässt. Es gab kein Bremsen, nein. Es ging darum, die Sache zu regeln, um auf den richtigen Weg zu kommen. Als ich die lutherische Kirche in Rom besuchte, wurde eine solche Frage gestellt, und ich reagierte entsprechend dem Geist des Codex des kanonischen Rechts, dem Geist, nach dem sie [die Bischöfe] nun suchen. Vielleicht gab es keine Informationen zur richtigen Zeit, es gab ein bisschen Verwirrung, aber das ist die Sache. Der Codex erlaubt es in der Partikularkirche; in der Lokalkirche kann er es nicht, weil es universal wäre. Das ist es.


Was sagt das Kirchenrecht?

Can. 844 — § 1. Katholische Spender spenden die Sakramente erlaubt nur katholischen Gläubigen; ebenso empfangen diese die Sakramente erlaubt nur von katholischen Spendern; zu beachten sind aber die Bestimmungen der §§ 2, 3 und 4 dieses Canons sowie des ⇒ can.861, § 2.

§ 2. Sooft eine Notwendigkeit es erfordert oder ein wirklicher geistlicher Nutzen dazu rät und sofern die Gefahr des Irrtums oder des Indifferentismus vermieden wird, ist es Gläubigen, denen es physisch oder moralisch unmöglich ist, einen katholischen Spender aufzusuchen, erlaubt, die Sakramente der Buße, der Eucharistie und der Krankensalbung von nichtkatholischen Spendern zu empfangen, in deren Kirche die genannten Sakramente gültig gespendet werden.

§ 3. Katholische Spender spenden erlaubt die Sakramente der Buße, der Eucharistie und der Krankensalbung Angehörigen orientalischer Kirchen, die nicht die volle Gemeinschaft mit der katholischen Kirche haben, wenn diese von sich aus darum bitten und in rechter Weise disponiert sind; dasselbe gilt für Angehörige anderer Kirchen, die nach dem Urteil des Apostolischen Stuhles hinsichtlich der Sakramente in der gleichen Lage sind wie die genannten orientalischen Kirchen.

§ 4. Wenn Todesgefahr besteht oder wenn nach dem Urteil des Diözesanbischofs bzw. der Bischofskonferenz eine andere schwere Notlage dazu drängt, spenden katholische Spender diese Sakramente erlaubt auch den übrigen nicht in der vollen Gemeinschaft mit der katholischen Kirche stehenden Christen, die einen Spender der eigenen Gemeinschaft nicht aufsuchen können und von sich aus darum bitten, sofern sie bezüglich dieser Sakramente den katholischen Glauben bekunden und in rechter Weise disponiert sind.

§ 5. Für die in den §§ 2, 3 und 4 genannten Fälle darf der Diözesanbischof bzw. die Bischofskonferenz nur nach Beratung zumindest mit der lokalen zuständigen Autorität der betreffenden nichtkatholischen Kirche oder Gemeinschaft allgemeine Bestimmungen erlassen.


Archivfoto Papst Franziskus


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