Syrien: Die barmherzigen Samariter im „Tal der Christen“

14. Juni 2018 in Weltkirche


Medizinische Hilfe für über 4000 Menschen - Kein Kranker wird abgewiesen. Von Josué Villalon und Tobias Lehner/Kirche in Not


München-Wien-Luzern (kath.net/Kirche in Not) Eine Enklave der Nächstenliebe – und der Hoffnung: Das „Tal der Christen“ (Wadi al-Nasara auf Arabisch) liegt im Westen Syriens. Nach wie vor wohnen mehrheitlich Christen in den etwa 40 Dörfern des Tales. Ab 2003 wurden diese zur Zuflucht für viele christliche Kriegsflüchtlinge aus dem Nachbarland Irak. Dann wendete sich das Blatt und der Krieg hielt auch im „Tal der Christen“ Einzug. Vor allem 2013 und 2014 wurde es von heftigen Kämpfen heimgesucht. Dem Terror des sogenannten „Islamischen Staates“ und weiterer Rebellengruppen fielen zahlreiche Bewohner zum Opfer. Die ganze Region in ihre Hand zu bekommen, gelang ihnen jedoch nicht.

Medizinische Hilfe für über 4000 Menschen

Heute scheint der Krieg im „Tal der Christen“ weit entfernt – auf den ersten Blick. Homs, um das noch bis vor kurzem erbitterte Kämpfe tobten, ist nur eine Autostunde entfernt. Wiederum müssen Bewohner die Versorgung zahlreicher Flüchtlinge stemmen, die im Tal vorläufige Bleibe gefunden haben. Durch seine Lage zwischen dem Libanon und dem Mittelmeer steht das „Tal der Christen“ für viele Binnenflüchtlinge auch für die Frage: Gehen oder bleiben?

Die Versorgungslage ist prekär. Auch in medizinischer Hinsicht: „Im Tal der Christen gibt es keine staatlichen Krankenhäuser. Die Kriegsvertriebenen schätzen darum die kirchliche Unterstützung sehr“, sagt Elias Jahloum. Er koordiniert die Arbeit im melkitisch-katholischen Hilfszentrum St. Petrus in der Ortschaft Marmarita, zu Füßen der Kreuzfahrerburg „Krak des Chevaliers“, seit 2006 UNESCO-Weltkulturerbe. Über 4000 Menschen werden jeden Monat im Hilfszentrum untersucht, erhalten Medikamente – kostenlos. Die Päpstliche Stiftung „Kirche in Not“ greift monatlich unter die Arme.

Auch für Notfälle und Operationen hat die Kirche eine Anlaufstelle auf die Beine gestellt. Im Nachbardorf Mzeina betreibt sie ein eigenes Krankenhaus. „Es wurde vor vier Jahren eröffnet“, berichtet der Direktor Dr. Sam Abboud. „Seit zwei Jahren wächst die Zahl der Einlieferungen und der Operationen sehr stark“. 500 Personen finden momentan dort Aufnahme. Der Klinikdirektor ist zugleich HNO-Arzt. Er hat ein Sonderprogramm für hörgeschädigte Kinder und Jugendliche entwickelt. „In vielen Fällen wurden die Hörschäden durch Bomben- und Granatenexplosionen verursacht.“

Kein Kranker wird abgewiesen

Es sind wiederum Ehrenamtliche, die kranke Personen aus dem Hilfszentrum ins Hospital bringen, die Formalitäten regeln und Besuchsdienste übernehmen. „Danke, dass Ihr uns besucht! Auch den Wohltätern vielen Dank“, sagt Njawa Arabi, als Elias bei ihr vorbeischaut. Die Mittfünfzigerin wurde gerade am Magen operiert. „Wir wissen, dass uns viele Menschen in vielen Ländern helfen. Jeden Tag beten wir für sie.“

Dankbarkeit ist ein Wort, das im Krankenhaus häufig fällt, nicht nur bei den Patienten: „Ich selbst musste wegen des Krieges aus Homs flüchten“, erzählt der Leiter der Physiotherapie-Abteilung, Toni Tannous. „Ich bin dankbar, dass ich lebe. Und ich spüre die Verantwortung, den Menschen so gut wie möglich zu helfen.“ Dies sei die Motivation vieler Kollegen, trotz zahlreicher Schwierigkeiten, die Klinikdirektor Abboud benennt: „Es fehlt an medizinischer Ausstattung, um besser operieren zu können. Auch die ständigen Stromausfälle machen uns zu schaffen.“ Immerhin würden jetzt wieder Medikamente zur Verfügung stehen, die vor kurzem noch nicht zu bekommen waren.

Von ihrer Operation erholt sich auch Sasha Koury. Der 23-Jährigen wurde ein Tumor aus der Brust entfernt. Ein Eingriff in letzter Minute, nicht nur für sie: „Ich bin im fünften Monat schwanger. Es wird ein Junge. Er soll Fayez heißen – das bedeutet Sieger“, erzählt sie mit einem Lächeln. Zu den „Siegern“ im Krankenhaus von Mzeina gehört auch der einjährige Jandios. Er litt unter schwerer Bronchiolitis. Seine Mutter Marayam Hourani erzählt: „Als wir ihn ins Krankenhaus brachten, konnte er kaum atmen. Wir haben Elias Bescheid gesagt, und er versprach uns, dass das Hilfszentrum St. Petrus die Kosten für die Behandlung übernehmen wird. Das hat meinen Sohn gerettet.“

Kein Kranker werde im Klinikum abgewiesen, erzählt Physiotherapeut Toni. In der Tat würden immer wieder Operationen oder Behandlungen kostenlos durchgeführt. „Immer wenn mittellose Menschen zu uns kommen, rufen wir im Hilfszentrum an. Wir wissen, dass die Mitarbeiter dort auf unsere Anliegen eingehen. So können wir Patienten Nachlässe gewähren oder Zahlungen stunden.“ Mittlerweile bestehe zwischen den Hilfseinrichtungen ein freundschaftlicher, nahezu familiärer Kontakt. Ein Kontakt, der vielen Notleidenden zu Gute kommt. Damit das „Tal der Christen“ eine Enklave der Nächstenliebe und der Hoffnung bleibt.

Um weiterhin die karitative Arbeit im „Tal der Christen“ unterstützen zu können, bittet „Kirche in Not“ um Spende:

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Kirche in Not Schweiz

Kirche in Not - Im ´Tal der Christen´ in Westsyrien: Ärzte und Personal im Krankenhaus von Mzeina



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