Donum vitae – Beratung und Abtreibungsschein geschenkt

16. Mai 2018 in Prolife


„Donum vitae“/Limburg feierte seinen 15. Geburtstag – Viel Lob und Eigenlob bei Festveranstaltung im Kolpinghaus – Schattenseiten des gesetzlichen Beratungs- und Abtreibungssystems wurde beredt verschwiegen. Gastkommentar von Gabriele Freudenberger


Limburg (kath.net) Die „Beratung von Schwangeren in einer Not- und Konfliktlage“ ist im Paragraf 219 des Strafgesetzbuches geregelt: „Die Beratung (…) hat sich von dem Bemühen leiten zu lassen, die Frau zur Fortsetzung der Schwangerschaft zu ermutigen und ihr Perspektiven für ein Leben mit dem Kind zu eröffnen. (…) Dabei muss der Frau bewusst sein, dass das Ungeborene in jedem Stadium der Schwangerschaft auch ihr gegenüber ein eignes Recht auf Leben hat…“. Denn „das Lebensrecht des Ungeborenen darf nicht der Entscheidung eines Dritten – und sei es selbst der Mutter – überantwortet werden“, so das Bundesverfassungsgericht von 1993. Lebensrecht und Menschenwürde des Ungeborenen sind von Anfang an unverletzlich, stellte auch der Europäische Gerichtshof vor einigen Jahren fest.

Wenn die Mitglieder von donum vitae in diesem Sinne aufklären, dass dem ungeborenen Menschen auch in den ersten zwölf Wochen seines Dasein das unantastbare Grundrecht auf Leben zusteht, dann diente die Beratung dem Schutz des Lebens.

Aber das Beratungsgesetz verlangt von den Mitwirkenden auch das Gegenteil: Die Schwangerenkonfliktberatung sei „ergebnisoffen zu führen“. Das heißt konkret: Die Beratenen sollen ausdrücklich „nicht belehrt“ werden zum Thema Lebensschutz. Am Ende soll die Entscheidung über Leben und Tod des Kindes allein der „Verantwortung der Frau“ überlassen werden. Das Gesetz steht im krassen Widerspruch zum Beschluss des Bundesverfassungsgerichts, dass der Schwangeren keinesfalls die Entscheidung über Leben oder Töten ihres Kindes überantwortet werden darf.

Rechtliche und moralische Verwirrung

Papst Johannes Paul II. hatte schon im September 1995 an die deutschen Bischöfe über das staatliche Regelungssystem geschrieben: „Das subjektive Bewusstsein der Frau wird dem unabdingbaren Lebensrecht des Kindes übergeordnet.“ Deshalb könnten kirchliche Stellen nicht an einer solchen Beratung mitwirken, bei der Leben oder Tod des Ungeborenen in das freie Ermessen der Schwangeren gestellt wird.

Auch die Charakterisierung des staatlichen Gesetzes als „Ja und Nein zum Lebensschutz“ stammt vom damaligen Papst. Dieser Widerspruch findet sich in den rechtlichen Kategorien wider: Entscheidung und Vollzug einer Abtreibung nach der Beratungsregelung gilt als (grund-)„rechtswidrig“, weil damit das unantastbare Lebensrecht nach Grundgesetz Art. 2 ausgehebelt wird. Zugleich wird für diese „Straftat gegen das Leben“ Straffreiheit gewährt. Dagegen hatte das Verfassungsgericht bestimmt: Für den Gesetzgeber ist es nicht zulässig, „auf den Einsatz des Strafrechts und die davon ausgehende Schutzwirkung für das menschliche Leben zu verzichten“.

Mit diesen Rechtswidersprüchen wurde eine Verwirrung moralischer Urteile eingeleitet. Die Folge war eine Erodierung des öffentlichen Wertebewusstseins für das Lebensrecht der Ungeborenen: Die Bevölkerungsmehrheit ist im Glauben, dass Abtreibungen rechtmäßig erlaubt und ethisch grundsätzlich legitim wären.

Da sich donum vitae dem staatlichen Regelungssystem unterwirft, sind die Beratenden gesetzlich gehalten, bei ihrem „Bemühen“ um Lebensschutzberatung auch zugleich das Nein zum Lebensrecht des Kindes mitzutragen. Sie tun das durch die verpflichtende Ergebnisoffenheit der Beratung sowie die Ausstellung eines Bestätigungsscheines. Dieses Papier berechtigt die Schwangere, eine rechtswidrige Abtreibung ihres Kindes durch einen Arzt vornehmen zu lassen. Nach einer Studie der Caritas vor 1999 lassen drei Viertel der Scheinempfängerinnen ihr Kind abtreiben. In diesem Sinne ist der Schein eine „Lizenz zum Töten“ (Erzbischof Dyba).

Selbstbelobigung ohne Selbstreflexion

Bei der Limburger Feierstunde sprachen Vereinsvertreter wie auch Festredner nur von den guten Absichten des Verbandes. Es waren von den donum-vitae-Verantwortlichen keine Ansätze zu hören, über die problematischen Grundlagen und Nebenwirkungen ihrer gutgemeinten Arbeit zu reflektieren. Ausgeblendet blieben die Schattenseiten der staatlichen Systemeinbettung, die Negierung des Lebensschutzes durch den Abtreibungsschein sowie die rechtliche und moralische Aushöhlung des Lebensrechts von Ungeborenen im öffentlichen Bewusstsein.

Wie zum Beleg der ethischen Verwirrung sprach die Leiterin der Limburger Beratungsstelle nach einem Bericht des Weilburger Tageblatts von „werdenden Menschen“ – als wenn der Embryo noch kein Mensch mit Würde und Lebensrecht wäre.

Die Berichte über die Feierstunde von donum vitae vermitteln den Eindruck, als wenn die Teilnahme am staatlichen System von Beratung, Berechtigungsschein und Abtreibung alternativlos sei. Die Selbstbelobigung als „Engagement aus christlicher Überzeugung“ ging einher mit Seitenhieben gegen die ethische Position der Kirche. Ohne eine Scheinausstellung würden schwangere Frauen die kirchlichen Beratungsstellen kaum mehr aufsuchen.

Von kirchlichen Stellen ‚gut beraten auch ohne Schein’

Das trifft nicht zu. Die katholische Kirche führt in 263 Schwangerschaftsberatungsstellen in der Trägerschaft von ‚Caritas’ und ‚Sozialdienst katholischer Frauen’ vielfältige Hilfs- und Beratungsangebote durch. Unter der Überschrift: „Auch ohne Schein gut beraten“ gab das Caritasheft 2010 einen Überblick zur diakonischen Arbeit der beiden kirchlichen Organisationen. „Spezifisch für das Konzept der katholischen Schwangerschaftsberatung ist die enge Verknüpfung von psychosozialer Beratung und der Vermittlung konkreter Hilfen, um den Ratsuchenden individuelle Unterstützung in der Schwangerschaft und über die Geburt hinaus anzubieten und so die Rahmenbedingungen für Familien zu verbessern.“

Im Jahre 2008 suchten etwa 100.000 Frauen oder werdende Eltern die kirchlichen Beratungsstellen auf. Etwas mehr als drei Viertel der ratsuchenden Frauen waren schwanger. Davon waren wiederum ein Drittel katholisch, 20 Prozent evangelisch; der Anteil der Muslime lag dazwischen. Zehn Prozent der Ratsuchenden waren Schwangere unter 20 Jahren. Im Lahn-Dill-Kreis ist der Anteil der Ratsuchenden in Sexual- und Schwangerschaftsfragen bei der Caritas doppelt so hoch wie bei den Beratungsstellen donum vitae oder pro familia.

Seit dem Jahre 2000 haben Caritas und SkF ihre Tätigkeitsfelder erweitert - etwa auf die komplexe Beratung bei Pränataldiagnostik. Wegen ihres eindeutigen Wertbezugs werden katholische Stellen besonders häufig von Migranten besucht. Bundesweit liegt der Anteil bei 35 Prozent. Weiterhin gibt es sexualpädagogische Angebote für schulische und außerschulische Kinder- und Jugendgruppen. Schließlich kommt dem Thema Trauer bei der Beratung wachsende Bedeutung zu.

Seit 2004 spielt die Online-Beratung für Schwangere im Mail- oder Chat-Format eine immer größere Rolle. 2009 stand 23 Prozent der Ratsuchenden zwischen der 4. und 13. Schwangerschaftswoche – somit in dem Zeitraum, in dem die staatlich anerkannten Beratungsstellen wie donum vitae einen Beratungsschein für Abtreibungen ausstellen. Immerhin wünschte 6,7 Prozent im „existentiellen Schwangerschaftskonflikt“ Rat und Hilfe bei einer katholischen Stelle: „Gut beraten auch ohne Schein“.

Dazu auch der kath.net-Artikel: „Weilburger Tageblatt“: „Mit dem neuen Bischof Bätzing... scheint sich das Verhältnis der katholischen Kirche zu ‚Donum Vitae‘ wieder zu entspannen“

´Aaron´ - Eindrückliches Kurzvideo gegen Abtreibung (Englisch)


Symbolbild: Bluttropfen


© 2018 www.kath.net