„Wir nennen ihn zu Recht den ungarischen Tarzícius“

11. Mai 2018 in Chronik


Kardinal Erdő bei Seligsprechung des Märtyerers János Brenner: „Sie wollten ihn nicht nur aus dem Weg räumen, sondern sie wollten sein Priestertum, seinen Glauben und den schänden, den er in seinem Leben repräsentierte“ – Predigt in voller Länge


Szombathely (kath.net) kath.net dokumentiert die Predigt von Péter Kardinal Erdő bei der Seligsprechung von János Brenner (Archivfoto) in Szombathely am 1.5.2018 in voller Länge - Brenner war Opfer der kommunistischen Kirchenverfolgung in Ungarn gewesen – Wir danken Pfr. Johannes Lehrner und József Frikk für die Übersetzung – Übersetzung © kath.net

"Gib, dass mein Leben meiner Berufung würdig wird, dass ich heilig werde!" - das schrieb János Brenner mit 19 Jahren in sein geistliches Tagebuch. Damals meldete er sich für das Noviziat im Zisterzienserorden.

Wenn wir ohne Bedingung lieben, wenn unsere Persönlichkeit mit seiner ganzen Kraft zu Gott lenken, wenn wir zu Gott schreien, finden wir immer Gehör: Erkennt, dass der HERR mit seinen Frommen Wunder tut, der HERR hört, wenn ich zu ihm rufe. (Ps 4,4). Dieses Wort aus dem Buch der Psalmen erfüllte sich im Leben von Brenner János.

1931 wurde er hier in Szombahley geboren, in einer ordentlichen, liebenden, katholischen Familie. West-Ungarn ist das Land, das Heilige hervorbrachte. Schon 303 in der Christenverfolgung des Diokletian starb hier der hl. Quirinius den Martertod. Hier wurde 316 der hl. Martin, der europäische Heilige geboren, der später der Schutzpatron von ganz Frankreich wurde. Aber das Christentum blieb auch nach dem Untergang des Röm. Weltreiches. Um 515 erblickte in Pannonien der hl. Martin von Braga das Licht der Welt, der das heutige Portugal zum Glauben führte.
Zu seiner Zeit nahmen die reichsgründenden Germanen den katholischen Glauben an.

Hier lebte der selige Ladislaus Batthyány-Strattmann, der Arzt der Armen. Und hier wurde auch der Diener Gottes Josef Mindszenty geboren. Die Eltern von János Brenner waren nicht bloß Traditionschristen. Gott hatte in ihren Herzen den ersten Platz. Täglich feierten sie die hl. Messe mit, täglich empfingen sie die hl. Kommunion. János' Mutter war ein Beispiel für großmütige, schenkende Liebe. "Wenn ich etwas gespendet habe, habe ich es am nächsten Tag dreifach zurückbekommen", sagte sie.

So umgab die heranwachsenden Kinder eine Atmosphäre des Glaubens, Gebetes und Vertrauens. Die Großmutter hatte viel für ihren Sohn gebetet, dass er Priester werde. Diese Bitte wurde nicht erhört, aber ihre Enkelkinder László, János und Joseph, erhielten alle die Gnade des Priestertums. Die Erwählung von János zeigte sich schon als kleines Schulkind.

In der bischöflichen Volksschule wurde 1938 im Jahr des Eucharistischen Kongresses ein Theaterstück über das Leben des hl. Tarzisius, des Märtyrers des Altarsakraments, aufgeführt. Sie fragten, wer die Rolle des Tarzízius spielen möchte. János Brenner bewarb sich mit beiden Händen, um den heiligen Märtyrer darzustellen. Eine Vorahnung? Eine Botschaft? Ein Zeichen der Vorsehung? Gottes geheimnisvolle Antwort auf die Liebe eines reinen Kinderherzens?

János besuchte ab 1942 in Pécs (Fünfkirchen) das Nagy-Lajos-Gymnasium des Zisterzienserordens. Er war noch Schüler, als die Schulen verstaatlicht wurden und sich die Welt um ihn veränderte. Dennoch führten ihn der Glaube und die Liebe geradewegs zur priesterlichen Berufung und er trat in den Zisterzienserorden ein. Darin folgte er auch dem Beispiel seines Bruders, der zwei Jahre zuvor denselben Beruf erwählt hatte. Er sah, dass das Schicksal der Priester in der neu entstehenden Welt keine gesellschaftliche Anerkennung, keine irdische Karriere sein wird. Er hat sich sofort die grundlegendsten Fragen gestellt. Er fragte nicht, wo das Leben am angenehmsten ist.

Er wusste, dass er nur und ausschließlich in der Kirche seinen Dienst tun wollte, er wollte Gott dienen. Diese persönliche Hingabe inspirierte den unvergesslichen Satz, den er zu damals in sein Tagebuch schrieb: "Mit der größten Dankbarkeit und Liebe meines Herzens, danke ich dir, mein Gott, für diese so große Gnade, dass du mich zum deinem Dienst bestellt hast." Im August 1950, nach Exerzitien, zog er ins Kloster nach Zirc. Aber die ruhige Vorbereitung dauerte nur ein paar Wochen. Am 7. September 1950 entzog der Präsidialrat den Ordensgemeinschaften die "Betriebsbewilligung". Kurz gesagt: sie haben die Orden verboten.

Dann lebten die Novizen bei Familien in Budapest, und studierten als Laienstudenten an der Theologischen Akademie. Inzwischen erreichte die kommunistische Umstrukturierung auch die Universitäten: Die theologische Fakultät wurde von der Universität ausgeschlossen und der Bischofskonferenz übergeben. Den Sitz der Fakultät (das Gebäude) hatten sie natürlich vergessen zu übergeben, so dass die Ausbildung in das Gebäude des Zentralseminars hineingedrängt wurde und dort "provisorisch" bis zum Frühjahr 1998 blieb.

Geschüttelt blieb auch das Schicksal von János Brenner während er Seminarist war. Im ersten Studienjahr machte er immer noch heimlich das Noviziat neben seinen Studien. Dann konnte er keine Mönchsgelübde mehr machen. Seine Vorsteher schickten ihn in das Diözesanseminar und so wurde er Alumne der Diözese Szombathely. Deshlab setzte er seine Studien dort im Seminar fort. Aber bereits im Sommer 1952 wurde dieses Seminar aufgelöst, so dass er das nächste Studienjahr in Győr beginnen musste. Er bereitete sich in einer unheilvollen und stürmischen Zeit auf das Priestertum vor, blieb aber immer heiter.

Seine Freunde erinnerten sich immer an sein Lächeln, seine Aufmerksamkeit und Hingabe. Es schien, als ob er mit seinem Frohsinn und seiner Hoffnung die ganze Gemeinschaft zu Gott emporzog. So empfing er im Sommer 1955 die Priesterweihe. Als Primizspruch wählte er die Worte des heiligen Paulus: "Denen, die Gott lieben, gereicht alles zum Guten." (Röm 8,28). Seine Primizmesse feierte er in der Sankt Norbert-Kirche in Szombathely, bei der seine beiden Brüder László und József assistierten und der damalige Theologieprofessor József Winkler die Predigt hielt.

Dieser Jozsef Winkler, der später im Jahre 1959 vom Papst zum Bischof ernannt wurde, aber die Behörden verhinderten, dass er seinen Dienst offiziell antreten konnte. Seine Weihe war fünf Jahre nach seiner Ernennung. In diesem Zusammenhang erweist das Motto des Neupriesters János Brenner erneut seine geheimnisvolle Bedeutung. Pater János erhielt vom Bischof nur eine einzige Anstellung. Rábakethely war sein Auftrag. Mit Demut und Liebe begegnete er allen, auch den einfachsten Menschen. Ein Gläubiger erinnert sich: "Es gab eine eigene Ausstrahlung, die ich nicht ausdrücken kann. Die Leute liebten ihn und wollten dorthin gehen, wo er war... Da war etwas in ihm, das Leute anzog.

Das war seine Hauptschuld: Die Jugendlichen aber auch die Alten liebten ihn. Er hat viele Menschen für den Glauben und die Kirche gewonnen. "Er tat zweieinhalb Jahre unter den Gläubigen seinen Dienst. Jeder spürte, dass ihn eine große Liebe erfüllte. In dieser Zeit war es natürlich eine schwere Aufgabe, Priester zu sein. Der politische Druck hatte zugenommen. Zuerst wurden die Orden, die Schulen, dann die Seminare angegriffen und jetzt kamen die Pfarrer an die Reihe. Aber Pater János setzte seinen persönlichen Dialog mit Gott fort. Er betete: "Herr, ich weiß, dass du den Deinen die Leiden nicht ersparst, weil sie immensen Nutzen davon haben."

Vielleicht fühlte er schon zu dieser Zeit, dass das Martyrium sein Schicksal sein würde. Damals brach die 56er Revolution aus. Sie dauerte nur kurze Zeit. Viele gingen über die geöffnete Grenze nach Österreich. Aber ein paar Wochen später gab es die Vergeltung. Es gab viele Prozesse, viele Todesurteile. Erschießungen schlugen landesweit die Proteste nieder. 1957 stand auch die Einschüchterung der Kirchen auf dem Programm. Für den Staatskommissar war der beliebte junge Kaplan ein Dorn im Auge. Er forderte auch seinen Bischof auf, dass er ihn versetzt. Pater János ging jedoch das Risiko ein: "Ich habe keine Angst, ich bleibe gern", sagte er seinem Bischof.

Es gab Dinge, wovor man als Mensch Angst haben musste und das wusste auch er. Sie waren nicht nur mit Belästigungen, sondern auch mit lebensbedrohlichen Situationen konfrontiert. Im Herbst hatten sie versucht, ihn durch einen vorgetäuschten Straßenunfall zu töten. Damals kam er noch davon. Aber er verstand die Absichten der Behörden. Dennoch beharrte er aus. Mit Freude erfüllte er seine pastorale Arbeit.

"Denen, die Gott lieben, gereicht alles zum Guten!" Dieses Motto erfüllte sich am 14. Dezember 1957. Weil kein Mord, kein scheinbarer Unfall sein Leben beendet hatte. So wurde es ihm zuteil, ein Märtyrer der Eucharistie zu werden. Wir nennen ihn zu Recht den ungarischen Tarzícius. Gegen Mitternacht pochte ein junger Mann, ein ehemaliger Ministrant, an den Pfarrhof. Er sagte, dass sein Onkel schwer krank sei und dringend nach einem Priester verlangte.

Der Kaplan zog sich an, ging in die Kirche und holte von dort das Krankenöl und die hl. Eucharistie. Dann ging er in das nahe gelegene Dorf, zu dem das er gerufen wurde. Sie waren kaum hundert Meter von der Kirche entfernt, als er angegriffen wurde. Er entfloh noch. Er kehrte aber nicht in den Pfarrhof zurück, sondern brachte dem vorgeblich Kranken die hl. Eucharistie, obwohl die Gruppe der Mörder beim Haus des Kranken wartete. Mit 32 Messerstichen löschten sie brutal sein Leben aus. Er konnte sich nicht schützen, aber er beschützte die Eucharistie vor der Schändung. Er wurde so gefunden, dass seine erkaltete linke Hand immer noch das Täschchen mit dem Altarsakrament an seinem Herzen hielt. Die spätere Untersuchung offenbarte die außerordentliche Brutalität. Sie traten ihn auf den Hals und stießen ihn mit den Füßen. Sie wollten ihn nicht nur aus dem Weg räumen, sondern sie wollten sein Priestertum, seinen Glauben und den schänden, den er in seinem Leben repräsentierte. Obwohl die Identität des Mörders bei den damaligen Nachforschungen nicht aufgeklärt wurde, verstand die ganze Gemeinschaft der Gläubigen, was geschehen war.

Nach der Beerdigung wagte auch Bischof Sándor Kovács in seinem Rundschreiben eine quasi-prophetische Formulierung zu schreiben: "Sein Leben war ein Vorbild. Sein Tod ist das Opfer Abels, welches Gott für das Heil der Gläubigen annehmen möge." Seit vielen Jahrzehnten beten die Gläubigen am Grab von Pater János. Eine Kapelle wurde an der Stelle seines Martyriums errichtet. Viele von uns beteten für die Seligsprechung. Sein Beispiel ist ein großes Zeugnis für die Eucharistie und das Priestertum Christi. Das Zentrum unseres christlichen Glaubens und Lebens ist Jesus Christus selbst. Wenn wir ihn mit ganzem Herzen lieben, weitet es sich unendlich und gemeinsam mit ihm umarmt unser Leben auch die ganze Welt (vgl. Kol 1,17). Seine Gegenwart kann besonders in der hl. Messe und bei der Verehrung des Altarsakraments erfahren werden.

Er selber wollte beim Letzten Abendmahl, dass er unsere Speise und Kraftquelle ist. Er selbst vertraute den Aposteln an, das zu seinem Gedächtnis zu tun. Das ist das gemeinsame Gedächtnis, welches uns Christen erhält und eint. Dessen Diener, die persönlich berufenen Repräsentanten der Liebe Christi, sind die geweihten Priester, wenn sie ihre Berufung großmütig erfüllen.

Bitten wir deshalb János Brenner, den guten Hirten und Märtyrer der Eucharistie um seine Fürsprache. Insbesondere wende ich mich jetzt an die Ministranten: Bereitet euch sorgfältig und liebevoll auf jede Feier und hl. Messe vor.

Bildet János Brenner-Kreise, wo ihr durch Studium und auch mittels Übung die geheimnisvolle Würde und die unwiderstehbare, befreiende Kraft der hl. Messe und des Altarsakramentes genau kennenlernt.

Bereiten wir uns alle auf den Internationalen Eucharistischen Kongress im Jahr 2020 in Budapest vor! Rufen wir die Fürsprache unseres Priesters und Martyrers János Brenner für alle Gebete und Arbeiten während der Vorbereitungszeit an.

Vor 60 Jahren, in einer dunklen Winternacht, schien es, dass ein Ideal gestorben ist. Und jetzt, Jahrzehnte später, nach der Entscheidung von Papst Franziskus, steht hier der neue, große, strahlende Patron, der selige János Brenner, vor uns. Wir glauben oft, dass unser christlicher Glaube und unsere Kirche müde geworden ist. Oder sie wurde Opfer von Angriffen und Verfolgungen. Aber dann scheint plötzlich ein Licht und strahlt und umhüllt uns Gottes Kraft und Weisheit mit seiner Helligkeit. (vgl. 1 Kor 1,24).

Wir danken dem Heiligen Vater für die Seligsprechung und bitten Gott mit den Worten eines Dichters:

"Soviele Tropfen deines Blutes auf den Schnee fallen,
Soviele junge Herzen mögen deiner heiligen Berufung folgen;
das Blut des Märtyrers bringt reiche Frucht hervor...
Herr, wische unsere Tränen ab,
obwohl wir weinen, sind wir froh.
Das Licht des Blutes des Märtyrers entzünde uns
zu heiligem Glauben: Wir werden auferstehen!

(den Reim hört man nur in der ungarischen Sprache:
„Ahány csepp véred hull a hóra,
megannyi ifjú szív legyen
szent hivatásod folytatója –
a mártír-vér bőven terem...
Urunk, töröld le könnyeinket,
bár sírunk, boldogok vagyunk,
a mártír-vérnek fénye minket
szent hitre gyújt: Feltámadunk!)


© 2018 www.kath.net