„Sogar für den Bär ‚Bruno‘ wurde 2006 ein Kreuz aufgestellt“

8. Mai 2018 in Kommentar


Offener Brief an Kardinal Marx: „In Bayern gab und gibt es seit jeher Kreuze in jedem Klassenzimmer und in jedem Gerichtssaal.“


München (kath.net) Einige Mitglieder von CSU-Organisationen schrieben einen offenen Brief an Reinhard Kardinal Marx, Erzbischof von München und Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. kath.net dokumentiert diesen Brief in voller Länge:

Sehr geehrter Herr Kardinal Marx,

aus rein theologischer Sicht mag Ihre, im Interview mit der SZ vom 30. April getätige Aussage, "Wenn das Kreuz nur als kulturelles Symbol gesehen wird, hat man es nicht verstanden", richtig sein. Aus gesellschaftlich-kultureller Sicht ist sie falsch!

In Bayern gab und gibt es seit jeher Kreuze in jedem Klassenzimmer und in jedem Gerichtssaal. Auch wenn diese Regelung durch Urteile des Bundesverfassungsgerichts 1995 teilweise aufgehoben wurde; seither gibt es bekanntlich eine Widerspruchsregelung. Auch das Schulgebet wurde in Bayern nicht abgeschafft, wenngleich es in der Praxis nur wenig Beachtung findet. Aber auch an anderen säkularen Orten finden wir Kreuze in Bayern, als Gipfelkreuze, als Wegmarterl. Sogar für den Bär „Bruno“ wurde 2006 ein Kreuz aufgestellt. Das war zwar kurz vor Ihrer Ernennung als Erzbischof von München und Freising; dennoch kann ich mich nicht erinnern, dass irgendein kirchlicher Vertreter damals von der „Enteignung“ des Kreuzes gesprochen hätte. Diese, Ihre Wortwahl ist unangemessen und falsch, und dient dabei in keiner Weise unserer Kirche und der Verkündigung!

Wer unseren Ministerpräsidenten Söder etwas besser kennt, der weiß, dass er ein gläubiger Mensch und aktiver evangelischer Christ ist. Er selbst sieht im Kreuz sicher nicht nur ein „kulturelles Symbol“. Dieser Umstand scheint Sie offenbar nicht weiter zu interessieren.

Man müsste die Frage stellen, warum Sie beispielsweise als Erzbischof der Diözese München und Freising am 21.12.2017 die neue Zugspitzbahn eingeweiht haben. Haben Sie damals die Zugspitzbahn für die Kirche „enteignet? Was wäre denn der Sinn dieser Segnungen, eingeschlossen aller Segnungen von Fahrzeugen-, Straßen, Tunneln, Gebäuden und öffentlicher Plätze, zu denen sich Vertreter beider Kirchen gerne und regelmäßig einladen lassen. Sie selbst bilden da keine Ausnahme. Wenn Ihnen soviel an einem säkularen Verhältnis zwischen Kirche und Staat liegt, dann sollten Sie in Zukunft auch keine Einweihungen und Segnungen öffentlicher Gebäude, Anlagen und Fahrzeuge mehr durchführen.

Es drängt sich doch der Verdacht auf, dass die „Publicity“ in solchen Fällen Vorrang hat. Im Falle der nun aktuellen Debatte um den „Kreuzerlass“ scheint Ihnen aber der Mainstream, oder vielleicht doch die Einmischung in den Wahlkampf wichtiger zu sein. Konsequent verhalten Sie sich damit allemal nicht!

Zu anderen, wesentlich wichtigeren Themen schweigen Sie als Vertreter der deutschen Kirche. Wo bleibt denn Ihre mahnende Stimme in der aktuellen Diskussion um die Streichung des Paragrafen 219a? Schon zur Abtreibung selbst schweigen unsere Bischöfe; nun aber auch noch wenn es um die Werbung für die Tötung ungeborenen Lebens geht? Dass die Streichung des §219a widersinnig ist, lässt sich schon damit begründen, dass generell Werbung für Ärzte in Deutschland verboten ist. Warum sollte Werbung dann für Abtreibungen gestattet sein? In diese Debatte bringen Sie Ihre Stimme nicht ein. Ist diese Debatte vielleicht nicht populär genug?

An dieser Stelle richte ich meine Bitte an Sie, überdenken Sie derartige Äußerungen in Zukunft gründlicher. Zeigen Sie Mut in den wirklich brennenden Fragen unserer Zeit und in der Verkündigung, anstatt Gemeinplätze zu publizieren.

Mit freundlichen Grüßen,
Klaus Debes
CSA Kreisverband Freising

Bernhard Plath
Gewerkschaft GÖD

Arno Reichert
CSA Kreisverband Freising

Frank Langwieser
CSU Neufahrn

Archivfoto: Kardinal Marx mit Brustkreuz im Jahr 2012


Foto oben (c) kath.net


© 2018 www.kath.net