Missbrauchsopfer: Vorwürfe gegen engen Berater des Papstes

4. Mai 2018 in Aktuelles


Chilenischer Kardinal Errazuriz soll Strafverfolgung sexueller Vergehen jahrelang unterbunden und dessen Nachfolger Ezzati diese "vertuscht" haben


Vatikanstadt (kath.net/KAP) Chilenische Missbrauchsopfer haben schwere Vorwürfe gegen einen der engsten Berater des Papstes erhoben. Kardinal Francisco Errazuriz habe über mehr als fünf Jahre die Strafverfolgung sexueller Vergehen unterbunden, sagte James Hamilton am Mittwoch vor Journalisten in Rom. Er sowie Juan Carlos Cruz und Jose Andres Murillo hatten Papst Franziskus während eines mehrtägigen Treffens im Vatikan ihre Erfahrungen mit Missbrauch und Vertuschung in der chilenischen Kirche dargelegt.

Der 84-jährige Errazuriz ist Mitglied des Kardinalsrats, der Papst Franziskus bei der Kurienreform berät. Von 1998 bis zu seinem altersbedingten Rücktritt 2010 war er Erzbischof der chilenischen Hauptstadtdiözese Santiago. Mehrere Jahre stand er der Chilenischen Bischofskonferenz und dem Lateinamerikanischen Bischofsrat CELAM vor.

Hamilton sagte, Errazuriz sei seit 2002 über sexuelle Vergehen des Priesters Fernando Karadima informiert gewesen. Während der kirchliche Strafverfolger Eliseo Escudero die Anschuldigungen als glaubwürdig eingestuft habe, seien Ermittlungen von Errazuriz blockiert worden. Erst 2009 seien mit einer neuen Zeugenaussage von Cruz die Vorwürfe vor die römische Glaubenskongregation gelangt. Karadima wurde 2011 vom Vatikan verurteilt.

"Würden sie gern ins Gefängnis bringen"

Hamilton nannte Errazuriz einen "Kriminellen". Den Vorwurf der Vertuschung dehnte er auch auf den amtierenden Erzbischof von Santiago aus, den 76-jährigen Kardinal Ricardo Ezzati. "Wir würden sie gerne alle ins Gefängnis bringen", sagte Hamilton. Allerdings sehe das chilenische Strafrecht für die betreffenden Taten eine Verjährungsfrist von fünf beziehungsweise zehn Jahren vor. Auch Cruz sagte, Errazuriz und Ezzati hätten den Papst über den Missbrauchsskandal "hinters Licht geführt".

Die mehrstündigen Gespräche mit dem Papst verliefen nach Aussage der drei Missbrauchsopfer positiv. Sie bewerteten das Treffen als Zeichen für eine Wende der katholischen Kirche im Umgang mit dem Problem. Allerdings machten sie auch die Erwartung konkreter Konsequenzen deutlich. Der Papst habe von ihnen für die nächsten Tagen ein Vorschlagspapier erbeten und gesagt, er wolle weiterhin in Kontakt bleiben.

Cruz, Hamilton und Murillo waren eine Woche im vatikanischen Gästehaus Santa Marta zu Gast, um mit Papst Franziskus über ihre Erfahrungen sexuellen Missbrauchs durch einen Priester, über Vertuschung und über mögliche Lösungsansätze zu sprechen. Für Mitte Mai hat Franziskus die chilenischen Bischöfe zu Beratungen in den Vatikan einbestellt. Er hatte sie zuvor kritisiert, ihn unvollständig und einseitig über den Skandal informiert zu haben.

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