Wiener Dialogabend betont Haltungsänderung der Kirche bei Islam

28. April 2018 in Österreich


Generalsekretär des "Islamic Spiritual Summit" des Libanon und nationaler Dialogberater Sammak sprach mit "Pro Oriente"-Präsident Marte über Veränderungen der vergangenen zwei Jahre.


Wien (kath.net/ KAP)
Die wachsende Bedeutung des christlich-islamischen Dialogs mit jenen nahöstlichen Führungspersönlichkeiten, die Religionsfreiheit und gleiche Bürgerrechte für alle Bewohner befürworten, ist am Mittwoch in Wien bei einem Abend mit dem Generalsekretär des "Islamic Spiritual Summit" des Libanon und nationalem Dialogberaters Mohammad Sammak sowie mit "Pro Oriente"-Präsident Johann Marte betont worden. Sammak war einer der 138 Unterzeichner des offenen Briefes "Ein gemeinsames Wort zwischen Uns und Euch" (A Common Word Between Us & You), den Persönlichkeiten des Islam 2007 an "Führer christlicher Kirchen überall", darunter Papst Benedikt XVI., sandten. Derzeit ist er einer der Vertreter des Islams im Direktorium des Wiener KAICIID-Zentrums.

Sammak, der an zwei Vatikansynoden teilgenommen hat, erinnerte, dass die katholische Kirche jahrhundertelang den Islam als "Fake religion" und "satanische Religion" angesehen habe. Der Glaube sei gewesen, dass Mohammed "die Menschen in die Hölle führt". Durch das Konzilsdokument "Nostra Aetate" (1965) sei dann die Wende um 180 Grad gekommen. "Nostra Aetate" habe festgestellt, dass Muslime an den einen Gott glaubten und dass Muslime Jesus und seiner Mutter die Jungfrau Maria Respekt entgegenbrächten.

"Leider" - so Sammak - "hat sich dieses Konzept nicht zu den muslimischen Menschen überall auf der Welt, von Marokko bis Indonesien, durchgesprochen". Eigentlich wäre es die Rolle der im Libanon - Land mit 18 Glaubensgemeinschaften und 40 Prozent Christen - lebenden Muslime gewesen, diese Neuerung aus dem Vatikan unter ihren Glaubensbrüdern zu verbreiten. "Aber der Libanon war tragischerweise verstrickt in Bruder- und Stellvertreterkriege. Er hat seine Chance vertan, die Botschaft den Völkern im Nahen Osten zu bringen." In der Folge sei der islamische Fanatismus gestärkt worden; die Religion sei missbraucht worden. Diese Phase scheine vielerorts überwunden. "Gott sei Dank öffnen wir ein neues Kapitel", so Sammak.

Die dialogoffenen islamischen Sprecher verhandelten jetzt direkt mit dem Vatikan. Im Mai 2016 sei es zur historischen Al-Azhar-Konferenz mit Papst Franziskus und Großimam Ahmad al-Tayyeb gekommen, und zu der bahnbrechenden Erklärung für Friedensstiftung aus religiöser Überzeugung und gegen Fanatismus, sowie in Folge dann im März 2018 zur Wiener "Charter of Conviviality" ("Charter of Vienna"). Ein weiterer Durchbruch sei der jüngste Besuch von Kurienkardinal Jean-Louis Tauran in Saudi-Arabien.

Als wichtigen Partner bezeichnete Mohammad Sammak den ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah el-Sisi, der im Hintergrund auch für eine Verfassung mit gleichen Bürgerrechten für Muslime und christliche Kopten lobbyiere. "Sisi arbeitet sogar stärker als die Kairoer Al-Azhar-Universität daran, dass die Rechte der Christen in Oberägypten geschützt werden", sagte der libanesische KAICIID-Vertreter.

Wenig bekannt sei, dass in den Golfstaaten zahlreiche neue Kirchen auf Staatsgrund gebaut worden seien, berichtete Sammak. Allein in Abu Dhabi seien neun errichtet worden. "Das ermutigt uns", so der Libanese.

Sein Land nannte er ein Vorbild, allerdings sei es auch wieder "nicht eine perfekte Demokratie". Aber man sei übereingekommen, dass die paritätische konfessionelle National-Entente von Taif (1989) auch weiterhin eingehalten werde, obwohl das Gleichgewicht Christen-Muslime schon lange nicht mehr gegeben sei und die Mehrheit heute Muslime seien. Die libanesische Erfahrung der 1980er-Jahre mit Stellvertreterkriegen auf dem eigenen Territorium müsse mittlerweile Syrien machen. "Niemand kann sagen, wie es dort weitergeht und was letztendlich rauskommt." Die EU sorge sich in erster Linie darum, dass die Flüchtlinge nicht nach Europa gelanten, und gebe dem Libanon Geld. "Sie hilft deshalb, damit man die Flüchtlinge im Libanon lässt."

"Pro Oriente"-Präsident Marte erinnerte bei der Veranstaltung an Kardinal Franz Königs Aufforderung zum interreligiösen Dialog. Bereits zuvor - im Interview mit der Würzburger "Tagespost" - hatte sich Marte diesbezüglich geäußert. König, der "Pro Oriente" zur Pflege der Beziehungen mit den Ostkirchen gegründet hatte, habe "einmal öffentlich gesagt, der interreligiöse Dialog sei ihm fast wichtiger als der ökumenische". Daraufhin habe er, Marte, ihn angerufen und gesagt: "Herr Kardinal, Sie ziehen uns den Teppich unter den Füßen weg." Er habe geantwortet: "Sie werden sehen, der interreligiöse Dialog wird noch viel wichtiger werden - und er behielt Recht."

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