„Mögen täten wir schon, aber…“

27. März 2018 in Kommentar


Die Bayerische Staatsregierung wird doch nicht vor dem BVG gegen die vom Bundestag beschlossene „Ehe für alle“ klagen. Gastbeitrag von Prof. Hubert Gindert/Forum Deutscher Katholiken


Bonn (kath.net/Blog Forum Deutscher Katholiken) „Mögen täten wir schon wollen, aber dürfen haben wir uns nicht getraut“ (Karl Valtentin). Die Bayerische Staatsregierung wird doch nicht vor dem BVG gegen die vom Bundestag beschlossene „Ehe für alle“ klagen. Wie die Augsburger Allgemeine Zeitung (AZ) unter „Ehe für alle – es bleibt dabei“ (7.3.2018) als Gründe für die unterlassenen Klage berichtet, überzeugt nicht.

„Die wesentliche Frage war die nach der Auslegung der Ehe“ erklärte der Augsburger Juraprofessor Ferdinand Wollenschläger, der neben der Göttinger Juristin Professor Dagmar Coester-Waltjen ein Gutachten für die Staatsregierung verfasste. Er vertrat, die Ehe sei im GG nicht genau definiert. Richtig. Art. 6, Abs. 1 GG lautet: „Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung“

Nun gibt es Juristen, wie der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts Hans-Jürgen Papier oder Rostocker Rechtsprofessor Jörg Benedict, die das anders sehen. Ehe wurde auch deswegen nicht als Gemeinschaft von Mann und Frau in der Verfassung definiert, weil es für die Verfassungsväter so selbstverständlich war, dass sich eine Definition erübrigte. Denn das war bis dahin nicht nur für den jüdisch-christlichen Kulturkreis eine pure Selbstverständlichkeit, sondern auch für die heidnische Antike mit Athen und Rom als Zentren. Die Verfassungsväter haben auch nicht das unterschiedliche Geschlecht von Mann und Frau näher begründet, sondern gingen von der allgemein anerkannten Tatsache aus. Sie sagen z.B. im Art. 3 Abs. 2: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“. Im Zeitalter des Genderismus ist eine solche Aussage eher anstößig.

Wollenschläger weiter: „Die zunehmende rechtliche und auch gesellschaftliche Anerkennung gleichgeschlechtliche Partnerschaften haben die Bedeutung des historischen und tradierten Eheverständnisses für die Verfassungsinterpretation relativiert“. Das heißt offensichtlich, dass es keine sicheren Wahrheiten mehr gibt, weil sich Meinungen ändern können. Das kann dann aber auch für sogenannten Grundrechts- und Verfassungsprinzipien gelten, die nach bisheriger Auffassung durch keine Mehrheit verändert werden können.

Wenn der Bayerische Justizminister Bausback mit Blick auf das Ausland meint, „in vielen westeuropäischen Staaten sowie in Nord- und Südamerika sei die „Ehe für alle“ eingeführt worden, ohne dass dies auch nur in einem dieser Länder als verfassungswidrig bewertet worden sei. Darunter seien auch stark katholisch geprägte Länder wie Portugal oder Spanien“ so ist das keine Begründung. Wenn bei einer Fehlentwicklung noch nicht geklagt wurde, sagt das nichts aus, ob ein solcher Schritt richtig oder falsch war. Und wenn das auch für katholische Länder zutrifft, so heißt das nicht, dass die Kirche die „Ehe für alle“ als natur- und schöpfungskonform und im Einklang mit ihrer Lehre sieht.

Die Feststellung der Gutachter, wonach die Einführung der „Ehe für alle“ zu keiner „weiteren Aufweichung des Ehebegriffes“ führe („Durch die gleichgeschlechtliche Ehe wird der Begriff der Ehe nicht beliebig“, so Bausback), weil sie auch auf Dauer angelegt und eine Zweierbeziehung sei, ist ein semantischer Trick zur Beruhigung der Gemüter und auch schon überholt: In Kolumbien wurde inzwischen eine „Dreierbeziehung“ legalisiert.

Der angegebene Grund für den nicht beschrittenen Weg einer Klage am BVG, der vielleicht manchen überzeugt, ist der, welcher in der Vorlage zur Kabinettssitzung der Bayerischen Staatsregierung erwähnt wird, nämlich , „dass das Gericht eine Klage zum Anlass nehmen könnte, eine Verpflichtung des Gesetzgebers zur Einführung der Ehe für alle festzuschreiben. Dann sei dem Gesetzgeber eine Korrektur der Öffnung der Ehe definitiv nicht mehr möglich. Das ist jedenfalls ein passendes Feigenblatt sich vor einer Klage herumzudrücken.“


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