Küng: Familie muss Querschnittsmaterie für Politik sein

9. Jänner 2018 in Familie


"Familienbischof" gibt in "Tagespost"-Interview Anregungen für Konkretisierung von mehr Generationengerechtigkeit - Gegen Kürzungen bei Flüchtlingen, "die wirklich verfolgt sind" - Hoffnung auf Verbesserungen beim Lebensschutz


München (kath.net/KAP) Die Familie müsste mehr als bisher eine Querschnittsmaterie für die Politik sein. Das hat der St. Pöltner Bischof Klaus Küng in einem Interview für die aktuelle Ausgabe der deutschen katholischen Wochenzeitung "Die Tagespost" unterstrichen. "Der Blick auf Familien muss sich wie ein roter Faden durch alle Bereiche der Politik ziehen", sagte der langjährige "Familienbischof". Denn fehlende Kinder und armutsgefährdete Familien wirkten sich negativ auf die gesamte Gesellschaft aus. Lob zollte Küng dem Regierungsprogramm der ÖVP-FPÖ-Koalition, in dem ein ganzes Kapitel der Zukunftsfähigkeit und Unterstützung von Familien gewidmet sei: "Das sind neue, erfreuliche Töne."

Ob das Bekenntnis der neuen Regierung zur "Gerechtigkeit für alle Generationen" sowie dazu, dass "die Kinder im Mittelpunkt" stehen, bereits eine Wende zu mehr Generationengerechtigkeit darstelle, wollte der St. Pöltner Diözesanbischof "nicht voraussagen, aber hoffen". Küng gab dem Kabinett von Kanzler Sebastian Kurz eine Reihe von familienpolitischen Anregungen mit: Er plädierte etwa für mehr finanzielle Anreize zum Heiraten anstatt dessen, dass "nichtverheiratete Paare vom Staat größere Zuwendungen erhalten". Weiters solle die Kinderpause für die Pension angerechnet und "über eine Art Müttergehalt" nachgedacht werden.

Wie sich die Regierung ihr angekündigtes "familiengerechtes Steuermodell" konkret vorstellt, war zum Zeitpunkt des Interviews noch unklar. Laut Bischof Küng könnte das französische Modell eines Steuersplittings Vorbild sein, das auch die Kinder berücksichtigt und "einen wirklichen staatlichen Anreiz bietet, mehr Kinder zu bekommen". Kinderreiche Familien zu fördern diene letztlich der gesamten Gesellschaft.

Küng schloss sich dem Lob sowohl des Katholischen Familienverbandes als auch des kirchlichen "Instituts für Ehe und Familie" für den von der Regierung geplanten "Familien-Steuerbonus" von bis zu 1.500 Euro pro Kind und Jahr an. Zugleich mahnte er, Familienpolitik dürfe sich nicht in Steuervorteilen erschöpfen, "es geht auch um Bildung, um Sozialversicherung, um Armutsbekämpfung und um das Ermöglichen von Chancen".

Sparen ja, aber Arme verschonen

Ein "wichtiges Ziel gerade mit dem Blick auf Generationengerechtigkeit" wäre aus der Sicht Küngs, der auch Finanzreferent der Österreichischen Bischofskonferenz ist, die Absicht der türkis-blauen Koalition, die Steuer- und Abgabenquote auf 40 Prozent zu senken und den staatlichen Schuldenberg abzubauen. Derzeit gelte: "Wir leben über unsere Verhältnisse und belasten jene, die nach uns kommen." Ohne ernste Reformen im Verwaltungsapparat und echte Sparmaßnahmen sei diesem Missstand nicht beizukommen, so der Bischof.

Wichtig bei allen Sparvorhaben sei allerdings, dass dabei "nicht die Schwachen und Armen unter die Räder kommen". Falsch wären auch Kürzungen bei der Entwicklungshilfe oder bei jenen Flüchtlingen, "die wirklich verfolgt und bedroht sind". Küng kritisierte in diesem Zusammenhang Abschiebungen von Asylbewerbern "trotz echter Bedrohung für sie und ihre Angehörigen", die ernsthaft Christ werden wollten oder es bereits sind.

"Fristenregelung bleibt Unrecht"

In dem Tagespost"-Interview äußerte sich Österreichs dienstältester Diözesanbischof (der mit seinem 75. Geburtstag am 17. September 2015 kirchenrechtsgemäß dem Papst seinen Rücktritt anbot und seither "nunc pro tunc" - "jetzt für später" - weiter amtiert) auch kritisch über das Thema Abtreibung: "Für mich als Bischof bleibt die Fristenregelung Unrecht, und es gibt nichts Gutes im Schlechten." Küng forderte "eine ehrliche Auseinandersetzung" mit dem Thema ein, die Fristenregelung füge "nun seit mehr als 40 Jahren Frauen und Kindern Unrecht zu".

Die bei deren Einführung versprochenen flankierenden Maßnahmen stünden noch immer aus; es gebe keine verpflichtende psychosoziale Unterstützung und Beratung, keine "Abkühlphase" zwischen dem Feststellen und dem Abbrechen einer Schwangerschaft, keine Trennung zwischen behandelndem und abtreibendem Arzt - und bisher verweigert wurde seitens der Politik auch eine Statistik über Alter, Motive und Häufigkeit von Abbrüchen, um zielsichere Hilfe anbieten zu können.

Auch hier gebe das Regierungsprogramm Hoffnung: ÖVP und FPÖ kündigten mehr Unterstützung von Schwangeren in Krisensituationen an, geplant ist auch eine parlamentarische Enquete über eugenische Indikation und Spätabtreibungen. Für Küng "Schritte in die richtige Richtung". Die Abschaffung der medizinischen Indikation bei Vorliegen einer Behinderung oder bei bloßem Verdacht darauf sei "längst überfällig". Der Bischof nannte es "ein entsetzliches Unrecht", dass in Österreich ungeborene Kinder mit möglichen Behinderungen bis zum Einsetzen der Wehen im Mutterleib per Herzstich getötet werden können. Das sei "eine tödliche Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen", beklagte Küng. "Es gibt in Österreich immer noch kein Recht auf Leben für alle."

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