Kanada: Eltern fragen nach Euthanasie für ihre Kinder

23. November 2017 in Chronik


Die Regierung untersucht eine Ausweitung der Euthanasie. Diese könnte auch für Kinder und Jugendliche möglich sein. Anfragen dazu sind zwar selten, aber vorhanden, berichtet der Kinderärzteverband CPS.


Toronto (kath.net/LSN/jg)
In Kanada ist Euthanasie seit ungefähr einem Jahr legal. Kinderärzte berichten mittlerweile über Anfragen von Eltern, ob das Leben ihrer Kinder durch Euthanasie beendet werden könnte. Dies ist das Ergebnis einer Studie des Kanadischen Kinderärzteverbandes CPS (Canadian Paediatric Society).

Das im Juni 2016 beschlossene Gesetz erlaubt Euthanasie für Personen ab 18 Jahren, die an einer schweren und unheilbaren Krankheit leiden, unerträgliche Schmerzen haben und deren Tod vernünftigerweise absehbar ist.

Der Justizausschuss des kanadischen Unterhauses hat mit einem Zusatz zum Euthanasiegesetz die Regierung beauftragt, eine Ausweitung der Euthanasie in drei Bereichen zu untersuchen: Kinder oder reife Minderjährige, Geisteskrankheiten und Euthanasie in Patientenverfügungen für Personen mit degenerativen Erkrankungen wie Demenz.

Vor diesem Hintergrund hat die CPS 1.050 Kinderärzte in Kanada über ihre Erfahrungen mit Euthanasie befragt.

45 Kinderärzte berichteten, sie seien mit dem ausdrücklichen Wunsch nach Euthanasie konfrontiert worden. Mehr als die Hälfte der insgesamt 91 Anfragen hätten Neugeborene oder Kinder unter einem Jahr betroffen, heißt es in dem Bericht. Weitere 118 Kinderärzte hatten mit Eltern zu tun, die Interesse an Euthanasie für Kinder gezeigt hätten. Die Ärzte berichteten von insgesamt 419 Fällen.

Bei den Kindern selbst war das Interesse deutlich niedriger. 35 Kinderärzte berichteten, sie hätten mit insgesamt 60 Kindern und Jugendlichen über Euthanasie gesprochen. Neun der Ärzte erhielten direkte Bitten um Euthanasie von insgesamt 17 Kindern und Jugendlichen.

Im Zuge der laufenden Debatte um Ausweitung der Euthanasie rechnet die CPS mit einer Zunahme der Anfragen.

Eine Umfrage CPS unter den Kinderärzten ergab, dass 46 Prozent Euthanasie bei reifen Minderjährigen befürworten, die unter unerträglichen Schmerzen leiden oder im Endstadium einer tödlichen Krankheit sind. Von den insgesamt 1.979 Mitgliedern der CSP antworteten 574, das sind 29 Prozent.

Das Ergebnis der CPS-Studie zeige, dass in erster Linie die Eltern Interesse an Euthanasie für ihre Kinder hätten, nicht die Kinder und Jugendlichen selbst. Das sagte Alex Schadenberg, der Leiter der Euthanasia Prevention Coalition, die sich gegen Euthanasie einsetzt.

Die Befürworter der legalen Euthanasie hätten diese in erster Linie mit der Autonomie des Individuums begründet, erinnert er. Das sei bei nicht volljährigen Personen nicht möglich. Bei Kindern und Minderjährigen würden sie die Frage stellen: „Warum willst du sie leiden lassen?“ Das Gesetz, so argumentieren die Euthanasiebefürworter, sei ungerecht. Euthanasie sei nach gegenwärtiger Rechtslage für Erwachsene legal, nicht aber für Kinder oder Jugendliche. Eltern und Erziehungsberechtigte könnten über die medizinische Behandlung ihrer Kinder entscheiden. Weil das Gesetz diese Möglichkeit einräume, dann sollte das nach Ansicht ihrer Befürworter auch für die Euthanasie gelten.

Sobald die Euthanasie legalisiert werde, würden im Lauf der Zeit immer mehr Anlässe dafür akzeptiert werden. Dies zeige die aktuelle Debatte um Ausweitung der Euthanasie und sei auch in anderen Rechtsbereichen festzustellen, sagte Schadenberg.


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