Kardinal Müller verteidigt ‚Amoris laetitia’

1. November 2017 in Weltkirche


Er bedauert die ‚bittere Auseinandersetzung’ um das achte Kapitel des nachsynodalen Schreibens. Papst Franziskus lehre nicht, dass Personen im Stand der schweren Sünde ohne Buße die Sakramente empfangen dürften, schreibt der Kardinal.


Rom (kath.net/jg)
Gerhard Kardinal Müller, der emeritierte Präfekt der Glaubenskongregation, hat das nachsynodale päpstliche Schreiben „Amoris laetitia“ gegen Kritiker in Schutz genommen. Gleichzeitig hat er das Vorgehen liberal-progressiver Theologen abgelehnt, die einzelne Sätze von Papst Franziskus zum Dogma erheben während sie das päpstliche Lehramt bei „Humanae vitae“ ablehnen.

Kardinal Müller hat seine Gedanken in einem Vorwort zu einem Buch des italienischen Philosophen und Politikers Rocco Buttiglione niedergeschrieben, das am 10. November in Italien erscheinen soll. Auszüge davon wurden am Montag in der italienischen Tageszeitung La Stampa abgedruckt. Buttigliones Buch trägt den Titel „Wohlmeinende Antworten an Kritiker von ‚Amoris laetitia’“ und setzt sich unter anderem mit den fünf „dubia“ der Kardinäle Meisner, Brandmüller, Caffarra und Burke auseinander.

Müller bedauert die „bittere Auseinandersetzung“ um das achte Kapitel von „Amoris laetitia“. Die Frage der Zulassung zivilrechtlich geschiedener Wiederverheirateter zur Kommunion sei „fälschlicherweise zu einer entscheidenden Frage des Katholizismus“ hochstilisiert worden. Sie sei zum Maßstab der Einordnung in Kategorien wie „konservativ“ oder „liberal“, „gegen“ oder „für“ Papst Franziskus geworden.

Nach Ansicht des deutschen Kardinals sei es Papst Franziskus in „Amoris laetitia“ viel mehr um pastorale Initiativen gegangen, mit denen bestehende Ehen gestärkt und ihr Scheitern verhindert werden könnten, als um die pastorale Sorge für zerbrochene Ehen. Aus Sicht der Neuevangelisierung sei es wichtiger, alle Getauften an Sonntagen und gebotenen Feiertagen zum Besuch einer heilige Messe zu bewegen als die Frage zu klären, ob es möglich sei, dass eine zahlenmäßig begrenzte Gruppe von „Katholiken mit ungewisser Ehesituation“ rechtmäßig die Kommunion empfangen können, schreibt er .

In „Amoris laetitia“ lehre der Papst keineswegs, dass Personen die im Stand der schweren, gewohnheitsmäßigen Sünde die Sakramente ohne vorherige Beichte und ohne die Absicht, diese in Zukunft zu unterlassen, empfangen könnte, betont Müller im Hinblick auf das erste der fünf „dubia“.

Zusätzlich gelte es, bei der Bewertung der Schuldhaftigkeit des einzelnen eventuell vorhandene „mildernde Umstände“ zu berücksichtigen. Diese würden aus einer objektiv schlechten Handlung keine subjektiv gute Handlung machen, schreibt der Kardinal unter Bezug auf dubium 4. Im Rahmen einer pastoralen Unterscheidung im internen Forum könnte dies aber eine Zulassung zur Kommunion für Katholiken in diesen Situationen möglich machen.

Katholiken, die ohne eigene Schuld von ihrem Ehepartner verlassen worden sind, bedürften ebenfalls einer besonderen Beurteilung ihrer Situation, schreibt Kardinal Müller. Sie sollten auf einen „Weg der Bekehrung“ geführt werden, der über eine „einfache Übernahme des relativistischen Zeitgeistes“ noch eine „kalte Anwendung dogmatischer Vorschriften und kanonischer Anordnungen“ hinausgehe, schlägt er vor.

Archivfoto Kardinal Müller (c) Bistum Regensburg


© 2017 www.kath.net