Kardinal Müller: In der Kurie herrscht ein Klima der Angst

3. Oktober 2017 in Weltkirche


Papst Franziskus ist von ‚Spionen’ und ‚falschen Freunden’ umgeben, sagt der emeritierte Präfekt der Glaubenskongregation.


Rom (kath.net/jg)
In der römischen Kurie herrsche ein Klima der Angst. Ein kurzes oder harmloses Wort der Kritik sei oft ausreichend, um in Ungnade zu fallen. Diese Bemerkungen würden Papst Franziskus zugetragen und die fälschlich beschuldigten Personen hätten keine Möglichkeit, sich zu verteidigen. Dies sei ihm aus verschiedenen Bereichen der römischen Kurie versichert worden, sagte Kardinal Müller in einem Interview mit Edward Pentin vom National Catholic Register (siehe Link am Ende des Artikels).

Dieses Phänomen sei nicht auf den Vatikan beschränkt, ergänzte Müller. An Hochschulen und Universitäten sei es ähnlich. Jeder, der das nachsynodale päpstliche Schreiben „Amoris laetitia“ in Frage stelle, insbesondere die vieldiskutierte Fußnote 351, gefährde seine akademische Karriere, sagte er.

In der Debatte um „Amoris laetitia“ vermisst der ehemalige Präfekt der Glaubenskongregation das Gespräch zwischen Vertretern unterschiedlicher Interpretationen. „Es ist eine große Gefahr für die Kirche, dass sich einige ideologische Gruppen als die alleinigen Wächter der einzig wahren Interpretation von Amoris laetitia präsentieren. Sie glauben, sie haben das Recht, alle die anderer Ansicht sind, als dumm, unnachgiebig, altmodisch, mittelalterlich, und so weiter zu verurteilen“, sagte Müller wörtlich. Niemand könne behaupten, dass Kardinal Caffarra nichts von Moraltheologie verstanden habe. Dennoch sei das beschriebene „unchristliche Verhalten“ im L’Osservatore Romano, der halboffiziellen Vatikanzeitung, zu finden gewesen, kritisiert Müller.

Eine Verbesserung der gegenwärtigen Situation könne nur durch eine fundierte theologische Diskussion erreicht werden. Papst Franziskus hätte den Kardinälen, welche die „dubia“ an ihn gerichtet hätten, eine Audienz gewähren sollen, am besten noch vor deren Veröffentlichung, ergänzte der Kardinal.

Erneut betonte Müller, dass „Amoris laetitia“ keine neue Lehre enthalte, sondern die bestehende bestätige. In Frage sei lediglich die pastorale Anwendung in außergewöhnlichen Situationen. Auf Spekulationen über mögliche Ghostwriter wollte sich der Kurienkardinal nicht einlassen. Das Schreiben sei letztlich ein Dokument des Papstes, ganz unabhängig davon, ob andere dazu beigetragen hätten.

Er selbst sei immer loyal zu Papst Franziskus gewesen, unterstrich Kardinal Müller. Anderslautende Behauptungen von „Vatikanisten“, aus „ultramontanen Kreisen“ und einer anonymen Gruppe „falscher Freunde“ um den Heiligen Vater wies er zurück. „Mein ganzes Leben als Priester, Theologe und Bischof habe ich für das Königreich Gottes und seine heilige Kirche gearbeitet. Mich jetzt als Feind des Nachfolgers des heiligen Petrus darzustellen ist verrückt und ungerecht“, sagte Müller wörtlich.

Link zum Interview mit Kardinal Müller (englisch):

ncregister.com


© Foto: kath.net/Markus Gehling



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