Papst in Bologna: Abschlussgottesdienst im Fußballstadion

1. Oktober 2017 in Weltkirche


Franziskus mahnt bei seinem Besuch in Bologna zu mehr gesellschaftlicher Solidarität - Klares Bekenntnis zu Europa


Rom (kath.net/KAP) Papst Franziskus hat am späten Sonntagnachmittag im Fußballstadion des FC Bologna mit tausenden Gläubigen eine Messe zum Abschluss seiner eintägigen Reise nach Bologna gefeiert. Zuvor hatte er u.a. bei einer Begegnung mit Wirtschaftsvertretern und Arbeitslosen mehr gesellschaftliche Solidarität eingemahnt. In einer Rede vor Studenten und Professoren übte er heftige Kritik an jeder Form von Populismus und Unruhe schürenden Falschnachrichten. Die Priester der Diözese Bologna rief der Papst dazu auf, nah am Volk zu sein.

In seiner Predigt beim Abschlussgottesdienst führte der Papst aus, dass das christliche Leben ein Weg sei, den man mit Bescheidenheit und immer mit Blick auf den Herrn führen sollte, wie Radio Vatikan berichtete. Das Schlüsselwort sei "Reue", man müsse bereit sein, ein "Nein" gegenüber Gott zu einem "Ja" zu verwandeln. Man könne auswählen: Entweder man bleibe ein "heuchlerischer Sünder" oder man wähle stattdessen den Weg des "reuigen Sünders". Der Herr suche genau diese Menschen auf, so der Papst.

Drei Stichwörter wolle er den Gläubigen mitgeben, so Franziskus, die im Italienischen alle mit dem Buchstaben "P" beginnen: Parola - das Wort Gottes - solle zum Richtungshinweis auf dem Weg des Herrn sein. Pane - das Brot - soll durch die Eucharistiefeier der Treffpunkt mit dem Herrn sein und die Einheit mit der Kirche stärken. Das dritte Stichwort lautete "Poveri" - die Armen. Wer mit ihnen ist, der treffe Jesus. Auch müsse man selber bereit sein, alles aufzugeben, um den Herrn aufzusuchen.

Papst betont Wert der Bildung

Eine Rede über Bildung und Europa hielt der Papst bei seinem vorletzten Termin in Bologna: Vor Vertretern der akademischen Welt ging Franziskus auf der Piazza San Domenico auf die Bedeutung einer "guten Erziehung" ein und erinnerte daran, dass sich Europa auf seine Wurzeln zurückbesinnen muss. Er träume von einem neuen europäischen Humanismus und einer "Mutter Europa, die das Leben achtet und Lebenshoffnung bietet", sagte er am Sonntag vor Professoren und Studenten. Partikularinteressen und nationales Denken dürften nicht die Visionen der Gründerväter der europäischen Einheit zunichtemachen. Wenn es um Frieden gehe, könne man nicht "gleichgültig oder neutral" bleiben.

Die EU sei entstanden, um "das Recht auf Frieden zu schützen", so der Papst. Er verwies nicht nur auf die "großen Männer der Kultur und des Glaubens, die ihr Leben für das europäische Projekt hingegeben haben, sondern auch auf die Millionen Menschen, die das Leben verloren, weil es keine Einheit und keinen Frieden gab". Die EU sei nach zwei Kriegen und "grausamer Gewalt von Volk gegen Volk" entstanden. Die heutigen Bürger dürften "keine Angst vor der Einheit" haben, sagte der Papst.

Franziskus erinnerte auch an die ins 11. Jahrhundert zurückreichende Tradition der Rechtsschule von Bologna. Die Universität sei für jene Wissenschaft entstanden, die "die Person verteidigt, das gemeinsame Leben regelt und vor der Logik des Stärkeren, der Gewalt und der Willkür schützt". Die Rechte von Personen und Völkern sowie der Schwächsten zu stärken, sei eine "aktuelle Herausforderung", so der Papst.

Energisch wandte sich Franziskus zugleich gegen Populismus und Unruhe schürende Falschnachrichten. Es gebe ein "Recht, nicht täglich von der Angst- und Hassrhetorik überschwemmt zu werden", sagte er. Besonders junge Menschen hätten ein "Recht auf Hoffnung", um ohne Zukunftsangst aufzuwachsen und zu erfahren, dass es im Leben schöne und beständige Dinge gebe.

Weiter warb Franziskus für ein "Recht auf Kultur". Aufgabe von Bildung sei es, das Beste aus jedem Menschen herauszuholen. Ein Wissen, das sich in den Dienst des Meistbietenden stelle, Spaltung fördere und Unterdrückung rechtfertige, sei keine Kultur. Die akademische Welt müsse den "lähmenden Kehrversen des kulturellen Konsumismus" dynamisch und energisch antworten.

Die "Suche nach dem Guten" nannte der Papst den Schlüssel für erfolgreiche Wissenschaft. "Die Liebe ist die Zutat, die den Schätzen des Wissens und besonders dem Menschen- und Völkerrecht Würze gibt", sagte er den Studierenden und Lehrenden.

Begegnung mit Priestern

Vor der Begegnung mit Studenten und Professoren war Franziskus in der Kathedrale von Bologna mit Priestern der Diözese zusammengetroffen. Es sei falsch, wenn ein Priester sich als Einzelgänger fühle, so der Papst. Jeder Priester sei Teil einer Gemeinschaft und solle mithelfen, den "Sinn für die Diözesanität" zu fördern. "Wir sind Brüder", erinnerte der Papst die anwesenden Geistlichen. Man müsse, wie es der Apostel Paulus vorgelebt habe, den "Mut haben", die Frohe Botschaft zu verkünden und danach zu leben. Es brauche hierzu auch "eine große Portion Geduld", fügte Franziskus an.

Ein guter Priester sei nah am Volk, folge ihm und gebe den Menschen gleichzeitig Orientierung, umschrieb der Papst den "idealen Priester". Vorwärts, mittendrin und ganz hinten: diese drei Wirkungsorte gehörten dazu. Ein Priester müsse vorwärts schauen und gleichzeitig mitten unter den Gläubigen sein, zudem dürfe er nicht jene vergessen, die "hinten anstehen".

Klerikalismus sei eine "schlimme Sünde", betonte Franziskus. Damit meine er Priester, die nicht ihrer Berufung sondern eine persönliche Karriere verfolgten. Ein schlechtes Beispiel sei etwa, wenn ein Priester vor seinem Arbeitszimmer einen "Sprechstundenplan" aufhänge, so Franziskus. "Was würden wir tun, wenn wir vor dem Tor des Herrn ein solches Schild antreffen würden?", fragte der Papst. Die Türen sollten immer für alle offen sein. Vor allem gelte dies für das Sakrament der Versöhnung. Beichtstühle müssten immer zugänglich sein.

Arbeitslose nicht nur Zahlen einer Statistik

Sonntagmittag hatte der Papst in einer Rede vor den Bürgern Bolognas auf der Piazza Maggiore gemahnt, das Prinzip der Solidarität nicht um des Profits willen und auf Kosten der Armen aufzuweichen. Auch dürfe sich die Gesellschaft nicht an Jugendarbeitslosigkeit und das Schicksal von Beschäftigten, die ihre Stellen verloren hätten, gewöhnen. Sie seien nicht nur Zahlen einer Statistik. Der Papst richtete seine Rede vor allem auch an Arbeitslose sowie Vertreter von Gewerkschaften, Unternehmer- und Genossenschaftsverbänden.

Die Eingliederung von Zugewanderten wie der Kampf gegen Armut hingen wesentlich von der Beschäftigung ab, so Franziskus weiter. Es gebe keine echte Hilfe für Arme, wenn sie nicht "Arbeit und Würde" fänden. Die Herausforderung verglich der Papst mit dem Wiederaufbau nach dem Krieg. Die Wirtschaftskrise in Europa sei auch eine "ethische, spirituelle und menschliche" Krise. Ihr zugrunde liege ein "Verrat am Gemeinwesen, sei es durch Einzelne oder durch Machtgruppen".

Gruß an Terror-Überlebende

Am Rand der Veranstaltung grüßte Franziskus Überlebende des Bombenanschlags von Bologna im Jahr 1980. Bei dem Attentat damals wurden 85 Menschen getötet und mehr als 200 verletzt.

Im Anschluss sprach Franziskus vor der Kathedrale von Bologna das Mittagsgebet. Danach würdigte er den slowakischen Salesianerpater Titus Zeman, der am Vortag in Bratislava selig gesprochen worden war. Das anschließende Mittagessen nahm der Papst mit Armen, Senioren, Arbeitslosen, Behinderten und Flüchtlingen in der Basilika San Petronio ein.

Der sonntägliche Besuch in Cesena und Bologna war die vierte inneritalienische Reise des Papstes in diesem Jahr und die 16. seit seinem Amtsantritt. Die Erzdiözese Bologna wird vom früheren römischen Weihbischof Matteo Zuppi (61) geleitet, den Franziskus 2015 in die Hauptstadt der Region Emilia-Romagna berief. Vorgänger Zuppis war der jüngst gestorbene Kardinal Carlo Caffarra. Erzbischof Zuppi dankte dem Papst beim Abschlussgottesdienst für den Besuch und die vielen Impulse, die Franziskus den Menschen mitgegeben habe. Nach dem Gottesdienst kehrte der Papst um ca. 19 Uhr per Hubschrauber nach Rom zurück.

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