'Merkel muss weg' - Ein Nachruf auf den politischen Katholizismus

26. September 2017 in Kommentar


Da es kaum noch praktizierende Katholiken unter 60 in Deutschland gibt, war klar, dass der politische Katholizismus Abschied nimmt. Merkel hat Abgang beschleunigt, massiv unterstützt von deutschen Bischöfen. Gastkommentar von Franz Norbert Otterbeck


Berlin (kath.net) Da es kaum noch praktizierende Katholiken unter 60 in Deutschland gibt, war es klar, dass der politische Katholizismus hier früher oder später seinen Abschied nimmt. Früher oder später. Angela Merkel hat den Abgang beschleunigt, massiv unterstützt von deutschen Bischöfen, die sich immer noch vormachen, dass man ihren inflationären "Aufrufen" draußen irgendeinen Wert beimisst. Demütig habe ich mit beiden Stimmen wiederum CDU gewählt, wie es sich für einen Katholiken einstmals gehörte. Vor der Bekanntgabe der Prognose um 18 Uhr frönte ich auch noch einem gewissen Zweck-Optimismus, dass "gutes Wetter" der Bundeskanzlerin (ihrer Union) nochmals 38% bescheren könnte. Im Gegenteil. Nach den früheren Grundregeln parlamentarischer Demokratie hätten die herben Verluste sowohl bei CDU/CSU als auch SPD zum sofortigen Rücktritt aller politisch Verantwortlichen geführt. Alles andere war unanständig. Zuzugeben ist freilich, dass Angel Merkel ein derart unbestelltes Haus führt, in dem, außer ihr, nur noch ein Vollblutpolitiker zu agieren scheint (Schäuble, 75). Sie muss es erst noch bestellen, also einen Übergang bis 2018 oder 2019 organisieren. Dann aber wird die "Ära Merkel" ihr Ende finden, wie auch einst Adenauer nach seinem versiebten Mauer-Wahlkampf 1961 (mit besserem Ergebnis!) seine Abdankung vorzubereiten hatte. Überdies hat Merkel 3 von 4 der schlechtesten Wahlergebnisse zu verantworten, außer dem von 1949, als es noch KPD und Zentrum im Bundestag gab.

Mit einem Bismarck-Fan Altmaier allein wird der politische Katholizismus allerdings nicht auferstehen. Da müssen ganz andere Massen bewegt werden. Der nahezu absurde "LInksintegralismus" mancher deutscher Bischöfe hat zwar nicht wesentlich, wohl aber signifikant zum Titanic-Tag der einstmals unionsnah aktiven "politisierten" Katholiken beigetragen. Man springt aus dem Boot, aus Angst zu kentern. Verzockt hat sich nicht nur Merkel mit ihrer "Ehe für alle". Seit dem 30. Juni hatten etliche der treuesten CDU-Wahlkämpfer einfach keine Lust mehr, "sowas" zu vertreten. Verspielt haben auch die hehren Bischofswortziselierer, Hirtendarsteller - und vor allem Großarbeitgeber - rund um die bischöflichen Stühle ihren "Führungsanspruch". Die wirklichen Sorgen ihrer wirklichen Schäfchen sind ihnen seit langem schon kaum noch einen Pfifferling wert. Eingeübt wurden Sprachspiele der Wohlfühlsimulation, auch in Münster, München oder Köln. Man hat ja einen großformatigen "Verkündigungsautrag", um überaus weitblickendste "Wegweisung" zu setzen. Mit Wortschwall und Gemahnt-euch-wohl-Soße evangelisiert aber kein Bischof niemanden mehr. Man sitzt in der Falle des eigenen Beschäftigungssektors, umgeben von - für die kleinen Leute von der Straße: völlig undurchdringlichen Gräben und Wällen, noch "Mitarbeiter" genannt, die aber in aller Regel nur Quertreiber sind. Vom Standpunkt des Evangeliums aus betrachtet; so müsste auch Luther heute sagen.

Nachkonziliar ist es Katholikinnen und Katholiken (kleine Ranschmeiße an den Genderismus) unter Umständen erlaubt, sogar grün, links oder AfD zu wählen. Grotesk allerdings wird es, wenn die gesamte kirchliche Verkündigung, bei der EKD nur unwesentlich schriller als im Geltungsbereich der Beschlüsse der DBK, einen linksgrünen Sound imititiert, der im politischen Original doch weit origineller klingt als in der verwässerten Version von Caritas, Diakonie oder KJG. Wenn schon engagierter "Maoismus light" zelebriert wird (tausend Kämpfe sollst Du kämpfen!), dann doch bitte mit Originalzitaten aus der Mao-Bibel und nicht dieses rosa angehauchte Lindgrün von Anselm Rot, Notker Lamm oder auch Asterix Zulehner mit seinen ungezählten Triumphen über den "Cäsaropapismus".

Oder anders gesagt: Konrad Adenauer hat sich um das Vaterland verdient gemacht. Angela Merkel auch, aber nur dann, wenn man - wie die gesamte preußisch-protestantische Tradition - stillschweigend voraussetzt, dass diese Nation nur blühen kann, wenn die "Romtreuen" überwunden sind. Sie sind es! Aber was blüht denn da? Eine katholische Volkspartei ist die AfD jedenfalls nicht. Merkel würde jetzt gern noch ein Weilchen in die Abendsonne hineinregieren. Aber ungeachtet ihrer mannigfachen Verdienste um die Vernichtung des politischen Katholizismus auf deutschem Boden wird sie ihren Abschied bald nehmen müssen. Für das religiöse Trümmerfeld, das deutsche Bischöfe ihr "abgetreten" haben, ist sie aber fraglos nicht verantwortlich. Leider, leider sind die Beter in ihrem eigenen Haus, dem Haus des Herrn also, den sie anbeten, nicht die Herrin, nicht stimmberechtigt und praktisch noch nicht einmal in den engen Grenzen von Lumen gentium 37 zur Meinungsfreiheit befugt. Sonst würden zwei oder drei "Kardinalprotestanten" zwar nicht nach Anatolien entsorgt, vielleicht aber doch in die niederschlesische Oberlausitz versetzt. Nahe Görlitz kann man als Ruhestandsbischof ja auch gut und gerne leben, bisweilen ebenso überversorgt wie unterbelichtet, aber doch immerhin weit genug weg von den Kameras von ARD und ZDF. Die absolute Mehrheit der Katholiken unter 60 will da "Worte des Vorsitzenden" nämlich nicht mehr mit ansehen.


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