Warum es (nicht) gut ist, dass wir zwei Päpste haben

14. August 2017 in Kommentar


Dass ein Papst zu Lebzeiten sein Amt aufgibt, könnte häufiger auftreten. Sind für “zwei Päpste” besondere Regeln notwendig? Gastkommentar von Felix Honekamp


Vatikan (kath.net/Papsttreuer Blog). Der Zustand, in dem wir uns befinden, war noch nie ausgeschlossen, er ist aber auch lange Zeit nicht ins Kalkül gezogen worden: Das Abdanken eines Papstes und die Wahl eines neuen zu seinen Lebzeiten. Bislang war es seit Jahrhunderten so, dass der Papst sein Amt bis zu seinem Tod innehatte und sein Nachfolger dann neu bestimmt wurde und so dem Pontifikat seinen eigenen Stempel aufdrücken konnte. Wenn dann heute von Kirchenrechtlern teilweise gefordert wird, Papst Benedikt XVI. solle sich noch mehr zurückhalten und auch auf päpstliches Weiß und Fischerring verzichten, dann ist der Hintergrund genau der: Das neue Pontifikat soll gänzlich unbeeindruckt vom Vorgänger verlaufen können. Möglicherweise ist eine solche Forderung Benedikt-Fans durchaus ein Dorn im Auge, was allerdings ziemlich kurzsichtig wäre.

Was wäre wenn?

Dazu ein paar Überlegungen: Ist die faktische Möglichkeit der Lösung von einem vorhergehenden Pontifikat (wohlgemerkt immer im Rahmen der Glaubenswahrheiten) ein Wert an sich? Das wäre es vermutlich, wenn der „Papa emeritus“ ständig gegen seinen Nachfolger keilen würde, dessen Entscheidungen und Worte in Frage stellte und damit seine Autorität als Bischof von Rom untergrübe. In der katholischen Welt hat das Wort des Papstes zweifellos Gewicht, auch wenn es nicht „ex cathedra“ gesprochen mit dem Siegel der Unfehlbarkeit versehen ist. Es ist doch ein Unterschied, ob sich irgendein Theologe in Glaubensthemen äußert, ob es ein Priester tut, ein Bischof oder eben der Papst.

Da sind Störfeuer eines „Gleichrangigen“ für die Gläubigen verwirrend – und gerade Verwirrung sollte nicht aufkommen in wesentlichen Glaubensfragen. Sollte also ein Vorgängerpapst diese Autorität seines Nachfolgers laufend in Frage stellen, wäre es wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis sich die „Anhänger“ des alten Papstes einen neuen, genehmeren, wählten und sich die „Anhänger“ des neuen Papstes von den Äußerungen des alten distanzierten.
Was macht Benedikt XVI?

Vielleicht geht es den Kirchenrechtlern, die sich eine genauere Abgrenzung der Pontifikate fordern, ums Prinzip, konkret aber kann die Forderung nicht sein. Denn so wie oben beschrieben verhält sich Papst Benedikt genau nicht, auch wenn es ihm noch so viele (aus unterschiedlichen Gründen) gerne in den Mund legen möchten, zuletzt bei seinen Grußworten zum Begräbnis des früheren Kölner Erzbischofs, Kardinal Meisner. Benedikt XVI. hält sich weitgehend im Hintergrund, wenn überhaupt hört man von ihm, dass er seinen Nachfolger unterstütze. Ich selbst – als offizieller Fan Papst Benedikts und zertifizierter „Ultrakatholik“ – würde mir eher wünschen, mehr von ihm zu hören oder zu lesen. Seine Worte und Schriften waren immer ein Glaubens- und auch ein intellektueller Genuss (ohne Papst Franziskus damit herabsetzen zu wollen, der andere Schwerpunkte in seinem Pontifikat setzt: Einen Franziskus-Text kann man abends im Bett im Liegen lesen, für einen Benedikt-Text muss man aufrecht sitzen!) Aber seine Entscheidung des zurückgezogenen Lebens in Gebet und Studium steht, er zieht sie durch und sie sei ihm auch gegönnt.

Was er jedenfalls nicht tut ist, seinem Nachfolger in die Parade zu fahren. Und weil er das nicht tut, kann ihn auch niemand als Kronzeugen gegen Papst Franziskus missbrauchen. Niemand kann mit Sicherheit sagen, dass er in seiner Kritik an Papst Franziskus Papst Benedikt an seiner Seite hätte. Und das wiederum kann einen Papst Franziskus, der so ganz anders ist als sein Vorgänger und darum gerade in konservativen Kreisen viel Kritik erfährt, nur stützen. Warum also fordert mit Ulrich Nersinger ein des Modernismus ziemlich unverdächtiger Journalist und Theologe mit dem Schlagwort „Es kann nur einen geben“ einen Wandel?

Was, wenn es anders wäre?

Ein Schuh wird daraus, wenn man eine solche Forderung nicht als Angriff auf Papst Benedikt sieht sondern den Blick wendet auf den jetzigen Papst, der – das sage ich in aller Treue zu ihm – nicht gerade für seine mediale Zurückhaltung bekannt ist. Möglicherweise muss man bei Papst Franziskus etwas andere Befürchtungen haben: Was, wenn er, wie nicht wenige „Vaticanista“ orakeln, auch frühzeitig sein Amt zur Verfügung stellte? Was, wenn das noch zu Lebzeiten Papst Benedikts geschehe? Und – nehmen wir nur mal an – was, wenn ein Kardinal Sarah, recht ausgewiesen konservativer als Papst Franziskus, zum neuen Papst gewählt würde? Könnte sich Franziskus zurückhalten? Und wenn er das nicht täte und seinem Nachfolger widerspräche, welche Rolle käme dann Papst Benedikt zu – die des Schiedsrichters? Ob zwei Päpste zu haben gut oder schlecht ist, hängt also ganz vom Verhalten dieser Päpste ab. Und insofern ist durchaus nachvollziehbar, wenn eine einheitliche Regelung gefordert wird, wie immer die dann auch kirchenrechtlich aussehen kann.

Einem Papst Benedikt würde es vermutlich nichts ausmachen, auf die äußeren Insignien des Papsttums zu verzichten – wer ihm Eitelkeit unterstellte weiß wenig bis nichts von seinem Gehorsam – und sich ansonsten so zu verhalten, wie er es seit seinem Abgang tut. Aber ohne dem jetzigen Papst oder irgendwelchen Nachfolgern in spe etwas unterstellen zu wollen: Wozu das Risiko einer möglichen Verwirrung eingehen?

Papst Franziskus und die fünf neuen Kardinäle besuchen Papst em. Benedikt XVI.



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