Mossul-Wiederaufbau: Patriarch und Kardinal zuversichtlich

6. August 2017 in Weltkirche


Sako: "Rückkehr der Christen nach Mossul und in die Ninive-Ebene notwendig" - Kardinal Barbarin: "Habe Vertrauen, dass die Stadt es schaffen wird".


Paris-Vatikanstadt (kath.net/ KAP)
Die Notwendigkeit einer Rückkehr der vertriebenen oder geflüchteten Christen nach Mossul und in die Orte der Ninive-Ebene hat der chaldäisch-katholische Patriarch Louis Raphael Sako betont. "Wenn die Christen nicht in ihre Häuser und Wohnungen zurückkommen, werden andere Leute dort einziehen. Es besteht die Gefahr einer Veränderung der Demographie", sagte der Patriarch im Interview für die Online-Ausgabe der Zeitschrift "La Vie" aus Anlass des Solidaritätsbesuchs des französischen Primas-Kardinals Philippe Barbarin.

Zugleich betonte Sako die außerordentliche symbolische Bedeutung von Mossul für das Christentum im Zweistromland: "Es ist der Ursprungsort des Christentums in Mesopotamien". Die Terrorherrschaft des IS habe freilich einen abgrundtiefen Hass gegen alles Christliche sichtbar gemacht. Trotzdem sei er überzeugt, dass ein Miteinander mit den Muslimen möglich sei. Die Christen hätten viel für die Allgemeinheit getan, schließlich seien die ersten Ärzte Christen gewesen, die christlichen Krankenhäuser und Bildungseinrichtungen hätten allen Bewohnern von Mossul gedient. Dieses Miteinander sei ihm ein Herzensanliegen.

"Trennung von Religion und Staat"

Die einzige Lösung für die Zukunft sieht Sako in einem "säkularen Staat mit der Trennung von Religion und Staat". Notwendig sei aber auch der wirtschaftliche Wiederaufbau des Irak. Nur die Erdölförderung funktioniere, aber es gebe zu wenig Industrie und die Landwirtschaft sei stark zurückgegangen, obwohl sie vor 2003 gute Ergebnisse erbracht habe. Der Tourismus, früher ein wichtiger Devisenbringer, liege völlig darnieder.

Große Sorge bereitet dem Patriarchen die Auswanderungsbewegung. Heute gebe es zwar keine Statistiken, aber es sei die Rede von zirka 500.000 Christen im Irak. Vor 2003 seien es drei Mal mehr gewesen.

Sako betonte, er wolle die Schwierigkeiten nicht kleinreden. Zum Beispiel habe es an der Universität Mossul rund 10.000 christliche Studenten gegeben. Die Studenten seien heute alle in Bagdad, Erbil oder Kirkuk. Er wisse nicht, ob sie zurückkehren wollen, "wenn sie all die Verschleierten sehen, die es früher in Mossul fast gar nicht gegeben hat".

Für viele Christen aus Mossul sei das Verhältnis zu den muslimischen Nachbarn schwierig, sagte der Patriarch: "Ich habe mir das Haus meiner Familie angeschaut. Die Nachbarn haben alle Möbel und sonstigen Einrichtungsgegenstände an sich genommen. Sie haben mir gesagt, sie hätten nicht gewusst, ob und wann meine Familie zurückkommt."

Sorge bereitet Sako auch die Tatsache, dass Priester ausgewandert seien um den Gemeinden in der Diaspora zu dienen: "Aber die erste Verpflichtung des Klerus ist es, hier zu bleiben. Sonst gehen alle Christen weg."

Eindringlich appellierte der Patriarch an die Christen des Westens, die orientalischen Christen "in ihrem Widerstand, ihrer Hoffnung und ihrem Zeugnis" zu unterstützen. Durch Besuche wie den von Kardinal Barbarin - der mit einer kleinen Bischofsdelegation in den Irak gekommen war - spürten die orientalischen Christen, dass sie nicht isoliert sind, "auch wenn die Haltung der Kirche im Westen bisweilen 'schüchtern' erscheint".

Kardinal Barbarin sagte in "Radio Vatikan", er sei "bewegt und bestürzt" über die Lage im Irak. Trotz allem habe er Hoffnung. Das Trauma des IS und der vorangegangenen Untaten seit 2003 sei natürlich in der Stadt überall präsent, und doch habe er das Vertrauen, "dass die Stadt es schaffen wird", so Barbarin. Er stelle sich die Debatten innerhalb der christlichen Gemeinschaften und Familien vor, ob man zurückkehren solle. Aber dann müsse er an das Beispiel Louis Sako denken, der ihm berichtet habe, dass er drei Mal vertrieben worden sei.

Wendung in Alqosh

Mittlerweile hat sich in Alqosh, der kleinen Stadt in der Ninive-Ebene, wo der christliche Bürgermeister Fayez Abed Jawahreh wegen angeblicher Korruption abgesetzt wurde, eine neue Wendung ergeben. Die chaldäisch-katholische Christin Lara Yousif Zara wurde zur neuen Bürgermeisterin von Alqosh gewählt; zunächst hatte der Vorsitzende des provisorischen Provinzrates von Ninive, Bashar Al-Kiki, den Kurden Adel Amin als Bürgermeister eingesetzt.

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