Die Zeiten Gottes und sein Blick auf die Wirklichkeit

23. Juli 2017 in Aktuelles


Franziskus: die gegenwärtige Situation stellt den Acker der Freiheit der Christen dar, auf dem die schwierige Übung der Unterscheidung zwischen dem Guten und dem Bösen zu verwirklichen ist. Die Perspektive der Hoffnung. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) Angelus am sechzehnten Sonntag im Jahreskreis. Das Tagesevangelium mit dem Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen (Mt 13,24-43) stand im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit von Papst Franziskus bei seiner Ansprache vor dem traditionellen Mittagsgebet.

Das Gleichnis erläutere das Problem des Bösen in der Welt und betone die Geduld Gottes. Die beiden Akteure seien einander entgegensetzt. Auf der einen Seite stehe Gott, der den guten Samen aussäe. Auf der andere der Feind, der Satan darstelle und das Unkraut ausstreue.

Mit der Zeit wachse unter dem Weizen das Unkraut, Angesichts dieses Ereignisses nähmen der Herr und die Knechte unterschiedliche Haltungen ein. Die Knechte möchten das Unkraut ausreißen, doch der Herr sorge sich vor allem um das Wohl des Weizens und widersetze sich: „Nein, sonst reißt ihr zusammen mit dem Unkraut auch den Weizen aus“ (V. 29).

Mit diesem Bild sage uns Jesus, dass auch in dieser Welt das Gute und das Böse derart miteinander verwoben seien, dass es unmöglich sei, sie zu trennen und das Böse auszureißen. Allein Gott könne dies tun, und er werde dies am Tag des Gerichts tun. Mit ihrer Zweideutigkeit stelle die gegenwärtige Situation den Acker der Freiheit der Christen dar, auf dem die schwierige Übung der Unterscheidung zwischen dem Bösen und dem Guten zu erfüllen sei.

Es gehe also darum, voll Vertrauen auf Gott und seine Vorsehung zwei dem Anschein nach widersprüchliche Haltungen miteinander zu verbinden: die Enschlossenheit und die Geduld. Die Entschlossenheit bestehe darin, guter Weizen sein zu wollen und so vom Teufel und seinen Verführungen Abstand zu nehmen. Die Geduld bedeute, eine Kirche vorzuziehen, die eher Sauerteig als eine Kirche der „Reinen“ sei, die den Anspruch erhebe, vor dem Ende der Zeiten zu urteilen, wer im Reich Gottes Platz finde und wer nicht.

Der Herr helfe uns heute zu verstehen, dass das Gute und das Böse nicht mit bestimmten Territorien oder Gruppen von Menschen identifiziert werden könnten. Er sage uns, dass die Grenzlinie zwischen dem Guten und dem Bösen durch das Herz eines jeden Menschen gehe: „Wir alle sind Sünder“. Christus habe uns durch seinen Tod am Kreuz und durch seine Auferstehung von der Knechtschaft der Sünde befreit und uns die Gnade geschenkt, in einem neuen Leben zu gehen. Doch mit der Taufe habe er uns auch die Beichte geschenkt, da wir immer der Vergebung bedürften. Wenn man immer nur auf das Böse außerhalb von uns blicke, heiße dies, die Sünde, die in uns sei, nicht erkennen zu wollen.

Jesus lehre uns dann eine andere Art, auf den Acker der Welt zu blicken. Wir seien berufen, die Zeiten Gottes zu lernen und auch seinen Blick. Dank des wohltuenden Einflusses einer bangen Erwartung könne das, was Unkraut gewesen sei oder zu sein schien, zu etwas Gutem werden: „das ist die Wirklichkeit der Umkehr, die Perspektive der Hoffnung!“.


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