Kardinal Koch: Liturgiewissenschaft kann Ökumene befördern

24. Juni 2017 in Aktuelles


Vatikanischer Ökumene-Minister bei Wiener Fachtagung: Fach Liturgiewissenschaft "erinnert die Theologie an ihren Ernstfall", nämlich dem Lobpreis Gottes und der Einheit zu dienen


Wien (kath.net/KAP) Auf die Bedeutung des Faches und Forschungsbereichs der Liturgiewissenschaft für die Einheit der christlichen Kirchen hat der vatikanische Ökumene-Minister Kardinal Kurt Koch hingewiesen. Wenn die Kirche das Anliegen einer Vertiefung der Einheit ernst nehme, könne sie nicht umhin, ihre gottesdienstliche Praxis "orthodoxer" im ursprünglichen Sinne zu gestalten, d.h. stärker auf die Anbetung Gottes hin orientiert: "Ich bin überzeugt, dass die Liturgiewissenschaft für die Einheit der Christen einen großen Beitrag leisten kann, vor allem dadurch, dass sie das tiefste Wesen der Liturgie bedenkt, das in sich selbst ökumenisch bedeutsam ist", sagte Koch am Donnerstagabend bei einem Vortrag in Wien.

Koch war Hauptredner bei einem Festsymposion zum 50-jährigen Bestehen des Faches "Liturgiewissenschaft und Sakramententheologie" am 22./23. Juni an der Universität Wien. Sein Festvortrag stand unter dem Titel "Liturgie im Dienst der Einheit". Die Tagung wollte gleichsam "Rückblicke auf die Geschichte, Einblicke in die gegenwärtige Forschung und Ausblicke in die Zukunft des Faches" geben, wie es in einer Aussendung der Katholisch-Theologischen Fakultät heißt. Eingerichtet wurde das Fach in Folge des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65). Den Abschluss der Tagung bildet eine Vesper am Freitag, 23. Juni, mit Kardinal Christoph Schönborn um 18.30 Uhr in der Krypta der Schottenkirche.

Konkret verwies Koch darauf, dass sich im Zuge der ökumenischen Annäherung die Kirchen gerade im Bereich der Liturgie als Lernende erwiesen haben: So habe die katholische Liturgie etwa im Zuge des Konzils von den protestantischen Kirchen neu den Wert des Wortes Gottes in der Liturgie zu schätzen gelernt; auch habe die katholische Kirche das Wesen der "Doxologie", also die Feier des Lobpreises Gottes in der Orthodoxie, neu entdeckt. Die protestantischen Kirchen wiederum hätten durch die katholische Liturgie zu einem neuen Zugang des Begriffs des Opfers gefunden. So liege laut Koch ein großes Potenzial in einer "vergleichenden Liturgiewissenschaft in ökumenischem Geist".

Liturgiewissenschaft den Rücken stärken

Aber auch innerkatholisch gelte es, der Liturgiewissenschaft im Reigen der akademischen theologischen Disziplinen den Rücken zu stärken, wie der Kardinal weiter ausführte: Schließlich werde die Theologie durch die Liturgiewissenschaft "an ihren Ernstfall erinnert, dass das Reden zu Gott viel elementarer und authentischer ist als das Reden von Gott". Insofern gebe es einen "elementaren Vorrang der Doxologie [des liturgischen Lobpreises Gottes, Anm.] vor der Theologie". Die eigentliche Frage müsse daher auch nicht lauten, welchen Ort Gebet und Liturgie in der Theologie einnehmen, sondern umgekehrt, "welchen Ort die Theologie in Gebet und Liturgie hat".

Ökumenisch relevant sei dies insofern, als Christen verschiedener Kirchen sich gerade im gemeinsamen Lobpreis "gewiss näher kommen als allein in der Theologie". Von daher müsste die Liturgie laut Koch "viel intensiver als Kraftfeld für die ökumenische Annäherung der Christen erschlossen werden". Eine solche "ökumenische Liturgiewissenschaft" gelte indes derzeit noch weitgehend als "Neuland", da das Fach auf der einen Seite historisch und auf der anderen Seite pastoral orientiert arbeite: "Wenn demgegenüber die Liturgie selbst entschiedener als locus theologicus und damit als primäre Quelle von Theologie und dementsprechend die Liturgiewissenschaft als eine im strengen Sinn systematisch-theologische Disziplin und damit als 'liturgische Theologie' verstanden wird, könnte die ökumenische Dimension des Faches viel deutlicher zu Tage treten".

Das Fach Liturgiewissenschaft und Sakramententheologie bildet gemeinsam mit den Fächern Kirchengeschichte, Theologie und Geschichte des christlichen Ostens und Theologie der Spiritualität das Institut für Historische Theologie. Dieses ist wiederum eines der sieben Institute der Katholisch-Theologischen Fakultät. Die Fakultät ist wiederum die älteste Theologische Fakultät im deutschen Sprachraum. Derzeit studieren an der Fakultät rund 1.000 Studierende aus rund 30 Ländern. Das Studienangebot umfasst 12 verschiedene theologische und religionswissenschaftliche Studienrichtungen.

Kurienkardinal Koch


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