CDL begrüßt Empfehlung des Deutschen Ethikrats

8. Juni 2017 in Deutschland


Kein Anspruch auf eine staatliche Unterstützung beim Suizid - Erfreulicherweise kritisiert der Deutsche Ethikrat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes


Nordwalde/Münster (kath.net/CDL)
Die Pressesprecherin der Christdemokraten für das Leben e. V. (CDL), Susanne Wenzel, kommentiert zustimmend die kritische Position des Deutschen Ethikrates zur erstmaligen Genehmigung des Tötungsmittel Pentobarbital durch das Bundesverwaltungsgericht:

„Im März 2017 hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden, dass Suizidwilligen der Zugang zu einem bisher in Deutschland nur für Tiertötungen zugelassenen Betäubungsmittel (Pentobarbital) zur Selbsttötung „in extremen Ausnahmefällen“ nicht verwehrt werden dürfe. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes wurde im März bereits nicht nur von Seiten der Christdemokraten für das Leben e. V. (CDL) kritisiert. Erfreulicherweise hat inzwischen auch der Deutsche Ethikrat nun in einer Ad-hoc-Empfehlung vom 1. Juni 2017 deutlich gemacht, dass es keinen Anspruch auf eine staatliche Unterstützung beim Suizid geben könne.

Die CDL begrüßen die grundsätzliche und klare Aussage des Deutschen Ethikrates, dass es eine staatliche Unterstützung beim Suizid nicht geben kann. Bereits in seiner Empfehlung „Zur Regelung der Suizidbeihilfe in einer offenen Gesellschaft“ aus dem Jahr 2014 lehnte der Ethikrat ein „Regelangebot von Ärzten und speziellen Vereinen“ zur Suizidbeihilfe ab. Dies wurde durch die aktuelle Aussendung des Deutschen Ethikrates noch einmal bekräftigt.

Die CDL geht wie der Deutsche Ethikrat davon aus, dass durch die organisierte Sterbehilfe der Respekt vor dem Leben in unserer Gesellschaft noch weiter ausgehöhlt wird. Wenn es nun künftig tatsächlich „ausnahmsweise“ eine staatliche Unterstützung des Suizides geben würde, ginge die bedingungslose Achtung vor dem Leben am Lebensende schrittweise ganz verloren. Das zeigt sich im Übrigen auch an den immer weiter voranschreitenden Arten der sogenannten „Sterbehilfe“ etwa in den Niederlanden und in Belgien. Die beschränkt sich längst nicht mehr nur auf leidende Patienten in der terminalen Phase schwerster Krankheiten, sondern betrifft auch bereits Menschen, die an einer kritische Diagnose oder Demenz leiden, oder wie in Belgien schwerstkranke Kleinstkinder und Kinder.

Wir kritisieren wie der Deutschen Ethikrat vehement, dass das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil das selbstverständliche Gebot der staatlichen Gemeinschaft, „den hilflosen Menschen nicht einfach sich selbst zu überlassen“ mit dem staatlich garantierten Zugang zu Betäubungsmitteln nicht verfassungskonform verknüpft. Niemand, erst recht nicht staatliche Instanzen, darf sich anmaßen, darüber zu entscheiden, ob ein menschliches Leben noch als „sinnvoll möglich“ oder „wertvoll“ anzusehen ist. Es kann weder eine aktive Zustimmung zur Selbsttötung durch den Staat geben, noch darf es eine Selbsttötung „auf Antrag“ geben, die auch noch von staatlicher Seite unterstützt wird.

Eine durch das Urteil drohende „Verpflichtung“ staatlicher Institutionen sich zum Handlanger des Todes zu machen, indem sie leidenden Patienten quasi die Tötungsmittel in die Hand drücken, verstößt gegen die unbedingte Schutzpflicht des Staates. Dass diese Gefahr droht, zeigen mehr als 20 „Anträge“, die seither bereits beim Arzneimittel-Institut eingegangen sind.

Wir unterstützen die Forderung des Deutschen Ethikrates, suizidpräventive Maßnahmen zu stärken sowie neben der Hospiz- und Palliativversorgung im ambulanten und stationären Bereich auch allgemein die Versorgung und medizinische Betreuung von Menschen in der letzten Lebensphase auszubauen.“

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Pressemitteilung

Nordwalde/Münster, den 3.3.2017


Bedrohliches Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur Sterbehilfe

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat in letzter Instanz das Urteil gefällt, dass der Zugang zu einem verschreibungspflichtigen Betäubungsmittel zur Selbsttötung "in extremen Ausnahmefällen" nicht verwehrt werden darf. Dazu nimmt Mechthild Löhr , Bundesvorsitzende der Christdemokraten für das Leben e.V. (CDL) kritisch Stellung:

In der Entscheidungsbegründung des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig vom 2.3.2017 heißt es: "Das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. °2 Abs. °1 i.V.m. °Art. °1 Abs. °1°GG umfasst auch das Recht eines schwer und unheilbar kranken Patienten, zu entscheiden, wie und zu welchem Zeitpunkt sein Leben beendet werden soll, vorausgesetzt, er kann seinen Willen frei bilden und entsprechend handeln. Daraus kann sich im extremen Einzelfall ergeben, dass der Staat den Zugang zu einem Betäubungsmittel nicht verwehren darf, das dem Patienten eine würdige und schmerzlose Selbsttötung ermöglicht." So die Entscheidungsbegründung zur Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am 2.3.2017 entschieden.

Im November 2004 beantragte die bis zum Hals gelähmte Patientin beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die Erlaubnis zum Erwerb einer tödlichen Dosis eines Betäubungsmittels. Das BfArM lehnte den Antrag im Dezember 2004 ab, weil eine Erlaubnis mit dem Ziel der Selbsttötung nicht vom Zweck des Betäubungsmittelgesetzes gedeckt sei. Dies lehnten auch weitere Instanzen seit her ab. Nun ist, vermutlich auch ermutigt durch die Debatten um den neuen §°217 StGB zur weitgehenden Straffreiheit von Suizidbeihilfe, nach Ausschöpfung aller anderen Rechtswege ausgerechnet vom Bundesverwaltungsgericht in Leipzig ein solch fataler rechtlicher Richtungswechsel vorgenommen worden.

Die Richter in Leipzig haben hier ein erschreckendes Fehlurteil getroffen, wenn sie jetzt erstmalig einer staatlichen Behörde (BfarM) erlauben, zukünftig schwere Betäubungsmittel gezielt zum Mittel der Selbsttötung von Patienten zu genehmigen. Es ist schockierend, dass sich nun staatliche Instanzen in Deutschland anmaßen, darüber zu entscheiden, ob sie ein menschliches Leben noch sinnvoll möglich oder wertvoll finden. "Ihnen darf der Zugang zu einem verkehrs- und verschreibungsfähigen Betäubungsmittel, das eine würdige und schmerzlose Selbsttötung erlaubt, nicht verwehrt sein", heißt es im Urteil. Damit wird ein ganz anderes beklemmendes neues Signal an Schwerkranke, Pflegende und Ärzte gesetzt: Weiterleben wird immer mehr zu einer von zwei Handlungsoptionen, die täglich neu am Krankenbett besprochen und verhandelt werden können. Denn die aktive Zustimmung zur Selbsttötung durch den Staat durch ein Bundesinstitut ist nun zukünftig auf Antrag möglich. Dies bedeutet einen gefährlichen Bruch in der Rechtsgeschichte seit 1949.

Jeder Suizid ist tragisch und sollte nach Möglichkeit verhindert werden, auch wenn dies dem Staat und der Gesellschaft faktisch nicht möglich. Er liegt im Rahmen menschlichen negativen Freiheitsgebrauchs. Dennoch ist es oberste Aufgabe des Staates, das Recht auf Leben zu schützen und nicht etwa optimale Bedingungen für eine möglichst "würdige und schmerzlose" Selbsttötung zu schaffen. Dieser rechtliche Irrweg wird zukünftig noch fatale Folgen zeitigen, wenn er nicht korrigiert wird. Die Bespiele Schweiz, Niederlande, Belgien belegen dies. Er führt dazu, dass der Staat im nächsten Schritt der Tötung auf Verlangen (§°216°StGB) den Weg in den Alltag der Kliniken und Pflegeheime öffnet. Die ersten Reaktionen in der Presse zeigen dies bereits. Leider werden viele dieses Urteil jetzt nutzen können, um vehement (ärztlich) assistierten Suizid durch Betäubungsmittelverschreibung für sich und andere einzufordern. Dass die Leipziger Richter leidenden Patienten jetzt dieses schnelle Tötungsmittel quasi in die Hand drücken wollen, ist ein rigoroser und bedrohlicher Verstoß gegen die unbedingte Schutzpflicht des Staates. Der Wunsch zu sterben, ist das Eine, die aktive Lieferung von Tötungsmitteln nach staatlicher Prüfung etwas ganz Anderes! Selbsttötung mit staatlicher Zustimmung und Genehmigung führt in einen ethischen Abgrund und ist das Gegenteil von menschlicher Solidarität am Lebensende.

Hier die Veröffentlichung des Bundesverwaltungsgerichts:
BVerwG 3 C 19.15 - Urteil vom 02. März 2017
http://www.bverwg.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung.php?jahr=2017&nr=11


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