Schönborn würdigt Bedeutung der Charismatischen Bewegungen

4. Juni 2017 in Weltkirche


Kardinal nimmt in Radio-Vatikan-Interview anlässlich des aktuellen 50-Jahr-Jubiläums der katholischen Charismatischen Erneuerung auch zum Spannungsfeld zwischen der Freiheit der Bewegungen und der Anbindung an die Ortskirchen Stellung


Rom-Wien (kath.net/KAP) Kardinal Christoph Schönborn (Archivfoto) hat die Bedeutung der Charismatischen Bewegungen als Erneuerungsbewegungen für die katholische Kirche gewürdigt und deren ökumenische Ausrichtung als eine ihrer großen Stärken hevorgehoben. "Da wächst eine neue Ökumene" für die ganze Kirche, sagte der Wiener Erzbischof in einem Interview mit "Radio Vatikan" anlässlich des Jubiläums der katholischen Charismatische Erneuerung (CE), die bis Sonntag in Rom ihr 50-jähriges Bestehen feiert. Der Kardinal nimmt zusammen mit einer Delegation aus Österreich an den Feiern, darunter eine Gebetswache mit Papst Franziskus am Samstagabend am Circus Maximus in Rom, teil.

In der Kirche habe es immer schon derartige Bewegungen gegeben, verwies Schönborn in dem Interview auf die franziskanische Bewegung des Mittelalters und die große missionarische Aufbruchsbewegung des 19. Jahrhunderts. Die Kirche und vor allem die Päpste hätten diese Erneuerungsbewegungen immer begleitet, vor allem fördernd aber durchaus auch kritisch, so der Wiener Erzbischof. Deswegen mahne der Papst - wie auch seine Vorgänger - immer zu einer Anbindung an die Ortskirchen, damit die Bewegungen "nicht zu sektiererisch" werden.

Aber auch umgekehrt könne die katholische Kirche den charismatischen Gruppen viel geben, betonte Schönborn. Neben der Dimension der Sakramente, die dort zu kurz käme, hielt der Kardinal fest, dass die Kirche Geschichte "immer auch als Heilsgeschichte und Erlösungsgeschichte" sehe. "Wenn man manchmal charismatische Gruppen hört, dann scheint es, als ob es zwischen Bibel und heute nichts gegeben habe", meinte Schönborn. Und drittens sei der Einheitsgedanke ein katholischer Beitrag, "viele Gruppen schauen deswegen voll Vertrauen auf Papst Franziskus". Der Papst lebe die Nähe auch zu den nichtkatholischen Gruppen und gehe auf sie zu, hier werde der Wunsch nach mehr Einheit unter allen Christen deutlich.

Er selber sei seit den 1970er-Jahren in der Charismatischen Erneuerung aktiv und habe auch die Gründung von Gemeinschaften erlebt und begleitet, schilderte Schönborn weiter. Er erinnere sich noch gut an den ersten Gottesdienst mit Evangelikalen überhaupt im Petersdom 1975. Papst Paul VI. (1963-1978) habe in seiner Audienz dann deutlich auf die Kriterien des Apostels Paulus für die Unterscheidung der Geister hingewiesen. In gewisser Weise sei dies überhaupt die Spannung, welche die Bewegungen erleben: Einerseits die Freiheit und das Neue, andererseits aber auch die Anbindung an die Ortskirchen und die Verfasstheit der katholischen Kirche.

Wenn "wir eher nüchternen Nordeuropäer" eher skeptisch auf die sehr auf Emotion setzende Bewegungen schauten, könne er das verstehen, meinte Schönborn im Gespräch mit "Radio Vatikan". "Die Mahnungen des Papstes, es mit dem Überschäumen nicht zu weit zu treiben, gelten eher nicht für uns", sagte Schönborn lächelnd. Deswegen hätten die Bewegungen auch in romanischen Ländern viel stärker Fuß gefasst.

Wie alle Bewegungen in der Kirche seit Jahrhunderten gelte nun auch für die Charismatische Erneuerung, sich die Frage nach der Zukunft zu stellen: "Wird es eine Institutionalisierung geben? Mehr Zusammenarbeit unter den vielen Einzelgruppen? Wird es eine 'Erneuerung der Erneuerung' brauchen?" Schönborn verweist auch hier auf die franziskanische Bewegung. Nach dem Tod des Heiligen Franziskus, sie diese durch eine Krise gegangen und habe sich dann weiter entwickelt. Das, so der Kardinal, stehe den katholischen Charismatikern 50 Jahre nach ihrer Gründung nun auch bevor.

Papst Franziskus feiert mit der katholischen charismatischen Erneuerung im Zirkus Maximus die Pfingstvigil


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Archivfoto Kardinal Schönborn (c) Erzdiözese Wien



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