'Wenn das Brot, das wir teilen, ein Toastbrot ist'

26. April 2017 in Kommentar


Ein Symbolbild zum Thema „Erstkommunion“ sorgt auf Facebook für Aufregung. Aber worum geht es hier tatsächlich – um Bildästhetik oder um das Eucharistieverständnis? kath.net-Kommentar von Tobias Klein


Essen (kath.net/tk) Auf der Facebook-Seite des Bistums Essen – wie auch auf einigen anderen Bistumsseiten auf Facebook – werden Beiträge zu verschiedensten Themen und Anlässen gern mit Grafiken illustriert, die aus Bildzeichen (sogenannten „Emojis“) des Kurznachrichtendienstes WhatsApp zusammengesetzt sind. Das pastorale Konzept hinter dieser Bildästhetik ist unschwer einzusehen: Viele Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene sind die Kommunikation in Form dieser „Emojis“ gewöhnt, man will sie „abholen, wo sie stehen“ – und ihnen gleichzeitig vermitteln: „Kirche ist nicht von gestern“. Jüngst erschien nun auf der Facebook-Seite des Ruhrbistums ein solches „Emoji“-Bild zum Thema „Erstkommunion“: Vor einem grellrosa Hintergrund waren zahlreiche meist lächelnde Kinder dargestellt, die sich an den Händen hielten, und in der Bildmitte prangte groß ein angeschnittenes Kastenweißbrot.

Schnell meldeten sich in den Kommentaren zu diesem Beitrag Stimmen zu Wort, die bemängelten, diese Art der bildlichen Darstellung sei der Bedeutung und der Würde der Heiligen Eucharistie nicht angemessen. Andere Diskussionsteilnehmer äußerten Unverständnis gegenüber dieser Kritik: Was sei denn schlimm daran, wenn das Eucharistische Brot wie Brot aussehe? Schließlich habe Jesus beim Letzten Abendmahl gewiss keine Hostien ausgeteilt, sondern normales Brot verwendet. Die Verwendung von Hostien in der heute üblichen Form sei überhaupt erst seit dem 9. Jahrhundert aufgekommen. Und die kirchlichen Bestimmungen über die gültige Materie für die Eucharistie beträfen schließlich nur die Inhaltsstoffe des Brotes und nicht seine äußere Form.

Zu alledem ließe sich durchaus vieles sagen – etwa, dass es schließlich nachvollziehbare Gründe dafür gibt, dass die Kirche im Laufe ihrer Geschichte zur Verwendung von Hostien übergegangen ist; dass die Feier der Eucharistie kein mimetisches „Nachstellen“ des historischen Letzten Abendmahles ist bzw. sein soll; schließlich auch, dass ein Brot, das so aussähe wie das abgebildete, tatsächlich keine gültige Materie sein könnte – zumindest nicht im Römischen Ritus, der ausdrücklich ungesäuertes Brot vorschreibt: Aus ungesäuertem Brotteig kann man keine Kastenbrote backen. Letztlich geht all das aber wohl am Kern der Sache vorbei. Stein des Anstoßes war schließlich nicht die Abbildung eines realen Brotes – geschweige denn eines Brotes, das tatsächlich in einer Eucharistiefeier zum Einsatz gekommen wäre –, sondern ein Bildzeichen, das deshalb so aussieht, wie es nun mal aussieht, weil das eben das WhatsApp-Bildzeichen für „Brot“ ist.

Und genau da liegt, zeichentheoretisch betrachtet, der Fehler des Bildes.

Die kritisierte Grafik ist als Symbolbild zum Thema „Erstkommunion“ gedacht. Aber was stellt sie eigentlich dar? Die Kinder, die sich an den Händen halten, kann man als Zeichen für „Gemeinschaft“ oder auch „Feier“ deuten. Und im Mittelpunkt dieser Gemeinschaft und dieser Feier steht – der Aussage des Bildes zufolge – ein Brot. Nur dass es bei der Erstkommunion gerade nicht um das Brot als solches geht, sondern um den wahren Leib Christi – zu dessen physischer Vergegenwärtigung das Brot lediglich seine Materie „leiht“, also seinerseits selbst nur „Zeichen“ ist. Dieser Sachverhalt lässt sich, zugegeben, mit WhatsApp-„Emojis“ nicht darstellen. Eben deshalb ist die Wahl dieser Darstellungsform so unbefriedigend.

Wer die Kritik an diesem Facebook-Beitrag des Bistums Essen nun allerdings überzogen findet, der kann freilich einwenden: „Aber dass das Brot für den Leib Christi steht, das wissen wir als Katholiken doch.“

Wissen wir das?

Tatsächlich stellt das Verständnis bzw. Bewusstsein für den Unterschied zwischen normalem Brot und dem Leib Christi in der Gestalt von konsekriertem Brot eine zentrale Voraussetzung für den Empfang der Kommunion dar. Die Senkung des Mindestalters für die Zulassung zur Erstkommunion wurde unter dem Pontifikat des Hl. Pius X. explizit aus der Überzeugung heraus beschlossen, dass dieser Unterschied auch schon von Kindern verstanden werden könne. Im Prinzip darf man wohl davon ausgehen, dass das auch heute noch gilt – zumal der Erstkommunion ja ein katechetischer Unterricht vorausgeht. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass unter den Kindern, die zur Erstkommunion angemeldet werden, der Anteil derer, die bis dahin weitgehend glaubens- und kirchenfern aufgewachsen sind, heutzutage signifikant höher sein dürfte als zur Zeit des Hl. Pius X. In einem im Vorfeld des diesjährigen „Weißen Sonntags“ in der Rubrik „Standpunkt“ des Online-Portals katholisch.de erschienenen Meinungsbeitrag setzt sich der Leiter des Referats Erwachsenenseelsorge beim Bischöflich Münsterschen Offizialat Vechta, Dominik Blum, mit diesem Problem auseinander und urteilt: „Die Bedingung für den Empfang der Eucharistie – Kinder und Erwachsene müssen ehrfürchtig darum wissen, dass es sich um kein gewöhnliches Brot, sondern um den Leib Christi handelt – erfüllt auch die sparsamste Katechese.“ Falls Blum mit dieser Einschätzung Recht hat, mag man allerdings die Frage aufwerfen, ob der real stattfindenden Erstkommunionkatechese womöglich gerade diese Sparsamkeit vielfach fehlt. Spricht man mit Priestern, hört man nicht selten Klagen darüber, dass der Sinn für die Heiligkeit der Eucharistie nicht nur vielen Kindern abgeht, sondern auch und erst recht deren Eltern. Und auch unabhängig vom konkreten Anlass „Erstkommunion“ kann man es häufig erleben, dass erwachsene Katholiken eine Sicht auf die Eucharistie vertreten, die mit der kirchlichen Lehre über dieses Sakrament wenig gemein hat. Kurz gesagt: Das Wissen um bzw. der Glaube an die Realpräsenz Christi im Altarsakrament ist unter den Katholiken unserer Breiten keineswegs so allgemein verbreitet, wie man sich das wünschen möchte.

In Anbetracht dieses Mangels ist ein Symbolbild zum Thema „Erstkommunion“, auf dem das Allerheiligste durch ein angeschnittenes Kastenweißbrot repräsentiert wird, wohl kaum besonders hilfreich. Ja, womöglich ist die Banalität der Bildgestaltung sogar eine direkte Folge dieses Mangels.

Dr. Tobias Klein ist Autor und Publizist. Er ist verheiratet und lebt in Berlin

Zur Dokumentation – Facebook-Post des Bistums Essen zur Erstkommunion


Zur Dokumentation - Bistum Essen: 10 Dinge, die Du von einer Erstkommunion kennst - Der Beitrag kommt ohne die Worte ´Jesus´und ´Eucharistie´ aus


Foto oben (c) Bistum Essen/Screenshot vom 25.4.2017 (Ausschnitt)



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