Papstaussagen mit schädlichen Folgen

24. April 2017 in Kommentar


Der Papst hat Recht, wenn er die Europäer vor Migrationskriegen warnt. Es ist hingegen nicht sein Recht, die Europäer zu beleidigen, zu demütigen oder mit KZ-Vergleichen zu diskriminieren. kath.net-Kommentar von Peter Winnemöller


Vatikan (kath.net/pw) Flüchtlingscamps sind eine Pforte zum Überleben für diejenigen, die in ihrer Heimat mit Verfolgung oder gar dem Tode bedroht sind. Sie sind bei aller Dramatik ein Zeichen der Hoffnung. Ein KZ ist tödlich, immer. Man ist es langsam gewohnt, dass der Papst mit seiner ungeschützten Rede einen Fauxpas nach dem anderen produziert. Mal ist es ein Schlag ins Gesicht für den, der die Kirche beleidigt, mal sollen Eltern ihre Kinder mit Würde schlagen, Katholiken sollen sich nicht wie Karnickel vermehren und nun der Vergleich südeuropäischer Flüchtlingscamps mit den Konzentrationslagern der Nazis. Das geht zu weit. So etwas macht man nicht. Schon beschweren sich jüdische Organisationen zu Recht über diesen unsäglichen Vergleich.

Es steht außer Frage, dass an den Grenzen Europas die humanitäre Katastrophe eine stetige Gefahr ist. Noch immer kommen Flüchtlinge in großer Zahl. Kriegsflüchtlinge, Armutsmigranten, aber auch religiös und politisch Verfolgte suchen den Weg nach Norden und Westen, weil sie sich in Europa ein besseres Leben erhoffen. Westeuropa steht für Länder, in denen es keine Kinder gibt. Der Papst geißelt das zu Recht. Die demographische Katastrophe, die uns bevorsteht, ist langsam nicht mehr aufzuhalten. Die Völker Nordwesteuropas werden untergehen. Keine Kinder, kein Glaube, ein dekadenter Lebensstil und letztendlich die Auflösung der Keimzelle einer jeden Gesellschaft, der Familie. Da besteht nicht mehr viel Hoffnung. Der Papst nennt das Selbstmord und er hat Recht, auch wenn das eine Unverschämtheit ist. Schon oft hat Papst Franziskus zu erkennen gegeben, was er von Europa hält: Nichts.

Nur so lässt sich verstehen, wie der KZ-Vergleich zustande kommen konnte. Die Argumentationskette ist einfach: Die europäischen Völker begehen demographischen Selbstmord und bestreiten ihr dekadentes Leben durch ausbeuten der armen Länder dieser Welt. Die Armen, die durch Kriege und Verfolgungen dann an die europäischen Grenzen geschwemmt werden, werden in Lagern aufgefangen und stranden dort. Der Papst hält nichts von uns, von unserem Leben und unseren Traditionen. Es zeigt sich immer mehr, dass der Papst uns nicht vertraut und uns nichts zutraut. Das ist bedauerlich. Man muss es zur Kenntnis nehmen. Der KZ-Vergleich bleibt inakzeptabel.

So unterstellt der Heilige Vater den Europäern mehr oder weniger unausgesprochen die aktive oder zumindest in Kauf genommene Vernichtung der Flüchtlinge in Lagern. Ein solcher Vergleich ist im Grunde unerträglich. Dabei spaltet der Papst auch noch die Länder Europas, indem er die Südeuropäer für ihre Großzügigkeit lobt und die Nordeuropäer geißelt. Es fragt sich der nordeuropäische Steuerzahler, woher denn die Gelder kommen, die die Aufnahmelager finanzieren? Es ist doch wohl die Wirtschaftskraft der Finanzstarken europäischen Länder, die das zum größten Teil finanziert.

Man kann die Verfahren kritisieren. Es gibt einen guten Grund, die entsprechenden europäischen Rechtsnormen zu hinterfragen und man darf sich mit einem kritischen Blick in Richtung Lesbos, Lampedusa und Co wenden. Das darf man aber nicht, ohne nach den Ursachen für die Migration zu fragen. Das Problem der Migration, das sollte auch der Papst lernen, wird weder in Süd- noch in Nordeuropa gelöst werden. Migration ist dort zu bekämpfen, wo sie entsteht. Kriege sind zu beenden, wirtschaftlicher Not abzuhelfen, wo sie akut ist und Verfolgung ist zu unterbinden. Die halbseidenen Konzepte der Internationalen Organisationen wie EU oder UN, im Kriegsfall vielleicht auch der Nato sollten auf den Prüfstand und durch wirksame Maßnahmen ersetzt werden. Dafür gilt es zu streiten. Indem er die Europäer stetig beleidigt und missachtet, wird er sie allerdings nicht zum Partner gewinnen. Europa muss Migration verkraften und wird sich der Problematik stellen müssen. Eine aussterbende Bevölkerung produziert leere Räume. Leere Räume in wirtschaftlich starken Ländern produzieren Migrationsdruck. Das war in der Menschheitsgeschichte schon immer so. Wir könnten versuchen, die Migration zu kanalisieren. Das findet zurzeit keine Mehrheiten. Das ist ein Problem. Wir können aber auch noch 50 Jahre warten, dann haben wir Migrationskriege, die von den Rändern Europas in die Kernländer dringen. Das sind Kriege, die wir Europäer dann trotz überlegener Wirtschaftskraft und Technologie langfristig nicht mehr werden gewinnen können. Der Papst hat Recht, wenn er die Europäer davor warnt. Es ist hingegen nicht sein Recht, die Europäer zu beleidigen, zu demütigen oder mit KZ-Vergleichen zu diskriminieren.

Man mag ihm glauben, dass das nicht seine Absicht ist, doch dann soll er endlich dazu übergehen, sich an Manuskripte zu halten und seine öffentlichen Reden mit den Fachleuten in der Kurie abzustimmen. Das freie ungebundene Geschwätz richtet zu viel Schaden an und schadet ihm und damit der Kirche. Man kann das nicht immer wieder rechtfertigen. Auch die Papsterklärer im Vatikan und anderswo kommen irgendwann mal an ihre Grenzen. Konzentrationslager, das müsste dem Papst mal jemand erklären, ist ein Begriff, den man in Europa am besten nicht einmal mit der Pinzette anfasst. Ihn öffentlich auszusprechen kann verbaler Selbstmord sein. Es gilt in Europa noch immer die Unvergleichlichkeit der Shoah. Das hat auch der Papst zu akzeptieren.

Dem Heiligen Vater steht in dieser Woche die schwere Reise nach Ägypten bevor. Für diese Reise braucht er nicht den Zorn, sondern die Unterstützung aller Katholiken. Vor allem braucht er Unterstützung im Gebet. Diese soll ihm zuteilwerden. Sie soll ihm vor allem auch von denen nicht verweigert werden, die er mit schöner Regelmäßigkeit verärgert. Der Papst ist der Papst.

Lernen wir von der Geschmeidigkeit der Kurialen im Vatikan, die dem Papst auch dann den Rücken frei halten, wenn er sie ignoriert und sogar öffentlich diffamiert. Das ist eine geistliche Größe, die ihresgleichen sucht.

Foto Peter Winnemöller




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