Schönborn: Keine Sorgen wegen Islam, aber wegen schwächelnder Christen

11. April 2017 in Österreich


Wiener Erzbischof streicht in Debatte um religiöse Symbole in der Öffentlichkeit die inhaltliche Botschaft des Kreuzes hervor - Der Kardinal hat keine Furcht vor dem Islam, aber "Sorgen wegen schwächelndem Christentum"


Wien (kath.net/KAP) Kardinal Christoph Schönborn plädiert mit dem Verweis auf die inhaltliche Botschaft des christlichen Kreuzes für dessen Hängenbleiben im öffentlichen Raum. Das Kreuz sei nicht nur ein Zeichen der mehrheitlichen Kultur und Religion in Österreich, wo die Christen nach wie vor gemeinsam 80 Prozent der Bevölkerung ausmachten, sagte er in der ORF-"Pressestunde" am Palmsonntag. Für den Kardinal drückt das Kreuz auch aus, "dass alle Menschen gleich sind, dass alle vor Gott gleich sind, und dass wir darüber beurteilt werden, ob wir gerecht sind".

Es sei daher "kein Schaden, wenn wir auch in der Öffentlichkeit an diese fundamentalen Werte erinnert werden", fügte Schönborn hinzu. Niemand könne sich einen völlig religionsfreien öffentlichen Raum wünschen. Die religiösen Zeichen im öffentlichen Raum vollständig zu entfernen, hieße etwa "alle Kirchtürme abzuschneiden", sagte der Kardinal; dies wäre "absurd".

Angesprochen auf die sinkende Bedeutung der Kirchen und den Rückgang beim Messbesuch verwies Schönborn auf den "christliche Grundwasserspiegel" in Österreich. "Ich glaube, der ist in unserem Land nicht so tief wie manche annehmen, und er kann wieder steigen." Gleiches gelte für eine christlich fundierte humane Grundstimmung. Es gebe in Österreich viel Großherzigkeit und Hilfsbereitschaft, auch wenn sich dies nicht immer im Kirchenbesuch ausdrücke, "aber die Grundwerte sind doch bei vielen das, was im Evangelium steht", sagte der Kardinal. Solange er bei vielen Menschen diese Haltung feststellen könne, sei es um die christlichen Grundwerte nicht so schlecht bestellt. Kirchenbindung sei aber nicht deckungsgleich mit persönlichem religiösen Bedürfnis oder dem religiösen Suchen von Menschen.

Der Wiener Erzbischof berichtete auch, dass der Kirchenbesuch in der Stadt Wien durch die in den vergangenen Jahrzehnten zugezogenen katholischen Immigranten - darunter etwa viele Filipinos, Kroaten, Polen oder Inder - wieder steigt. "Gehen sie einmal in die albanische Gemeinde in Wien am Sonntag, da finden sie eine rappelvolle Kirche und eine unglaublich lebendige katholische Gemeinde", gab Schönborn ein Beispiel. Migration sei ein "spannender belebender Faktor für die katholische Kirche".

Stellung nahm der Kardinal auch erneut zur sich durch den wachsenden muslimischen Bevölkerungsanteil verändernden religiösen Landschaft in Österreich. 80 Prozent der österreichischen Bevölkerung wünschten sich, dass Österreich ein christliches Land bleibt, zitierte er aus einer Umfrage. "Die Frage ist natürlich: Und was tun wir dafür?", ermunterte der Wiener Erzbischof, dass Christen anderen Menschen ihre Religion und christliche Werte vorleben.

Er fürchte sich nicht vor dem Islam, mache sich aber "Sorgen wegen dem schwächelnden Christentum", sagte Schönborn. Christen sollten sich die Frage stellen, was sie mit dem christlichen Erbe machen. Hingegen könne man nicht den Muslimen den Vorwurf machen, dass sie ihre Religion verbreiten wollen. Dies sei deren Recht, sofern fundamentale Grundbedingungen wie Respekt vor dem Gewissen, der Freiheit und der Religionsfreiheit beachtet werden, so der Wiener Erzbischof. In manchen vor allem mehrheitlich islamischen Ländern der Welt müsse jedoch in Erinnerung gerufen werden, das Religionsfreiheit ein fundamentales Menschenrecht sei.

Grundsätzlich plädierte der Kardinal im Verhältnis von Christentum und Islam für den Dialog. "Ich weiß, ich werde dafür kritisiert, aber ich glaube nach wie, der Weg des Dialogs ist der Weg auch im konkreten Zusammenleben." Ausdrücklich würdigte Schönborn in dieser Hinsicht die "sehr guten Kontakte" der Katholischen Jugend mit der Muslimischen Jugend in Österreich.

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