Rückkehr von Christen nach Mossul: Kirche gegen Rache

20. Februar 2017 in Weltkirche


Caritas hält Rückkehr christlicher Familien in den durch irakische Regierungstruppen zurückeroberten und davor vom IS beherrschten Ostteil von Mossul für verfrüht


Vatikanstadt-Köln-Bagdad (kath.net/KAP) "Racheandrohungen sind nicht mit dem christlichen Glauben vereinbar und schüren Konflikte": Das hat das chaldäisch-katholische Patriarchat in einer Erklärung im Kontext der Rückkehr von Christen in das von Regierungstruppen aus den Händen des sogenannten Islamischen Staats (IS) befreiten Gebietes betont, wie Radio Vatikan am Freitag berichtete. Das Patriarchat übte Kritik auf eine Behauptung von Ryan Salem, einem chaldäischen Christen, der gesagte hatte, die im Mossul kämpfenden christlichen Milizen seien bereit, sich an den sunnitischen Muslimen zu rächen.

Das irakische Fernsehen strahlte diese Woche ein Interview mit Salem aus, in dem dieser Verständnis für Racheaktionen zeigte. "Herr Salem spricht nicht stellvertretend für die christliche Glaubensgemeinschaft", so das Patriarchat. Eine Haltung der Rache sei nicht mit der christlichen Moral vereinbar, da "Christus uns Frieden, Liebe und Vergebung" verkünde. Bei der Befreiung von Mossul sollten die Prinzipien der Ethik grundgelegt werden. Salem steht paramilitärischen Gruppen im Irak nahe. Das Patriarchat hatte sich schon mehrfach von sogenannten christlichen Milizen distanziert.

Der deutsche Caritasexperte Rudi Löffelsend sagte am Donnerstag im Kölner Domradio im Kontext der Mossul-Rückeroberung, er halte eine Rückkehr von christlichen Familien in den durch irakische Regierungstruppen zurückeroberten Ostteil von Mossul für verfrüht. "Für mich wäre es zu gefährlich. Ich würde niemandem empfehlen jetzt schon zurückzukehren", sagte er. Drei aramäische Familien seien in ihre früheren Häuser in der zweitgrößten irakischen Stadt zurückgekehrt. Noch sei die Gefahr durch die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) jedoch zu groß.

Neben einem gut ausgebauten Tunnelsystem, aus dem immer noch Kämpfer herauskämen, arbeite der IS seit Jänner auch mit Drohnen, so Löffelsend. Dies sei "brandgefährlich". Die Drohnen hätten bereits etliche Opfer unter den irakischen Soldaten gefordert, obwohl diese mit modernstem Kriegswerkzeug arbeiteten.

Nach der Eroberung Mossuls durch die Dschihadisten am 9. Juni 2014 hatten alle Christen die Stadt verlassen. Viele ihrer Häuser seien sofort enteignet worden. Die Flüchtlinge hätten sich zunächst in die Ninive-Ebene oder nach Kirkuk begeben. Später seien sie nach Erbil und in die umliegenden Orte des irakischen Kurdengebietes weitergezogen, so Radio Vatikan.

Die letzten zehn Christen, die Ende 2014 bei Razzien in der Ninive-Ebene von IS-Kämpfern entdeckt und nach Mossul verschleppt worden waren, seien am 7. Jänner 2015 aus der Stadt vertrieben worden. Nach mehreren Tagen und Nächten im Niemandsland zwischen den vom "Islamischen Staat" und von kurdischen Peschmerga gehaltenen Dörfern seien sie schließlich in Kirkuk aufgenommen worden.

Copyright 2017 Katholische Presseagentur KATHPRESS, Wien, Österreich
Alle Rechte vorbehalten


© 2017 www.kath.net