Nachtgedanken des heiligen Thomas von Aquin

28. Jänner 2017 in Spirituelles


Am 28. Januar feiert die katholische Kirche den großen Heiligen Thomas von Aquino (um 1225 bis 1274). Gedanken von Paul Baldauf


Speyer (kath.net/pb)
Der ‘stumme Ochse‘ wurde ich genannt
da ich bei Tisch mich stets in Schweigen hüllte
und da mein Bauch sich, sichtbar..., gerne füllte
Ich hörte dies, trotz vorgehaltner Hand:

‘Hinweg, Platz da, der stumme Ochse kommt!‘
Dann tat ich so, als wüsste ich von nichts
Ich grüßte still, freundlichen Angesichts
Wusst’ ich doch wohl, wie sehr das Scherzen frommt

Den stummen Ochsen nahm ich niemand übel
Die Brüder lehrten mich Bescheidenheit
Still saß ich dann vor meinem Essenskübel
vertieft in Raum und Zeit und Ewigkeit

Wie ging’s oft zu im Refektorium!
Was musste wohl der HERR darüber denken?!
Oft stritt der halbe Saal sich – ich saß stumm
um mich ganz tief ins Schweigen zu versenken

Worüber, ach, die Brüder alles stritten!
Oft traute ich den eignen Ohren kaum:
Wie viele Engel gehen in diesen Raum
und ob sie GOTT nur auf Lateinisch bitten?

Wie sah ich im Disput sie sich ereifern
rhetorisch sich zerraufen und begeifern
− Dieselben, die zuvor noch Psalmen sangen −
Wie seltsam ihre Stimmen dabei klangen...

Vom Zorn sah ich die Adern ihnen schwellen
Auf mancher Miene lag nur Hohn und Spott
Zu mir drang all der Lärm in kleinen Wellen
Ich suchte Schweigen und im Schweigen GOTT

Zuweilen war es mir selbst gar nicht recht
wenn mir beim Essen eine Einsicht kam
und ein Gedanke mich gefangen nahm
Die Brüder warfen mir dann vor, ich hörte schlecht

‘Jetzt ist er in Gedanken, lass ihn gehen!‘
Am Rand bekam ich ihr Getuschel mit
Ach, wie der Geist in mir kein Trägsein litt
mich antrieb, um noch tiefer zu verstehen...

Deshalb war mir die Ruhe auch so teuer
war es die Ruhe doch vor neuem Ringen
Mein Geist drang stets zum Grund von allen Dingen
und brachte Satz um Satz in seine Scheuer

‘Nun denkt er wieder reinste Kathedralen‘
So unrecht lag er nicht mit dem Vergleich
War ich noch ’arm im Geist’? – an Geist so reich,
dass manche Denker reichlich von mir stahlen...

Dann, eines Tags – nie werd‘ ich es vergessen:
Ich wollte einen Lehrsatz neu erbauen
ihn im Gesamtgefüge neu vermessen
da riss mich GOTT vom Denken weg – ins Schauen

Und was ich sah, war nicht ins Wort zu fassen
Für Unaussprechliches reicht kein Latein
Und ich begriff: Nun heißt es, loszulassen
Die Zeit des Lehrens sollte nun zu Ende sein

Sollt’ ich noch lehren, dann durch Beispielgeben
Auch so kann man dem Geist ergeben sein
Es zog mich hin zu einem stilleren Leben
Ich wollte dem Gebet erneut mich weihen

So kam’s, dass ich seit damals nichts mehr schrieb
und mir mein Stammeln im Gedächtnis blieb:
Wie machst, oh Schöpfergeist, du alles neu!
und all das, was ich einst schrieb – schien mir Spreu

kath.net-Lesetipp
Wie ein Dieb in der Nacht
Von Paul Baldauf
Taschenbuch, 250 Seiten
2015 Dip3 Bildungsservice Gmbh
ISBN 978-3-903028-40-1
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Thomas von Aquin, Hymnus: Adoro te devote (Gottheit tief verborgen, betend nah ich dir)



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