Wieso ist 'Yes we can' besser als 'Make America great again'?

22. Jänner 2017 in Kommentar


Ich verstehe die Aufregung nicht. Donald Trump hat die Amtsgeschäfte im Weißen Haus übernommen und die Grundlagen seiner zukünftigen Politik umrissen. Gastkommentar von Klaus Kelle


Washington (kath.net/The Germanz) Ich verstehe die Aufregung nicht. Donald Trump hat am Freitag die Amtsgeschäfte im Weißen Haus übernommen und die Grundlagen seiner zukünftigen Politik umrissen. Er wolle dem „politischen Establishment“ den Kampf ansagen, versprach er. Keine besonders originelle Aussage, denn auch frühere Präsidenten sind mit solchen Versprechen ins Amt gestartet, und sie wurden in der Regel schnell selbst zum Teil des Establishments in Washington. Nicht ausgeschlossen, dass auch der Milliardär irgendwann merkt, dass er mehr Establishment ist, als seine Wähler wahrhaben wollen.

Die nachfolgenden Kommentare– in amerikanischen Medien ebenso wie in den europäischen und deutschen – sind im Großen und Ganzen negativ eingefärbt. Das darf man so sehen, wenn man Medien-Establishment ist. Was all diese Kommentatoren so feindselig und ablehnend gegenüber Trump sein lässt, ist offenbar sein Bekenntnis, Patriot zu sein. Noch einmal zur Erinnerung, was er gestern sagte: „Von jetzt an wird eine neue Vision dieses Land regieren. Von diesem Tag an heißt es: Amerika zuerst, Amerika zuerst.“ Und er fügte hinzu, er werde zukünftig jede seiner Entscheidungen an amerikanischen Interessen ausrichten.

Sollte das nicht ein Staatsoberhaupt immer als erste Maxime haben? Was ist so schlimm daran, wenn man Patriot ist? Wenn man sein eigenes Land und seine Interessen voran stellt? Gibt es einen göttlichen Auftrag, die Interessen anderer Staaten wichtiger oder auch nur ebenso wichtig zu nehmen, wie die des eigenen Landes? Muss Amerika überall auf der Welt den Polizisten spielen? Was sind die USA dafür angegriffen und beschimpft wurden – oft unfair und niederträchtig – dass sie sich eingemischt haben, dass sie in Kriege am anderen Ende der Welt gezogen sind. Sie haben nach dem Krieg die United Nations begründet, um die Welt zu einem besseren Platz zu machen. In der Regel ohne Erfolg. Und nun Amerika zuerst. So what?

Jetzt kommt da einer, der sagt: Kümmern wir uns erst einmal um unser eigenes Land, um unsere eigenen Leute! Was ist daran verwerflich? Warum ist „Yes we can“ gut und „Make Amerikca great again“ schlecht? Und wer entscheidet das eigentlich darüber, ob es gut oder schlecht ist?

Die Rede Trumps gestern vor dem Kapitol war weder herausragend gut noch herausstechend schlecht. Er hat das gesagt, was er denkt und vorhat. Und er darf das. Denn sein Volk hat ihn gewählt. Die Aufregung des politischen und medialen Establishments, dass er die USA, sein Land, jetzt erst einmal nach vorne stellen will in allen Bemühungen, ist nichts als pure Heuchelei. Genau das hat Trump im Wahlkampf versprochen, dafür ist er gewählt worden. Patriotismus ist nichts Schlechtes, sondern per se erst einmal eine Auszeichnung.

Rede von Donald Trump bei der Angelobung



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