Türkei: Kirche fordert schärferes Vorgehen gegen Terror

4. Jänner 2017 in Weltkirche


Apostolischer Administrator, Bizzeti: Waffenhandel unterbinden und gegen den "unterschätzten" IS vorgehen - Erzbischof von Izmir, Piretto: Menschen leben in Unsicherheit


Rom-Ankara (kath.net/KAP) Der Apostolische Administrator für die Katholiken der gesamten Osttürkei, Paolo Bizzeti, hat nach dem Attentat in Istanbul deutliches Handeln gegen Terrorismus gefordert. Es gelte, Waffenhandel zu unterbinden und endlich gegen den sogenannten "Islamischen Staat" vorzugehen, sagte der Jesuit am Montag gegenüber Radio Vatikan.

Erst durch "starke Zusammenarbeit im Nahen Osten" könne dem Terrorismus der Boden entzogen werden. Der IS sei dabei "unterschätzt" worden, meinte Bizetti. "Womöglich hat man zu lange gewartet, als es bereits sämtliche Anzeichen dieser völlig sinnlosen und unmenschlichen Grausamkeiten gab." Wie der aus Italien stammende Geistliche hervorhob, würden den Preis für die Attentate auch viele Muslime bezahlen. Terroristische Angriffe träfen alle.

Auch der Erzbischof von Izmir-Westtürkei, Lorenzo Piretto, äußerte sich beunruhigt über den Istanbuler Terrorakt in der Silversternacht. Die türkische Bevölkerung leide unter der "Spannung und Unsicherheit", sagte er der Agentur "Adnkronos". Präsident Recep Tayyip Erdogan habe sich der christlichen Minderheit gegenüber stets aufgeschlossen gezeigt, so der Dominikaner, in dessen Stadt Izmir - das antike Smyrna ist mit vier Millionen Einwohnern die drittgrößte des Landes - rund 15.000 Katholiken leben. Erdogans Maßnahmen gegen Oppositionelle, Journalisten und Akademiker ließ er unkommentiert.

Der IS hatte sich am Montag zu dem Terroranschlag auf den Istanbuler Nachtclub "Reina" in der Silvesternacht bekannt. 39 Menschen starben, 70 wurden verletzt ins Krankenhaus eingeliefert. In einer im Internet verbreiteten Erklärung rechtfertigt die Terrorgruppe ihr brutales Vorgehen ausdrücklich als Aktion gegen Christen. Die türkische Polizei hat bislang acht Verdächtige festgenommen, der Haupttäter soll sich aber weiterhin auf der Flucht befinden.

Religionsbehörde in Kritik

Ein Nachspiel könnte das Attentat für die direkt dem türkischen Regierungschef unterstehende Religionsbehörde Diyanet haben: Ein Zusammenschluss von Organisationen hat Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft gegen den Leiter der Behörde, Mehmet Görmez, gestellt. Er soll vor dem Anschlag das Volk zu "Hass und Feindschaft" aufgewiegelt und gegen das Verfassungsprinzip des Laizismus verstoßen haben.

Görmez hatte in einer in den türkischen in- und ausländischen Moscheen verlesenen Freitagspredigt vom 30. Dezember Neujahrsfeiern als "unislamisch" und den muslimischen Werten widersprechend kritisiert. Er sprach sich auch gegen den in der Türkei immer beliebter werdenden Brauch aus, Christbäume aufzustellen und Geschenke zu verteilen.

Umgehend nach dem Anschlag verurteilte Görmez die Tat jedoch scharf. Ein solches "Massaker" sei "barbarisch" und mit "keinem muslimischen Gewissen" vereinbar, teilte er mit.

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